FRANKFURT (dpa-AFX) - Der am Wochenende deutlich verschärfte Konflikt zwischen Israel und Iran dürfte zumindest zum Beginn der neuen Woche die Stimmung am deutsche Aktienmarkt belasten. Die iranische Armee griff am Samstag israelische Ziele mit rund 300 Raketen und Drohnen an. Das israelische Militär wehrte nach eigenen Angaben die Attacke erfolgreich ab. Israel hatte Unterstützung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens. Mit einer militärischen Antwort Israels ist zu rechnen. Weltweit gab es Warnungen vor einer weiteren Eskalation des Konflikts.

Das Ausmaß der Belastung für den deutschen Aktienmarkt dürfte entscheidend davon abhängen, ob es bei zeitlich beschränkten Aktionen bleibt oder ob es zu einem Krieg zwischen Israel und Iran kommt. In diesen könnten dann weitere Länder des Nahen und Mittleren Ostens hineingezogen werden. Die Region ist insbesondere wegen ihres Ölreichtums von hoher Bedeutung für die Weltwirtschaft.

Der Konflikt ist geeignet, selbst das bisher am Aktienmarkt bestimmende Thema Zinsentwicklung zumindest vorübergehend in den Hintergrund zu drängen. Auch die Quartalsberichterstattungssaison, die mit der Zahlenvorlage mehrerer US-Banken am Freitag inoffiziell begonnen hat, könnte zunächst nicht die übliche große Rolle spielen.

Hinzu kommt, dass Börsenexperten nach dem starken ersten Quartal und einem bisher schwachen April ohnehin von einer vorerst launisch bleibenden Stimmung am Aktienmarkt ausgehen. Sie sehen den Dax daher weiter im Korrekturmodus. Die Optimisten unter ihnen sprachen am Freitag vor der Eskalation des Israel-Iran-Konflikts von einer "Schaukelbörse" und einer "Verschnaufpause". Einen raschen neuen Versuch des Dax , wieder in Richtung des nach Ostern erreichten Rekordhochs von 18 567 Punkten zu klettern, erwartete da so schnell schon niemand. Eine Kurskorrektur in Richtung 17 700 Punkte hielten Experten bei entsprechender Nachrichtenlage dagegen für durchaus möglich. Am Wochenende verfügbare Kursindikatoren zeigen, dass diese Prognose wohl zumindest zum Handelsstart der neuen Woche noch unterboten wird.

Ganz verschwinden dürften die Themen Zinsentwicklung und Quartalszahlen aber trotz des Konflikts nicht aus den Köpfen der Anleger. In den USA sind nach den März-Inflationsdaten, so glaubt zumindest Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets, "sowohl der Juni- als auch der Juli-Termin für eine Zinssenkung vom Tisch". Dies habe nur deshalb nicht zu einer größeren Talfahrt an den Börsen geführt, da die Mehrheit am Markt davon ausgehe, dass die US-Wirtschaft höhere Zinsen für einen längeren Zeitraum vertragen könne. "Nun muss die Berichtssaison zeigen, ob das auch für einzelne Unternehmen gilt".

Die Probe aufs Exempel lässt nicht mehr lange auf sich warten: Die US-Investmentbank Goldman Sachs legt am Montag Zahlen vor und Morgan Stanley , die Bank of America sowie das Pharma- und Konsumgüterunternehmen Johnson & Johnson am Dienstag.

In Europa wird der Auftakt von Chipindustrie-Ausrüster ASML am Mittwoch gemacht und hierzulande vom Dax-Konzern Sartorius . Der Pharma- und Laborausrüster will seine Quartalsbilanz am Donnerstag veröffentlichen. Zuvor berichtet am Dienstag der Konsumgüterhersteller Beiersdorf über seine Umsatzentwicklung. So richtig Fahrt aber nimmt die Berichtssaison erst in der darauf folgenden Woche auf. Das Enttäuschungspotenzial könnte dabei in den USA höher sein, denn während in der weltgrößten Volkswirtschaft die Messlatte hoch hängt, haben die Analysten in Europa ihre Erwartungen bereits etwas heruntergeschraubt, wie Analyst Frank Klumpp von der LBBW konstatiert.

Konjunkturseitig gilt in den USA in der neuen Woche vor allem den zu Wochenbeginn anstehenden Einzelhandelsdaten für März die Aufmerksamkeit. Es geht immerhin um die Frage, ob "der US-Verbraucher unverwüstlich ausgabefreudig" geblieben ist, wie Christian Apelt von Helaba schreibt. Er und Christoph Balz von der Commerzbank rechnen zwar nicht mehr mit demselben starken Anstieg wie zuvor, aber immerhin noch mit einem moderaten. Unter den weiteren wichtigen US-Daten rückt am Dienstag vor allem die Industrieproduktion in den Blick. Sollten beide Daten stärker als erwartet ausfallen, dürfte dies das derzeitige US-Zinsszenario "höhere Zinsen für längere Zeit" weiter anheizen, erwartet LBBW-Experte Klumpp.

Hierzulande könnten zuvor noch die ZEW-Konjunkturerwartungen bewegen. LBBW und Helaba rechnen nach zuletzt positiven Überraschungen bei den Frühindikatoren für die deutsche Wirtschaft und global mit einem leichten Anstieg. Der erwartete Konjunkturaufschwung scheine sich nun durchzusetzen, schreibt Helaba-Analyst Stefan Mütze. Der jüngste Anstieg der Produktion auch in der deutschen energieintensiven Industrie zeige, dass diese trotz der schwierigen Rahmenbedingungen konjunkturell nicht abgeschrieben werden sollte./ck/jsl/he/he

--- Von Claudia Müller und Stefan Heider, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx