BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Beim krisengeschüttelten Leasingspezialisten Grenke
Grenke war wegen des Vorwurfs angeblicher Bilanztricksereien durch den Shortseller Viceroy im vergangenen Herbst negativ in die Schlagzeilen geraten. Das Unternehmen hatte daraufhin mehrere eigene Prüfungen auf den Weg gebracht und auch eine Sonderprüfung durch die Finanzaufsicht Bafin über sich ergehen lassen müssen. Nach einiger Verzögerung erhielt der Konzern im Mai das uneingeschränkte Testat der Prüfungsgesellschaft KPMG für den 2020er-Bericht. Die Prüfung der Bafin ergab allerdings einige Mängel und rückwirkend Änderungsbedarf für den 2019er-Bericht.
Nach diesen Turbulenzen lichten sich inzwischen jedoch die Aussichten von Grenke für das laufende Jahr. Da trotz Pandemie weniger Zahlungen von Leasing-Kunden ausfallen als befürchtet und daher weniger Risikovorsorge getroffen werden muss, hatte der Konzern bereits Ende Juli seine Ergebnisprognose für das Jahr angehoben. Angepeilt ist nun ein Gewinn zwischen 60 und 80 Millionen nach rund 88 Millionen Euro im Vorjahr.
Im abgelaufenen zweiten Quartal kam wieder deutlich Leben in die Geschäfte des Konzerns, der vielen Kleinunternehmen und Mittelständlern unter anderem deren Ausstattung für Büros und Geschäftsräume finanziert und ihnen auch die Vorfinanzierung von Forderungen anbietet, das sogenannte Factoring. Das Neugeschäft im Leasing lag mit rund 399 Millionen nur noch knapp unter dem Vorjahresniveau, nachdem Grenke im ersten Jahresviertel noch deutlich im Rückstand gelegen hatte. Auch im Factoring zog das Neugeschäft kräftig an. Unter dem Strich stieg der auf die Aktionäre entfallende Gewinn um rund 30 Prozent auf 18,5 Millionen Euro.
Die Quartalsergebnisse lagen über den Erwartungen des Unternehmens und laut Analyst Philipp Häßler vom Investmenthaus Pareto auch über den Prognosen des Marktes. Auch an der Börse zeigten sich die Anleger erfreut, die Grenke-Aktie zog an der SDax
Der frühere BayernLB-Manager Bücker nimmt nun die Kontrollprozesse im Konzern ins Visier. Er betrachte es als eine seiner wichtigsten Aufgaben, "das erforderliche hohe Niveau der internen Kontrollfunktionen und -prozesse sicherzustellen und nachhaltig in der Unternehmenskultur im gesamten Grenke-Konzern zu verankern", sagte der Manager. "Diesen gebotenen Wandlungsprozess werden wir mit größtmöglicher Ernsthaftigkeit vorantreiben. Deshalb werde ich mich in den nächsten Wochen aktiv in den Dialog mit den Aufsichtsbehörden einbringen."
In puncto Kontrollmechanismen hakte es beim Unternehmen offenbar in der Vergangenheit, wie sich im Zuge der Überprüfungen herausgestellt hatte. Grenke hatte deshalb bereits personelle Konsequenzen gezogen, zudem wurde das Führungsgremium um einen Risikovorstand erweitert. Ende Juni verließ dann die langjährige Konzernchefin Antje Leminsky überraschend den krisengeschüttelten Konzern. Bücker trat zum 1. August ihre Nachfolge an.
Viceroy, hinter dem der bekannte Shortseller Fraser Perring steht, hatte Grenke unter anderem ein undurchsichtiges Geschäftsmodell und geschönte Leasing-Forderungen vorgeworfen. In der Folge gab es neben dem Abgang Leminskys eine Reihe weiterer Wechsel im Management des Konzerns oder wichtiger Sparten wie etwa der Grenke Bank. Zudem schied Unternehmensgründer Wolfgang Grenke aus dem Aufsichtsrat aus. Auch das von Viceroy heftig kritisierte Franchise-Modell strickt der SDax-Konzern um - bis Jahresende sollen die ersten der noch nicht integrierten Gesellschaften durch Grenke übernommen werden. Der gesamte Übernahmeprozess soll im Jahr 2022 abgeschlossen sein./tav/mne/mis
Quelle: dpa-Afx