HAMBURG (dpa-AFX) - TAG Immobilien
Keinen Gewinn an die Aktionäre auszuschütten, sichere dem Unternehmen zudem eine größere Unabhängigkeit angesichts der unsicheren Marktlage, führte Thiel weiter aus. Sobald sich die Kapital- und Transaktionsmärkte wieder normalisiert hätten, wolle TAG die Dividendenzahlungen wiederaufnehmen, teilte das MDax-Unternehmen in Hamburg weiter mit. Eine Entscheidung über einen Vorschlag für das Geschäftsjahr 2024 soll frühestens zum Ende des nächsten Jahres erfolgen und sei dann abhängig von den herrschenden Marktbedingungen. Bereits für das Jahr 2022 hatte TAG keine Dividende ausgeschüttet, um das Geld angesichts steigender Marktzinsen zusammenzuhalten.
Derweil profitierte der Immobilienkonzern in den ersten neun Monaten von einer starken Nachfrage nach Wohnraum. Die Nettokaltmiete legte im Berichtszeitraum im Jahresvergleich um drei Prozent auf 261,8 Millionen Euro zu. Die Mieten im Deutschland-Portfolio stiegen auf vergleichbarer Basis und inklusive Leerstandsabbau um 2,2 Prozent. Allerdings drückten vor allem höhere Finanzierungskosten auf das Ergebnis des Konzerns. Der operative Gewinn (FFO 1) fiel im Jahresvergleich um fast neun Prozent auf 132,6 Millionen Euro. Auf Jahressicht hat das Management weiter 170 bis 174 Millionen Euro im Auge - und setzt sich diese Spanne auch für das kommende Jahr.
Die Hamburger verkaufen ähnlich wie auch andere aus der Branche Immobilien, um ihre Schulden abzubauen. In Deutschland hat der Konzern in den ersten neun Monaten rund 1300 Wohnungen veräußert, in Polen waren es rund 2900. "Wir haben in einem anspruchsvollen Marktumfeld in Deutschland im dritten Quartal 2023 unsere Wohnungsverkäufe fortgesetzt und haben unser im Juli 2022 gesetztes Ziel, beginnend mit diesem Zeitpunkt mindestens 250 Millionen Euro an Nettoliquiditätszuflüssen zu generieren, nunmehr erreicht", sagte Co-Chefin Claudia Hoyer.
Unter dem Strich stand bei TAG Immobilien trotz steigender Mieten ein Konzernverlust von annähernd 275 Millionen Euro in den ersten neun Monaten. Im Vorjahreszeitraum hatte der Konzern noch einen Gewinn von knapp 335 Millionen Euro erzielt. Die Neubewertung von Immobilien im Umfeld steigender Zinsen belastet auch andere Konzerne in der Branche. Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia
Analyst Thomas Rothäusler von der Deutschen Bank wertete die Resultate von TAG Immobilien aufgrund des überraschend starken Geschäfts in Polen und weiterer Wohnungsverkäufe positiv. Zudem sei die geplante Aussetzung der Dividende für das laufende Geschäftsjahr die richtige Entscheidung. Analyst Andre Remke von der Baader Bank hat zwar mit der Streichung der Dividende gerechnet. Dennoch zeigte er sich etwas überrascht, dass die Gesellschaft die erneute Dividendenaussetzung auch mit der Finanzierung neuer Projekte in Polen begründet. Er war davon ausgegangen, dass das polnische Geschäft bereits selbstfinanziert sei.
In einem Gespräch mit der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX Anfang Oktober hatte Finanzchef Thiel gesagt, der polnische Wohnimmobilienmarkt sei deutlich attraktiver als der deutsche. Dort seien die Baukosten für Gebäude mit gleicher Qualität deutlich geringer als in Deutschland. Das liege vor allem an den wesentlich geringeren regulatorischen Anforderungen in dem osteuropäischen Land. Das Unternehmen könne in Polen für weniger als 2000 Euro pro Quadratmeter wirklich gute Wohnungen in Warschau, Breslau und Danzig bauen. Die Wohnungen seien deshalb trotz der hohen Zinsen für die polnische Bevölkerung erschwinglich. TAG verkaufe in Polen derzeit 3000 bis 4000 Wohnungen im Jahr.
Neben dem Verkauf von Wohnungen baut TAG Immobilien in Polen auch für das eigene Unternehmen. "Wir haben ein Vermietungsportfolio - es sind 2300 Wohnungen fertig", sagte Thiel . In den nächsten fünf Jahren solle die Zahl der eigenen Wohnungen auf 10 000 steigen. Die Miete pro Quadratmeter liege in dem Portfolio bei 14 bis 15 Euro. Es handele sich dabei um Neubauwohnungen in großen Städten, betonte der Manager. Das jährliche Mietwachstum liege momentan bei mehr als zehn Prozent.
Die Hamburger sind mit dem Kauf des Projektentwicklers Vantage Development Ende 2019 in den polnischen Markt eingestiegen und bauten das Geschäft 2022 mit dem Kauf des Wohnungsentwicklers Robyg aus. Erst jüngst gründete der Immobilienkonzern mit einer Fondsgesellschaft des Finanzinvestors Centerbridge Partners ein Gemeinschaftsunternehmen, das für den Kauf von Grundstücken, den Bau und die Veräußerung von Wohneinheiten zuständig ist.
In Deutschland konzentriert sich der Hamburger Konzern mit seinem Portfolio von zuletzt rund 85 400 Immobilien auf sogenannte B- und C-Standorte, die damit in den weiteren Einzugsgebieten der Metropolen und in mittelgroßen Städten liegen. Der größte Teil der Wohnimmobilien befindet sich in Ostdeutschland in Städten wie Gera, Leipzig, Chemnitz, Erfurt sowie im Umfeld von Berlin./mne/men/tav/stk
Quelle: dpa-Afx