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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Finanzmärkte haben die verschärften Sanktionen des Westens gegen Russland zum Wochenstart relativ gelassen verdaut. Anfangs teilweise sehr kräftige Verluste an den Aktienbörsen wurden bis Handelsschluss spürbar eingedämmt. Die meisten Börsen Europas schlossen mit Abschlägen von um die ein Prozent oder gar etwas weniger. In den USA wurden zuletzt ebenfalls relativ moderate Verluste verbucht.

Die Börse in Moskau allerdings blieb angesichts der aktuellen Lage, wie die russische Notenbank bereits am Morgen informierte, am Montag geschlossen. Am Abend wurde dann verkündet, dass auch am Dienstag nicht gehandelt werden wird. Ob am Mittwoch die Türen zur Börse wieder aufgehen, will die Zentralbank am einen Tag vorher um 09.00 Uhr verkünden.

Zugleich kamen die sehr kräftig gestiegenen Ölpreise etwas zurück. Anlagen, die unter Investoren als sichere Häfen gelten, wie etwa der US-Dollar und der Yen und Gold waren ebenfalls nicht mehr so stark gefragt. Irritiert waren Marktbeobachter, dass dennoch Staatsanleihen weiter kräftig zulegten, während ihre Renditen sanken.

Investoren hoffen derzeit, dass die Sanktionen rasch Wirkung zeigen, nachdem Russland nun die Atomstreitkräfte des Landes in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt hat. Zudem setzen sie trotz der fortdauernden Kriegshandlungen in der Ukraine auf den Erfolg von Gesprächen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und Regierungsvertretern sowie auf die Friedensverhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Delegationen.

Die Sanktionen der EU seien so austariert, dass sie den Druck auf Russland maximierten und den Schaden für den Westen minimierten, was angesichts der "verhältnismäßig gelassenen Reaktion" der Anleger zu gelingen scheine, kommentierte Jochen Stanzl, Marktanalyst CMC Markets. Dennoch sind die indirekten Folgen, etwa auf die Inflationsentwicklung durch die fortgesetzt steigenden Energiepreise, und die weitere Zins- und Geldpolitik der Notenbanken derzeit kaum absehbar, wie Andreas Lipkow von Comdirect betonte. Ob es im März also wirklich zu einem ersten Zinsschritt in den USA kommen wird, scheint fraglich.

Wie stark die Sanktionen gegen Russland einzelne Branchen belasten oder neue Beschlüsse wie die massive Aufrüstung der Bundeswehr stützen, zeigten die extrem gegenläufigen Kursreaktionen an den Börsen. So droht der Handel mit Russland nach dem Ausschluss großer russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift in vielen Bereichen zum Erliegen zu kommen.

Das setzte vor allem dem europäischen Bankensektor zu, der um 4,5 Prozent absackte. Die Deutsche Bank etwa war Schlusslicht im Dax mit minus 5,2 Prozent, noch stärker gaben im EuroStoxx 50 die Aktien der italienischen Intesa Sanpaolo , der französischen BNP Paribas oder der niederländischen ING nach.

Andererseits erklommen Aktien von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall mit einem Kursplus von knapp 25 Prozent oder Hensoldt mit mehr als 40 Prozent Rekordhöhen. In Großbritannien zogen BAE Systems um fast 15 Prozent an. Nicht nur, dass der Westen allgemein zusätzliche Waffen an die ukrainischen Streitkräfte liefern will, sondern auch, dass Deutschland ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro einräumt, war der Auslöser. Das Geld werde mit dem Bundeshaushalt 2022 bereitgestellt, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag im Bundestag an. Zugleich sagte er zu, Deutschland werde "von nun an - Jahr für Jahr - mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren". Dies war seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr der Fall. Analyst David Perry von der US-Bank JPMorgan sprach in einer Studie von einer "neuen Ära" der Rüstungsausgaben.

In der Nacht zum Montag hatte die Europäische Union (EU) schwerwiegende Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. Sie umfassen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Verbot von Transaktionen mit der Zentralbank. Zudem werden alle ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren.

Der russische Rubel ging daraufhin auf Talfahrt. Am Montagabend mussten für einen US-Dollar 104 Rubel gezahlt werden, etwa ein Viertel mehr als am Freitag. Da half es wenig, dass die russische Notenbank den Leitzins um 10,5 Prozentpunkte auf 20,0 Prozent anhob. Um das heimische Finanzsystem zu stützen, untersagte Russlands Zentralbank außerdem Händlern, russische Wertpapiere im Besitz von Ausländern zu verkaufen. Mit Kapitalspritzen und Fremdwährungsgeschäften sollen zudem heimische Geldinstitute gestützt werden.

Doch auch der Westen wird die Folgen der eigenen Sanktionen gegen Russland zu spüren bekommen. Für Deutschland etwa seien die wirtschaftlichen Folgen schwerwiegender, als es noch letzte Woche absehbar gewesen sei, sagte Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Inflationsrate aufgrund sehr hoher Energiepreise in den nächsten Monaten noch weiter ansteigt. Ein Rückgang unter die Vier-Prozent-Marke im Jahresdurchschnitt 2022 scheint damit nur noch schwer vorstellbar. Auch die für das Frühjahr erwartete wirtschaftliche Erholung dürfte schwächer ausfallen als bislang angenommen." Die hohe Teuerungsrate belaste die Kaufkraft der privaten Haushalte und lasse die Kosten der Unternehmen ansteigen.

Der europäische Gaspreis schnellte am Montag stark nach oben. Der Ölpreis legte zwar ebenfalls kräftig zu, sank aber am Abend zumindest wieder unter 100 Dollar für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent.

Am Aktienmarkt schloss der Dax mit einem moderatem Minus knapp unter 14 500 Punkten, nachdem er am Donnerstag infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine noch bis auf fast 13 800 Punkte abgesackt war. Der Kurs des US-Dollar stieg im Vergleich zum Euro . Zuletzt mussten je Euro 1,12 Dollar gezahlt werden. Der Preis für Gold kam etwas zurück auf knapp unter 1900 Dollar. Die Kurse deutscher Bundesanleihen legen dagegen weiter zu. Der Bund-Future stieg zuletzt um 0,99 Prozent auf 167,83 Punkte./ck/mis/jsl/he

Quelle: dpa-Afx