HAMBURG (dpa-AFX) - Das neue Gesetz zum Ausbau der Windenergie auf Nord- und Ostsee gefährdet aus Sicht der Windenergiebranche die ehrgeizigen Ausbauziele der Bundesregierung. Konkret stoßen sich Branchenverbände daran, dass Projektierer künftig erst Geld auf den Tisch legen müssten, um überhaupt ein Offshore-Windenergieprojekt zu bauen. "Statt einem Zuschlag nach den niedrigsten Kosten erhält der Bieter den Zuschlag, der den höchsten Preis für die Nutzungsrechte der Fläche bezahlt", heißt es in der Halbjahresbilanz der Branche zum Ausbau der Offshore-Windenergie vom Dienstag.
Die Verbände sprechen von einer "zentralen Schwäche" des neuen Windenergie-auf-See-Gesetzes. Sie drohe, die Kosten zu erhöhen und das Erreichen der neuen Ausbauziele zu gefährden. Die Verbände fordern daher, das Gesetz nachzubessern und die so genannte Gebotskomponente "schnellstmöglich zu streichen oder wie in den Niederlanden zu deckeln". Stattdessen sollten Nachhaltigkeitskriterien im Vordergrund stehen.
Mit dem neuen Gesetz wurde das im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP formulierte Ziel festgeschrieben, die Leistung der auf See installierten Windkraftanlagen bis 2045 auf mindestens 70 Gigawatt (GW) auszubauen. Schon 2030 sollen mindestens 30 GW und 2035 mindestens 40 GW erreicht sein. Wind auf See ist neben Wind an Land und Solarenergie eine zentrale Säule beim Ausbau des Ökostroms.
Zum Vergleich: Aktuell sind 1501 Anlagen mit einer Leistung von knapp 7,8 GW in Betrieb, 6,7 GW davon in der Nordsee, weitere 1,1 GW in der Ostsee. Seit der zweiten Jahreshälfte 2020 war der Ausbau der Windkraft auf See erstmals seit vielen Jahren komplett zum Erliegen gekommen.
Mittlerweile ist der Ausbau wieder angelaufen, wie die Branchenverbände berichteten. Zwar seien im ersten Halbjahr noch keine neuen Offshore-Windenergieanlagen errichtet worden, aber es gebe mit den Projekten Kaskasi in der Nordsee und Arcadis Ost 1 in der Ostsee wieder Bauaktivitäten. Zudem wird nach einer Übersicht des unabhängigen Beratungsunternehmens Deutsche Windguard in einem weiteren Projekt in der Ostsee der Baubeginn in diesem Jahr erwartet./kf/DP/mis
Quelle: dpa-Afx