MÜNCHEN (dpa-AFX) - Ein erfolgreiches Geschäft mit Wohnimmobilien und der Verkauf von Zusatzprodukten haben dem Online-Immobilienmarktplatz Scout24 (Immoscout24) 2021 zu höheren Umsätzen verholfen als gedacht. An diese Entwicklung will Konzernchef Tobias Hartmann im laufenden Jahr anknüpfen. "Wir sind in einem der größten Wirtschaftszweige unterwegs, die am wenigsten digitalisiert sind", sagte er im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das Unternehmen will die Prozesse rund um den Verkauf und die Vermietung von Immobilien von offline zu online bringen - denn bislang unterschrieben noch viel zu wenige Menschen ihre Mietverträge über Immoscout24.

Dabei verdient der Konzern mit Sitz in München etwa an Verkäufer-Mandaten für Makler sowie sogenannten Plus-Mitgliedschaften. Eine zweimonatige Mitgliedschaft für Mieter etwa kostet insgesamt knapp 60 Euro. Durch den Kauf des Zusatzproduktes können Nutzer dann im Durchschnitt 48 Stunden früher Kontakt mit Vermietern aufnehmen. Immoscout24-Kunden im Gratis-Modell sind in dieser Zeit ausgesperrt. Zudem erscheinen beim Vermieter Nachrichten von Plus-Kunden weiter oben im Posteingang. Scout24 will künftig noch mehr auf diese Plus-Produkte und Verkäufer-Mandate setzen, da sie "deutlich stärker wachsen als das Kern-Maklergeschäft."

Der Kritik am Ausschluss vor allem von einkommensschwachen Haushalten hielt Hartmann entgegen: "Der Plus-Betrag kostet so viel wie ein Streamingdienst." Das Postfach des Vermieters müsse ohnehin vorsortiert werden, um so eine Struktur in die vielen Anfragen zu bringen. Sonst könne kein Interessent angesichts des knappen Angebotes erfolgreich sein. Mittelfristig soll die Strategie bei dem Konzern für zweistellige Wachstumsraten bei Umsatz und Betriebsergebnis sorgen.

Wie bereits bekannt, will der Vorstand rund eine Milliarde Euro für Investitionen in die Hand nehmen - allerdings nur, wenn diese auch Sinn ergeben. "Wir benötigen keine M&A-Aktivitäten, um unsere Strategie erfolgreich umzusetzen", sagte Hartmann. Denn auch ohne Zukäufe könne Scout24 wachsen. Zwar habe es bislang keine "nennenswerten Gespräche" mit Blick auf Übernahmen gegeben. Allerdings will sich der Manager geeignete Möglichkeiten anschauen und prüfen.

Generell kann sich Hartmann aber Zukäufe für die deutschsprachige Region vorstellen, die zu den Themengebieten Vermietung und Miete, Kauf und Verkauf sowie Immobilienfinanzierung passen. Übernahmekandidaten müssten zum Beispiel schneller Mehrwert bieten, als es Scout24 aus eigener Kraft könnte.

Unterdessen lief es für Scout24 im vergangenen Jahr rund. Der Erlös stieg im Vergleich zum Vorjahr um ein Zehntel auf 389 Millionen Euro, wie das im MDax notierte Unternehmen am Dienstag mitteilte. Damit schnitten die Münchner besser ab, als Analysten vermutet hatten. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) stieg im gleichen Zeitraum um fünf Prozent auf 222,8 Millionen Euro. Die entsprechende Marge lag mit 57,3 Prozent im Rahmen der konzerneigenen Ziele.

Dabei punktete Scout24 besonders im Segment rund um Wohnimmobilien, in dem das Unternehmen vor allem Verkäufer-Mandate und Plus-Produkte verkaufen konnte. Die infolge der Corona-Pandemie strauchelnde Entwicklung von gewerblichen Immobilien blieb hingegen gebremst. Das rückläufige Geschäft mit Maklern sei aber mit Umsätzen mit Projektentwicklern kompensiert worden, hieß es. Vor allem Einzelhandels- und Gewerbeflächen täten sich schwer. Der Manager beobachtete allerdings den Trend, dass unter den Anzeigen verstärkt kleinere Immobilien mit kürzeren Laufzeiten wie nur wenigen Monaten gelistet werden.

Unterdessen will Scout24 aufgrund seiner hohen Liquidität ein weiteres Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von bis zu 350 Millionen Euro auflegen. Es soll noch im März 2022 starten und spätestens zur Hauptversammlung im Jahr 2023 abgeschlossen sein.

Wie bereits bekannt, will der Vorstand den Erlös im laufenden Jahr um elf bis zwölf Prozent nach oben schrauben. Das bereinigte Betriebsergebnis (bereinigtes Ebitda) soll lediglich um sechs bis acht Prozent steigen, weil Scout24 den Umsatz durch zusätzliche Investitionen ankurbeln will. Den vollständigen Bericht zum vergangenen Jahr will Scout24 am 24. März vorlegen./ngu/stw/he

Quelle: dpa-Afx