FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag nur kurz zugesetzt. Bis zum Handelsschluss machte der Dax seine zeitweise ausgeweiteten Verluste nahezu vollständig wett. Gewinne an den US-Börsen kamen dem deutschen Leitindex dabei zu Hilfe. Wie erhofft hatte die US-Notenbank Fed außerdem am Vorabend nach zehn Zinserhöhungen in Folge eine Pause eingelegt. Signale über weitere Anhebungen im laufenden Jahr waren von den Anlegern in den USA bereits am Mittwoch mit Fassung aufgenommen worden und hatten die Wall Street nicht allzu sehr belastet.
Das deutsche Börsenbarometer beendete den Tag mit einem geringen Abschlag von 0,13 Prozent auf 16 290,12 Punkte. Der MDax , in dem sich mittelgroße Unternehmen befinden, verlor 0,82 Prozent auf 27 330,39 Zähler. Für den EuroStoxx 50 , den Leitindex der Eurozone, ging es um 0,25 Prozent auf 4365,12 Zähler nach unten. In Paris gab es rund ein halbes Prozent Minus, in London ging es indes moderat nach oben. In den USA wurden zum Börsenschluss in Europa ebenfalls Gewinne verzeichnet. Der Dow Jones Industrial stieg am frühen Abend um 1,0 Prozent.
Die Währungshüter der Euroregion legten im Kampf gegen die weiterhin hohe Inflation mit einer achten Zinserhöhung in Folge nach. Der Leitzins wurde - wie mit großer Mehrheit erwartet - um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben. Allerdings rechnet die EZB zugleich in diesem Jahr mit einem etwas geringeren Wirtschaftswachstum und einer höheren Inflation als noch vor drei Monaten. Und laut Volkswirt Gebhard Stadler von der Bayern LB gab EZB-Präsidentin Christine Lagarde zudem bereits "klare Hinweise auf einen weiteren Zinsschritt im Juli". Für September, in Erwartung niedrigerer Inflationsprojektionen, sollte der Zinserhöhungspfad der EZB dann jedoch für beendet erklärt werden, ergänzte er.
Enttäuschende Daten aus der chinesischen Industrie hinterließen Spuren in den Aktienkursen exportlastiger deutscher Chemieunternehmen. Im Dax büßten BASF 1,0 Prozent ein und auch die Aktien des Chemikalienhändlers Brenntag gaben deutlich nach mit minus 1,8 Prozent. Für die Anteile von Lanxess und Evonik im MDax lagen die Abschläge bei etwas über 2 Prozent. Auch andere von der Weltwirtschaft besonders abhängige Sektoren wie etwa Rohstoffe und Metalle schwächelten, was sich in den Kursen von Stahlunternehmen wie Thyssenkrupp oder Salzgitter widerspiegelte.
Gewinnmitnahmen machten den Papieren von Hugo Boss trotz höher gesteckter Mittelfristziele zu schaffen. Da der Modekonzern das für 2025 angestrebte Umsatzziel bereits im laufenden Geschäftsjahr erreichen werde, sei mit einer Anhebung der mittelfristigen Ziele gerechnet worden, kommentierte DZ-Bank-Experte Thomas Maul. Die Boss-Aktien, die kurzzeitig knapp unter 71 Euro und damit auf den höchsten Stand seit August 2018 gestiegen waren, verloren letztlich 1,3 Prozent. Im bisherigen Jahresverlauf steht damit trotzdem noch ein Kursplus von fast 28 Prozent zu Buche.
Im SDax litten die Aktien von Atoss Software mit minus 3,5 Prozent unter dem Verkauf eines umfangreichen Aktienpakets. Dieses wird mit einem beträchtlichen Abschlag von fast 13 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittspreis der vergangenen sechs Monate an den US-Investor General Atlantic gehen. Dagegen schnellten die Papiere von Krones als Index-Spitzenreiter nach einer frisch ausgesprochenen Kaufempfehlung durch die Privatbank Hauck Aufhäuser IB um 4,6 Prozent hoch. Ihnen folgten unter anderem die Aktien des Bahntechnikunternehmens Vossloh mit plus 3,0 Prozent. Sie profitierten von angehobenen Jahreszielen für den Umsatz und den operativen Gewinn.
Der Euro stieg und wurde am frühen Abend mit 1,0932 US-Dollar gehandelt. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,0819 (Mittwoch: 1,0809) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9243 (0,9252) Euro. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,50 Prozent am Vortag auf 2,55 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,27 Prozent auf 124,61 Punkte. Der Bund-Future (September-Kontrakt) sank zuletzt um 0,27 Prozent auf 132,79 Punkte./ck/men
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx