BOSTON (dpa-AFX) - Das Biotechunternehmen Morphosys hat neue Langzeitdaten zu seinem Blutkrebsmedikament Monjuvi vorgelegt. Diese deuteten auf ein dauerhaftes Ansprechen der Patienten auf die Behandlung über mehrere Jahre hin. Für die Bayern ist dies eine wichtige Bestätigung ihres größten Umsatzbringers, der sich zuletzt schleppender verkaufte als erhofft. Nach einer Kursrally am Vortag gab die Nachricht den Aktien am Donnerstagmorgen weiter Auftrieb.

Die im SDax gelisteten Anteilsscheine verteuerten sich zuletzt um mehr als drei Prozent. Am Mittwoch hatten bereits ermunternde Daten zum Alzheimer-Medikament des US-Konzerns Biogen äußerst positiv auch auf den deutschen Konkurrenten abgestrahlt, dessen Alzheimer-Wirkstoff vom Lizenzpartner Roche derzeit erforscht wird: Die Papiere waren mit einem Aufschlag von mehr als einem Fünftel aus dem Handel gegangen und hatten nach längerer Talfahrt so mit einem Schlag das Niveau von Mitte August zurückerobert.

Die neuen Langzeitdaten zu Monjuvi mit dem Wirkstoff Tafasitamab will Morphosys im Rahmen einer Konferenz von Blutkrebsspezialisten, der Society of Hematologic Oncology (SOHO) in Houston im US-Bundesstaat Texas vorstellen, wie die Firma am Vorabend mitgeteilt hatte. Dabei zeigte sich im Nachbeobachtungszeitraum unter anderem, dass die Mehrheit der Patienten vollständig auf das Mittel ansprach. Auch ging die Häufigkeit von Nebenwirkungen zurück nach dem Wechsel von einer Kombitherapie mit einem anderen Medikament hin zur alleinigen Vergabe von Monjuvi. Einige Blutkrebspatienten mit dem sogenannten diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DBCL) waren mit dem Mittel bereits seit mindestens fünf Jahren in Behandlung.

Der scheidende Forschungs- und Entwicklungschef Malte Peters zog ein positives Fazit: "Diese langfristigen Daten aus dem Nachbeobachtungszeitraum der L-MIND-Studie bestätigen unsere Überzeugung, dass Tafasitamab plus Lenalidomid für diese Patientengruppe die bevorzugte zielgerichtete ambulante Immuntherapie bleibt", sagte er der Meldung zufolge.

Die großen Hoffnungen, die Morphosys anfangs an Monjuvi hatte, hatten sich allerdings schon im vergangenen Jahr nicht erfüllt. Im Juli dieses Jahres musste der Konzern gar seine Umsatzprognose für das Mittel senken, weil inzwischen zunehmend Konkurrenz auf den Markt drängt. Für die Investoren war dies eine weitere Härteprüfung, denn der Morphosys-Kurs steht seit der kostspieligen Übernahme des US-Unternehmens Constellation Pharmaceuticals im vergangenen Jahr unter Druck. Bis zur Kursrally am Mittwoch hatte die Aktie seit dem Jahreswechsel fast 45 Prozent an Wert eingebüßt.

Und so steht Morphosys derzeit vor einigen Problemen: Zum einen hängt die Firma umsatzseitig stark am Tropf von Monjuvi, das das bisher einzige eigene Medikament der Bayern ist. Gleichzeitig gibt es zwar mit dem Mittel Pelabresib einen neuen Hoffnungsträger, doch dieser muss sich in einer teuren zulassungsrelevanten Studie erst einmal beweisen. Das durch die Constellation-Übernahme zu Morphosys gekommene Medikament wird derzeit bei Myelofibrose getestet, einem seltenen Knochenmarkkrebs. Diese Gemengelage schmeckte vielen Investoren jedoch nicht, weshalb der Kurs zusätzlich massiv gelitten hatte.

Durch die am Vortag von Biogen veröffentlichte Ankündigung, bald einen Zulassungsantrag für sein Alzheimer-Medikament zu stellen, bekommt der Markt jedoch womöglich neue Hoffnung: Denn Morphosys’ an den Partner Roche auslizensiertes Präparat Gantenerumab basiert auf einem ähnlichen Mechanismus, in dem der Antikörper sich gegen Eiweißablagerungen (Amyloid-beta) im Gehirn richtet. Den Bayern winkt eine Umsatzbeteiligung, sollten die Schweizer mit dem Mittel auf den Markt gehen können.

Roche will hierzu bald Daten vorlegen. Allerdings sehen viele Analysten das Mittel eher skeptisch. Emmanuel Papadakis von der Deutschen Bank etwa sieht inzwischen die Wahrscheinlichkeit nur noch bei 25 Prozent, dass es Gantenerumab wirklich zur Marktreife bringt. In einer kürzlich veröffentlichten Studie begründete er seine Annahme mit ausbleibenden klinischen Erfolgen./tav/lew/men

Quelle: dpa-Afx