FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Impfquoten steigen, und die meisten Reisebeschränkungen in Europa sind gefallen: Urlauber und die Tourismusbranche hoffen nach monatelangem Corona-Lockdown auf Erholung. Reiseveranstalter berichten von einem Buchungsboom. In einigen beliebten Reisezielen könnte es während der Sommerferien eng werden. Bis der Tourismus die schwere Corona-Krise hinter sich lässt, wird es allerdings dauern. Sorgen bereitet auch die Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus. Die Bundesärztekammer rät von Reisen in Urlaubsgebiete ab, wo die Variante grassiert.
"Ab Mitte Mai 2021 hat ein regelrechter Buchungsboom eingesetzt, und wir verzeichnen derzeit von Woche zu Woche Eingänge auf oder über dem Niveau des Vergleichszeitraums 2018/19", berichtet der Geschäftsführer des Reiseanbieters FTI, Ralph Schiller. Vor allem die Aufhebung der Quarantäne-Auflagen nach der Rückkehr aus dem Urlaub hat die Nachfrage beflügelt.
Ähnlich ist die Entwicklung bei anderen großen Veranstaltern. "Die letzten Wochen liegen im Umsatzeingang weiter über dem Jahr 2019 vor der Pandemie", berichtet DER Touristik-Manager Sven Schikarsky. Der Reisekonzern erhöhe täglich seine Kontingente bei Fluggesellschaften und Hotels. "Dennoch rechnen wir nicht damit, dass es in den Zielgebieten überfüllt sein wird." Nach Einschätzung Schillers kann es bei dem Ansturm auf bestimmte Ziele an beliebten Terminen und bei hochwertigen Zimmertypen in sehr begehrten Hotels allerdings zu Engpässen kommen.
Gefragt sind im Sommer derzeit die klassischen Badeziele am Mittelmeer, allen voran Spanien und insbesondere Mallorca sowie Griechenland und die Türkei.
Hoch im Kurs steht auch wie im Sommer des Krisenjahres 2020 Urlaub zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen. "An der Küste und Richtung Alpen wird es voll werden", sagte der Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Reinhard Meyer. Aber auch andere Regionen profitierten. "Beliebt ist insbesondere alles, was mit Natur zu tun hat, zum Beispiel Wandern oder Fahrradfahren."
Für Übernachtungen in Deutschland müssen Urlauber nach einer Auswertung des Vergleichsportals Check24 in diesem Sommer allerdings tiefer in die Tasche greifen als vor der Krise. "Grundsätzlich sind die Preise in den Sommermonaten zur Ferienzeit höher. Die Corona-Pandemie und der stärkere Wunsch nach Urlaub in Deutschland verstärken diesen Effekt", erläutert Check24-Manager Jan Kuklinski.
Im Mittel kosten Ferienwohnungen den Angaben zufolge in den Monaten Juni, Juli und August 2021 rund 108 Euro pro Nacht und damit 18,6 Prozent mehr als in den drei Sommermonaten des Vorkrisenjahrs 2019. Stärker ist der Preisanstieg mit gut 24 Prozent bei Hotels. Im Mittel müssen Urlauber pro Nacht in diesem Sommer rund 113 Euro zahlen.
Allerdings ist die Bereitschaft der Urlauber auch gestiegen, mehr Geld auszugeben - zum Beispiel für schönere Hotels oder höhere Kategorien, wie Tui
Ende Mai übertrafen die bei Veranstaltern und Reisebüros gebuchten Reisen den Stand des Krisensommers 2020 um 33 Prozent. Viele Urlauber entscheiden sich kurzfristig. "Der Wunsch, endlich wieder verreisen zu können, ist offenbar groß, und Reiseerleichterungen sowie zunehmende Impfquoten beflügeln das Urlaubsgeschäft", erläutert Alexandra Weigand vom Analysehaus Travel Data + Analytics (TDA).
Doch bis Reiseveranstalter und -büros an alte Rekorde anknüpfen können, wird es dauern. Trotz der starken Nachfrage stehen nach Angaben des Reiseverbandes DRV erst rund ein Viertel der Buchungen in den Büchern der Unternehmen, die in einem "normalen" Jahr bis Ende Mai/Anfang Juni erfolgen.
In Cent und Euro ausgedrückt heißt das: Bislang haben Sonnenhungrige TDA zufolge fast 2,3 Milliarden Euro für Veranstalterreisen in diesem Sommer ausgegeben. Damit fehlen zum Vor-Corona-Niveau rund 6,8 Milliarden Euro.
"Selbst wenn der Sommer positiv bleibt, werden am Ende wohl lediglich rund 40 Prozent des Umsatzes aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 erreicht werden", dämpft DRV-Präsident Norbert Fiebig zu hohe Erwartungen - auch weil Fernreisen in der zweiten Jahreshälfte vielfach noch nicht möglich sein werden. Daher benötigten die Unternehmen weitere Unterstützung der Bundesregierung. "Eine Verlängerung der Überbrückungshilfen über den 30. September hinaus bis Ende 2021 wäre politisch klug und inhaltlich sinnvoll gewesen", sagt Fiebig./mar/DP/stk
Quelle: dpa-Afx