LANDSBERG AM LECH (dpa-AFX) - Dem sonst so erfolgsverwöhnten Großküchenausrüster Rational machen die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie deutlich zu schaffen. Das 1973 gegründete Unternehmen ist von den Investitionen etwa von Gastronomiebetrieben und Großküchen stark abhängig - die halten ihr Geld aber wegen fehlender Umsätze seit dem ersten Lockdown zusammen. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

WAS IM UNTERNEHMEN LOS IST:

Das Geschäft erholte sich beim Großküchenausrüster Rational im Sommer zwar ein Stück weit von dem coronabedingten Einbruch vom Frühjahr. Allerdings konnte sich Rational-Chef Peter Stadelmann bei der Vorlage der Zwischenbilanz Ende Oktober zu keiner neuen Geschäftsprognose für 2020 durchringen. Denn die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden schon damals langsam wieder verschärft.

Nach den ersten neun Monaten steht bei Rational ein Umsatzrückgang um 24 Prozent zu Buche. Das Unternehmen hielt sich zwar in den schwarzen Zahlen, doch mit gut 46 Millionen Euro liegt der Überschuss fast zwei Drittel niedriger als ein Jahr zuvor. Im zweiten Quartal hatten Restaurants, Hotels und Kantinen in vielen Ländern wegen der Pandemie schließen müssen. Doch auch im Sommer hatten viele Wirte noch zu kämpfen, und die weltweiten Reisebeschränkungen ließen in vielen Hotels das Geschäft wegbrechen.

Auch das Schlussquartal dürfte Probleme mit sich gebracht haben. So mussten Anfang November Restaurants und Hotels, denen Rational sonst seine Küchen verkauft, wegen steigender Infektionszahlen erneut schließen. Und Unternehmen, die sonst üblicherweise kurz vor Jahresende ihre aufgesparten Budgets für Investitionen nutzten, hätten ihre Mittel diesmal vielfach eingefroren, erklärte Konzernchef Stadelmann. Daher hält das Unternehmen die Vertriebsziele, die Rational mit seinen Mitarbeitern und Händlern vereinbart hatte, in diesem Jahr für nicht mehr erreichbar.

Die Rational-Führung setzt nun darauf, dass die Menschen wegen der Pandemie vielleicht nicht mehr so oft im Restaurant essen, sich aber stattdessen etwas liefern lassen oder unterwegs etwas Warmes mitnehmen. "Die Nachfrage bleibt - Ort und Art der Verpflegung ändern sich", sagte Stadelmann.

Angesichts der Krise hatte das Unternehmen bereits ab März einen Sparkurs eingeleitet. Viel Geld sparte Rational durch den Ausfall von Messen sowie weggefallene Kundenbesuche und -veranstaltungen.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Branchenexperten sind mit Blick auf die Rational-Aktie sehr vorsichtig gestimmt. Von elf Analysten, die ihre Einschätzungen seit der Vorlage der Neunmonatszahlen Ende Oktober aktualisiert haben, raten neun zum Verkauf der Aktie. Nur zwei Experten tendieren zum Halten und keiner empfiehlt den Kauf des Papiers. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 479 Euro und damit deutlich unter dem jüngsten Kursniveau.

Analyst Stefan Maichl von der LBBW bezeichnete in einer vor einigen Wochen veröffentlichten Analyse das dritte Quartal bei Rational als "überraschend stark". Doch sah er Risiken für das Schlussquartal, das eigentlich das saisonal stärkste Jahresviertel für das Unternehmen sei. Denn die Absatzrisiken nähmen angesichts erneuter massiver Einschränkungen für die Gastronomie wieder zu. Auch das Rational-Management sei bereits wegen der Restaurantschließungen im Kernmarkt Europa vorsichtig gestimmt.

Ähnlich äußerte sich Analyst Peter Rothenaicher von der Baader Bank. Seiner Meinung nach hat der Ausrüster von Großküchen zwar im dritten Quartal profitabler gewirtschaftet als erwartet. Das Schlussquartal 2020 dürfte aber angesichts der Pandemie ein schwieriges werden.

Sebastian Kuenne vom Analysehaus RBC erwartet, dass die Aktie trotz der starken Zahlen zum dritten Quartal in den kommenden Monaten wieder stark abgewertet wird. Anleger würden ihre Erholungsannahmen für die Jahr 2021 und 2022 eindampfen, glaubt er. Dies beinhalte auch die "neuen normalen" Voraussetzungen für die Restaurant- und Hotelbranche.

Insolvenzen und ein dadurch anschwellender Gebrauchtgerätemarkt sowie der verstärkte Trend zum Homeoffice und mehr Essen zuhause könnten nach Ansicht des LBBW-Analysten Maichl das Marktpotenzial für Rational auch mittelfristig schmälern. Zuversichtlicher ist hingegen Analyst Cansu Tatar vom Analysehaus Warburg Research. Auf kurze Sicht gebe es zwar weiterhin Risiken, allerdings seien die langfristigen Wachstumstreiber immer noch attraktiv, meint der Branchenkenner.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Lange Zeit kannten die im MDax notierten Aktien von Rational nur die Richtung nach oben. Zwar begann die Rally 2005 zaghaft und wurde durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 deutlich ausgebremst - die Anteilsscheine kosteten im März 2009 nur rund 56 Euro.

Von diesem Zeitpunkt an nahmen die Papiere aber Fahrt auf, erreichten wieder alte Höhen und schwangen sich dann ab 2011 von einem Rekordhoch zum anderen. Von dem Zwischentief im März 2009 bis Ende 2014 gerechnet, verfünffachte sich der Kurs nahezu. Von Anfang 2015 bis zu Beginn des laufenden Jahres standen die Anteile dann richtig unter Dampf. Im Januar 2020 kosteten die Papiere bereits bis zu 740 Euro.

Gebrochen wurde die Rekordrally im laufenden Jahr vom Corona-Crash. Im Zuge der Krise ging es bis Mitte März auf gut 377 Euro abwärts, wodurch sich die Papiere auf dem Niveau von 2016 wiederfanden. Seitdem haben die Aktien wieder an Tempo zugelegt und erklommen Ende November bei 792,50 Euro den bislang höchsten Stand der Unternehmensgeschichte. Wer beim Tief im März eingestiegen ist, hat seinen Einsatz damit binnen weniger Monate mehr als verdoppelt. Aktuell kommt Rational mit seinen rund 2200 Mitarbeitern auf einen Börsenwert von rund 8,6 Milliarden Euro./mne/tav/fba

Quelle: dpa-Afx