BOLLEWICK (dpa-AFX) - Die Tourismusbranche in Mecklenburg-Vorpommern und Ostdeutschland muss sich für 2022 auf einen härteren Konkurrenzkampf einstellen. Zu diesem Fazit kommt das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (dwif München) in seinem aktuellen Tourismusbarometer im Auftrag des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, das am Donnerstag in Bollewick (Mecklenburgische Seenplatte) vorgestellt wurde. Gründe seien der Auslandstourismus, der wieder anziehen werde, sowie die durch Corona stark veränderte Geschäftsreise- und Veranstaltungsbranche, sagte dwif-Marktforschungsleiter Karsten Heinsohn. "Der Deutschlandtourismus ist kein Selbstläufer".
Hotels und Gastronomie müssten große Anstrengungen unternehmen, um den verschärften Fachkräftemangel durch Abwanderung in andere Branchen wieder zu lindern. So gab es im Mai 2021 knapp 14 Prozent weniger sozialversicherungspflichtige Jobs im MV-Gastgewerbe. Hier seien bessere Wohnmöglichkeiten für Beschäftigte wie auf den Inseln Usedom und Rügen, gefragt. Auch das Lohnniveau müsse steigen und Arbeitszeiten flexibler geregelt werden. Eine Verkäuferin in einem Supermarkt verdiene vielleicht etwas weniger, aber habe geregelte Arbeitszeiten.
Gute Aussichten auf Gästenachfrage hätten Tourismusbetriebe in Wassernähe. "Überall wo Wasser ist, da wollen die Leute hin", sagte Heinsohn. Das betreffe die Ostseeküste und Mecklenburgische Seenplatte besonders. Dort erwarteten Feriengäste aber auch hohe Qualität. Bei Vier- und Fünf-Sterne-Hotels habe MV die höchsten Durchschnittspreise. Diese liegen bei 178 Euro pro Zimmer, in Schleswig-Holstein bei 130 und in Nordrhein-Westfalen bei 100 Euro. So sei die Gästezufriedenheit in Mecklenburg-Vorpommern stark gesunken. Sehr stark bemängelt werde das Preis-Leistungs-Verhältnis in der Gastronomie.
Der sogenannte TrustScore als Zufriedenheitswert liege bundesweit bei 85, und damit 0,6 Punkte weniger als 2020. In Mecklenburg-Vorpommern liege dieser Wert bei 84,0 - 1,5 Punkteweniger als 2020. Der Rückgang liege zwischen 1,7 an der Ostseeküste und 0,7 in Westmecklenburg.
Nach Corona sei der Tourismusmarkt noch nicht wieder "in normalen Bahnen", erklärte Heinsohn. So würden Unternehmen Geschäftsreisen nicht wieder aufnehmen. Auch private Feiern liefen lange nicht so wie früher. Feriengäste erwarteten in Zukunft Konzepte, die Gefahren durch Viren ernst nähmen und berücksichtigen. Als Beispiel nannte das Tourismusbarometer das "Plante-C-Festival" in Lärz, wo am vergangenen Wochenende mehr als 10 000 Gäste zusammenkamen. Dort sei ein beispielhaftes Testkonzept angewandt worden.
Die Tourismus- und Freizeitbranche gehört mit Tausenden Arbeitsplätzen zu den größten Arbeitgebern im Nordosten. Noch sei aber nicht absehbar, ob es wirklich eine Pleitewelle in der Branche im Nordosten gibt, erklärte Heinsohn./ww/DP/jha
Quelle: dpa-Afx