(neu: Aussagen aus Videokonferenz zu Russland- und Ukraine-Geschäft, Teilemangel und Lage in Kundenbranchen; aktualisierte Kursreaktion, weitere Analystenstimme)
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Anlagenbauer Gea
Für die Gea-Aktie ging es in den ersten Handelsminuten in einem verhaltenen Umfeld zeitweise um rund zwei Prozent nach oben. Um die Mittagszeit lag das Papier mit einem Plus von rund 0,7 Prozent noch im stärksten Drittel des MDax
Aktienhändler lobten das Zahlenwerk. So übertraf das Unternehmen im vergangenen Jahr nicht nur seine eigene Gewinnprognose, sondern auch die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Auch das Ziel des Vorstands für das neue Jahr fällt überraschend hoch aus: Branchenexperten hatten im Schnitt einen bereinigten operativen Gewinn von etwa 742 Millionen Euro auf dem Zettel.
Branchenexperte Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan sprach von einem guten Jahresende. Die Ziele des Managements für 2023 könnten zudem die Markterwartungen an den operativen Gewinn etwas nach oben treiben. Auch seine Kollegin Cansu Tatar vom Analysehaus Warburg Research beurteilte die jüngsten Zahlen und die Jahresziele positiv. Die Aktie des Konzerns sei zwar hoch bewertet, dies sei aber gerechtfertigt.
Immer noch ringt Gea wie viele andere Unternehmen mit Problemen bei der Versorgung mit bestimmten Bauteilen. Schwierigkeiten gebe es vor allem bei Elektronik-Komponenten, sagte Klebert in einer Videokonferenz mit Journalisten. Immer wieder stünden bei Gea deshalb fast fertige Maschinen herum, denen etwa nur noch ein Sensor oder ein Display fehle. Die Situation in den Lieferketten sei weiterhin angespannt, aber nicht schlechter als 2022. Für das laufende Jahr erwartet er zumindest eine Verbesserung der Lage.
Im abgelaufenen Jahr steigerte der Konzern seinen Umsatz trotz der Schwierigkeiten um fast zehn Prozent auf knapp 5,2 Milliarden Euro. Bereinigt um Währungskurse und Veränderungen im Geschäftszuschnitt belief sich die Steigerung auf rund neun Prozent. Hier hatte das Management zuletzt mehr als sieben Prozent in Aussicht gestellt.
Ohne den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Sanktionen wäre Geas Umsatz noch rund 100 Millionen Euro höher ausgefallen, erklärte Klebert. Der Konzern habe sich bis auf Anlagen für die Nahrungsmittel-Produktion und die Pharmazie aus dem russischen Markt zurückgezogen. Angesichts der jüngsten Sanktionen sei aber auch das verbliebene Geschäft kaum noch sinnvoll abzuwickeln. Dies könne im laufenden Jahr mit weiteren 50 bis 100 Millionen Euro auf den Umsatz drücken, schätzt er. Seine Mitarbeiter in der Ukraine beschäftigt und bezahlt das Unternehmen laut Klebert unterdessen weiter. Faktisch sei das Geschäft in dem Land im Krieg aber "tot".
Trotz der Verwerfungen sammelte Gea im vergangenen Jahr mehr Bestellungen ein als im Vorjahr. Der Auftragseingang zog um rund neun Prozent auf 5,7 Milliarden Euro an. Vor allem das Geschäft mit der Milch- und Chemieindustrie legte den Angaben zufolge stark zu.
Klebert erklärte die Entwicklung damit, dass die Gea-Kunden aus der Nahrungsmittelbranche in der Breite mit keinem Einbruch der Nachfrage rechnen müssen. So könne man zwar auf neue Schuhe oder auf ein neues Auto verzichten, "aber man kann nicht eine Woche lang mal nichts essen". Ende Dezember summierte sich der Auftragsbestand des Konzerns auf 3,2 Milliarden Euro und lag damit fast 15 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Unter dem Strich verdiente Gea im vergangenen Jahr gut 401 Millionen Euro, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Die Dividende soll von 90 auf 95 Cent je Aktie steigen. Hier hatten sich Analysten im Schnitt jedoch etwas mehr versprochen.
Für 2023 rechnet der Vorstand erneut mit mehr Umsatz und einem höheren Gewinn im Tagesgeschäft. Bereinigt um Währungskurse und den Kauf und Verkauf von Konzernteilen soll der Erlös um mehr als fünf Prozent stiegen. Beim bereinigten operativen Gewinn behält sich das Management eine größere Spanne vor: Je nachdem, ob Gea das untere oder das obere Ende der Prognose erreicht, entspricht dies einer Steigerung zwischen 2,5 und 11 Prozent.
An seinen mittelfristigen Zielen bis zum Jahr 2026 hält das Management fest. So soll der Umsatz auf vergleichbarer Basis um durchschnittlich vier bis sechs Prozent wachsen. Die bereinigte operative Marge soll von zuletzt 13,8 Prozent auf mehr als 15 Prozent zulegen./stw/mis/stk
Quelle: dpa-Afx