FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem Einbruch des Flugverkehrs in der Corona-Krise will der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport tausende Jobs abbauen. Von den 22 000 Stellen in den Konzernunternehmen am Standort Frankfurt sollen etwa 3000 bis 4000 wegfallen, teilte Fraport am Dienstag zusammen mit tiefroten Zahlen für das zweite Quartal mit. Vorstandschef Stefan Schulte will dabei auf sozialverträgliche Maßnahmen und natürliche Fluktuation setzen, schloss betriebsbedingte Kündigungen aber nicht aus. Für das laufende Jahr rechnet der Manager weiterhin mit einem deutlichen Verlust - und für die Zeit danach mit einer langen Durststrecke.

Am Finanzmarkt wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Im vorbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate legte die Fraport-Aktie am Morgen um knapp vier Prozent zu. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit jedoch immer noch mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt.

Unter dem Strich stand bei Fraport im zweiten Quartal ein Verlust von rund 182 Millionen Euro nach 127 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor. Weil der Flugverkehr über mehrere Wochen fast komplett stillstand und auch dann nur langsam wieder anlief, brach der Umsatz um rund drei Viertel auf 250 Millionen Euro ein. Auch vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verbuchte Fraport daher einen Verlust von rund 107 Millionen Euro. Analysten hatten jedoch im Schnitt mit einem noch größeren Minus gerechnet.

Die Corona-Pandemie und ihre Folgen dürften den Flugverkehr noch lange Zeit belasten. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden uns weit über das laufende Jahr hinaus begleiten und die Branche nachhaltig verändern", sagte Schulte. "Wir gehen davon aus, dass das Passagiervolumen in Frankfurt selbst in den Jahren 2022/2023 noch um rund 15 bis 20 Prozent unter dem bisherigen Höchstwert von 2019 liegt." Von da ab erwartet der Manager wieder ein "langfristiges, moderates Wachstum". Aus dieser Überzeugung heraus hält die Fraport-Führung auch an dem Bau des dritten Passagier-Terminals im Süden des Flughafens fest.

Im laufenden Jahr ist mit einem Ansturm der Passagiere aber kaum zu rechnen. Schulte rechnet sowohl am Heimatstandort als auch an den Auslandsflughäfen des Konzerns für 2020 mit Verkehrsrückgängen im hohen zweistelligen Prozentbereich. Nachdem das Passagieraufkommen im zweiten Quartal in Frankfurt rund 94 Prozent niedriger lag als ein Jahr zuvor, stand für das erste Halbjahr ein Rückgang um 63,8 Prozent auf 12,2 Millionen Fluggäste zu Buche.

Um die Durststrecke zu überstehen, hat sich Fraport im ersten Halbjahr 1,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Finanzmitteln besorgt und mit einer neuen Anleihe im Juli weitere 800 Millionen Euro hereingeholt. Derzeit verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben über knapp 3 Milliarden Euro an liquiden Mitteln und zugesicherten Kreditlinien. "Damit ist die Liquidität mindestens bis zum Ende des Jahres 2021 abgesichert", hieß es.

Schon vor dem geplanten Stellenabbau hat Fraport an der Kostenschraube gedreht - und dabei von den Möglichkeiten der Kurzarbeit profitiert. Im zweiten Quartal befanden sich den Angaben zufolge mehr als 16 000 der rund 22 000 Beschäftigten in Frankfurt in Kurzarbeit. Nicht zwingende Sachausgaben hat das Management gestrichen - bis auf den Bau von Terminal 3. Die Betriebskosten im gesamten Konzern seien dadurch in Frankfurt um 30 Prozent gesunken, konzernweit sogar um 40 Prozent.

Auch in der vergangenen Woche bewegten sich die Passagierzahlen am Frankfurter Flughafen nur langsam aus dem Corona-Tief. Vom 27. Juli bis 2. August zählte Fraport an Deutschlands größtem Airport rund 343 865 Fluggäste und damit 78,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Das waren rund 22 000 Passagiere mehr als in der Vorwoche, als der Rückgang im Jahresvergleich 79,7 Prozent betragen hatte.

Im gesamten Juli lag die Zahl der Fluggäste nach vorläufigen Zahlen auf den Europastrecken 75 Prozent, im Interkontinentalbereich sogar 92 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.

Die Zahl der Flugbewegungen sank in der abgelaufenen Woche im Vergleich zur entsprechenden Kalenderwoche des Vorjahres um 64,8 Prozent auf 3702 Starts und Landungen. Das Aufkommen an Fracht und Luftpost fiel um 15,8 Prozent auf 33 193 Tonnen, nachdem sich der Rückgang in der Vorwoche im Jahresvergleich auf 18,4 Prozent belaufen hatte.

Viele Fluggesellschaften bieten seit Juni wieder mehr Flüge an, nachdem der Passagierverkehr wegen der weltweiten Reisebeschränkungen seit Ende März weitgehend zusammengebrochen war. Seit 15. Juni hat das Auswärtige Amt die Reisewarnungen für die meisten EU-Mitgliedsstaaten, den Schengen-Raum und Großbritannien aufgehoben. Allerdings gibt es inzwischen wieder Reisewarnungen für bestimmte Regionen in Spanien./stw/nas/jha/

Quelle: dpa-Afx