HAMBURG (dpa-AFX) - Anders als in anderen Bundesländern wird Hamburg die Priorisierung beim Impfen mit Astrazeneca beibehalten. Man sehe keine Veranlassung, die Impfreihenfolge nach Schutzbedürftigkeit aufzuheben, sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Martin Helfrich, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Dazu sei die Verfügbarkeit an Impfstoff noch zu gering. "Es ist nach wie vor nicht so, dass die Menge ausreicht, um den Bedarf zu decken." Es bleibe auch nach dem Hin und Her um die Zulassung von Astrazeneca kein Impfstoff liegen. "Deshalb halten wir an der Priorisierung fest."

Die Hamburger CDU forderte hingegen, den Impfstoff komplett für alle Impfwilligen freizugeben. "Impfen ist der Schlüssel zur Rückkehr zur Normalität und alles, was das Impfen beschleunigt, sollte auch getan werden", sagte der Vorsitzende der Bürgerschaftsfraktion, Dennis Thering. "Nachdem gestern bereits erste Bundesländer entschieden haben, die Alters- und Impfpriorisierung für Astrazeneca aufzugeben, sollte auch Hamburg diesen Schritt jetzt umgehend gehen."

Nach Sachsen hatten sich am Mittwoch auch Mecklenburg-Vorpommern und Bayern entschieden, die Priorisierung für den Impfstoff komplett aufzuheben. Laut dem Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg sprechen sich 57 Prozent der Deutschen dafür aus, die Priorisierung fallen zu lassen. Das HCHE befragt im Rahmen einer Covid-Studie alle zwei Monate jeweils mehr als 7000 Menschen in sieben europäischen Ländern, zuletzt vom 2. bis 16. April.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurden bis einschließlich Mittwoch in Hamburg insgesamt 511 373 Impfdosen verabreicht. Demnach erhielten 403 319 Menschen eine Erst- und 108 054 eine Zweitimpfung. Die Quote erreichte bei den Erstgeimpften demnach 21,8, bei den Menschen mit vollständigem Impfschutz 5,8 Prozent. Damit liegt Hamburg bei den Erstimpfungen leicht über dem Bundesdurchschnitt von 21,6 Prozent, hinkt bei den Zweitimpfungen aber hinter den bundesweiten 6,9 Prozent hinterher.

Die Zahl der Impfungen soll nach Angaben der Gesundheitsbehörde in der kommenden Woche auf hohem Niveau gehalten werden. 56 000 Termine im Impfzentrum in den Messehallen seien ab diesem Freitag telefonisch unter 116 117 oder online unter www.impfterminservice.de buchbar, sagte Helfrich. Aufgerufen seien die Angehörigen der Priorisierungsgruppen 1 und 2, darunter alle Menschen über 70 Jahren, Grundschullehrer, Erzieher und Personen mit bestimmten Vorerkrankungen.

Der neue Impfstoff von Johnson & Johnson soll in Hamburg zunächst vorrangig Obdachlosen verabreicht werden. Die Impfungen könnten nach Lieferung des Impfstoffs kurzfristig erfolgen, "womöglich binnen einer Woche", sagte Helfrich. "Sobald die Lieferung eingeht, werden wir damit beginnen." Über das Winternotprogramm könne man rund 1000 Obdachlose erreichen. Der Impfstoff von Johnson & Johnson biete sich für diese Personengruppe an, da der vollständige Impfschutz laut Hersteller bereits mit einer Injektion erreicht werde.

Erst am Dienstag hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) nach erneuter Prüfung grünes Licht für die Markteinführung des US-Präparats in Europa gegeben.

Unterdessen sank in Hamburg die Zahl der Corona-Neuinfektionen im Wochenvergleich den achten Tag in Folge. Zwar kamen am Donnerstag 416 neu nachgewiesene Fälle hinzu, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. Das sind 16 mehr als am Mittwoch, aber 42 weniger als am Donnerstag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, ging von 130,3 auf 128,1 zurück. Vor einer Woche hatte der Wert 147,4 betragen. Das RKI gab die Inzidenz auf anderer Berechnungsgrundlage für Hamburg mit 108,5 an. Das ist der im Ländervergleich zweitniedrigste Wert nach Schleswig-Holstein (70,9).

Die Zahl der an oder im Zusammenhang mit Corona in Hamburg gestorbenen Menschen erhöhte sich dem RKI zufolge um 4 auf 1442. In den Krankenhäusern wurden laut Gesundheitsbehörde mit Stand Mittwoch 304 Covid-19-Patienten behandelt, 4 weniger als am Vortag. Die Zahl der Patienten auf Intensivstationen sank um 3 auf 117./fi/DP/mis

Quelle: dpa-Afx