FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben auch am Freitag im Zwiespalt zwischen Konjunkturhoffnungen und Corona-Befürchtungen agiert. Letztlich gaben positive Wirtschaftsdaten aus Italien den Ausschlag für einen versöhnlichen Tages- und Wochenabschluss. Die italienischen Industrieunternehmen hatten sich im Mai deutlich stärker vom Einbruch in der Corona-Krise erholt als von Analysten erwartet.
Der Dax kletterte wieder über die Marke von 12 600 Punkten, die er im Laufe der Woche mehrmals, jedoch nicht nachhaltig überwunden hatte. Letztlich gewann der Leitindex 1,15 Prozent auf 12 633,71 Punkte. Daraus ergab sich auf Wochensicht ein Gewinn von rund 0,8 Prozent. Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte endete am Freitag 0,45 Prozent höher bei 26 673,94 Zählern.
Der EuroStoxx 50 stieg um 1,07 Prozent auf 3296,22 Punkte. Der Cac 40 in Paris verbuchte ein Plus von rund 1,0 Prozent, der FTSE 100 in London gewann rund 0,8 Prozent. In New York stand der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss um rund 0,9 Prozent höher.
Zu den stärksten Werten im Dax gehörten die Aktien von Infineon mit plus 4,1 Prozent. Sie haben die schwere Scharte des Corona-Crashs inzwischen ausgewetzt. Die Virus-Krise hat Trends wie Digitalisierung, Home Office, Konnektivität und den Einsatz von Sensortechnik in vielen Geschäfts- und Lebensbereichen noch verstärkt. Insofern gelten viele Unternehmen der Halbleiterindustrie als Profiteure der Pandemie.
Die Papiere des Chemiekonzerns BASF profitierten mit einem Plus von 0,9 Prozent davon, dass das operative Ergebnis im zweiten Quartal besser als befürchtet ausgefallen war. Analyst Andrew Stott von der Schweizer Großbank UBS hatte bereits am Mittwoch in einer Sektorstudie darauf hingewiesen, dass die jüngste Entwicklung der Chemiebranche eine langsame Erholung signalisiere.
Im MDax stiegen die Anteilsscheine von Qiagen um 2,8 Prozent, nachdem sie im Handelsverlauf den höchsten Stand seit 2001 erreicht hatten. Das Gendiagnostik- und Biotechunternehmen erlebt wegen der Pandemie eine nach eigenen Worten beispiellose Nachfrage nach seinen Corona-Testprodukten. Erste Zahlen zum Geschäftsverlauf im zweiten Quartal übertrafen die eigenen Prognosen von Anfang Mai deutlich.
Im Nebenwerteindex SDax rutschten die Aktien von Drägerwerk nach einem Medienbericht auf den letzten Platz und büßten letztlich 5,8 Prozent ein. Laut einem Artikel des "Spiegel" bestellte die Bundesregierung in der Corona-Krise bei einigen Herstellern wohl zu viele Beatmungsgeräte und will nun nicht alle abnehmen.
Die Deutsche Börse mischt derweil außerplanmäßig die Zusammensetzung des SDax neu. Infolge der Übernahme von Rhön-Klinikum durch Asklepios Kliniken fällt der Rhön-Streubesitz unter 10 Prozent. Deshalb wird Rhön zum 14. Juli aus dem Nebenwerteindex genommen. Aufsteiger ist der Kabelnetzbetreiber Tele Columbus . Dessen Aktienkurs zog um gut 11 Prozent an.
Der Online-Modehändler Global Fashion Group (GFG) schaffte es mitten in der Corona-Krise auch dank einer starken Nachfrage in Lateinamerika operativ in die schwarzen Zahlen. An der Börse löste die Ankündigung einen Kurssprung aus, die Papiere stiegen um rund 15 Prozent. Die Aktien des Berliner Startup-Investors Rocket Internet , der an GFG beteiligt ist, tangierte dies nicht, sie endeten mit einem knappen Verlust.
Der Euro legte im späten europäischen Handel etwas zu und übersprang die Marke von 1,13 Dollar. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,1315 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,1276 Dollar festgesetzt.
Am deutschen Anleihemarkt stieg der Rentenindex Rex um 0,16 Prozent auf 145,36 Punkte. Die Umlaufrendite fiel von minus 0,46 Prozent am Vortag auf minus 0,51 Prozent. Der Bund-Future legte um 0,06 Prozent auf 176,62 Punkte zu./edh/stk
--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx