FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt hat die Rekordparty erst einmal ein Ende gefunden. Nachdem der Leitindex Dax jüngst von Höchststand zu Höchststand geeilt war, hatten in der alten Woche Äußerungen eines US-Notenbankers den Zinssenkungshoffnungen der Anleger einen Dämpfer versetzt. Das Börsenbarometer hat sich mittlerweile ein Stück weit von dem am Dienstag nach Ostern bei gut 18 567 Punkten erreichten Rekordhoch entfernt. Auch in der neuen Woche könnte sich die Konsolidierung erst einmal fortsetzen.

Die jüngste Rally an den Aktienmärkten war maßgeblich getrieben von der Aussicht, dass sich die Notenbanken dank der deutlich gesunkenen Teuerung erlauben könnten, die Leitzinsen zu senken. Dadurch würden Kredite günstiger, was letztlich die Wirtschaft und den Konsum beleben sollte. Doch überraschend starke Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten aus den USA haben zuletzt am Markt Zweifel geweckt, dass die Inflation tatsächlich schon besiegt ist.

Das derzeit nicht stimmberechtigte Mitglied der US-Notenbank, Neel Kashkari, bestätigte die Befürchtungen der Anleger. Seiner Meinung nach könnte es im laufenden Jahr womöglich keine Zinssenkung geben, falls die Inflation hoch und das Wachstum robust blieben.

"Die Korrektur am Aktienmarkt hat sich schon nach dem Osterwochenende angekündigt, nur da wurde noch nach den entsprechenden Nachrichten gesucht", schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Handelshaus Robomarkets. Jetzt also scheinen die Anleger einen Grund dafür gefunden zu haben, erst einmal Gewinne mitzunehmen.

Die nächste kurzfristige Unterstützung im Dax wartet jetzt laut Molnar bei 18 039 Punkten - der Bestmarke, bevor die Aufwärtsbewegung noch einmal an Dynamik gewann und den Dax über 18 500 Zähler führte.

Etwas weiter unten, bei rund 17 200 Punkten, ist Molnar zufolge dann eine sogenannte Kurslücke offen im Dax, die oftmals geschlossen würden. Aber auch in diesem Fall wäre der Bullenmarkt noch nicht zu Ende, sondern er hätte nur mal eine gesunde Pause erlebt.

Weiteren Aufschluss darüber, wie sich die Inflation in den USA entwickelt, geben am Mittwoch die US-Verbraucherpreise für März. Ansonsten richtet sich die Hoffnung der Anleger auf die Europäische Zentralbank (EZB), die am Donnerstag ihre geldpolitischen Entscheidungen bekannt geben wird.

Die EZB dürfte die Zinsen wohl noch einmal unverändert lassen, schrieb Volkswirt Marco Wagner von der Commerzbank. Die Notenbanker werden seiner Meinung nach weitere Daten zur Lohnentwicklung und die neuen gesamtwirtschaftlichen Projektionen abwarten, die zur Juni-Sitzung vorliegen werden. Zudem dürfte es weitere verbale Hinweise auf die bald anstehende Zinswende geben.

Aktuell wird am Markt mit einem ersten Zinsschritt der Europäischen Zentralbank im Juni gerechnet. "Eine Zinssenkung ist überfällig, sollte diese nicht kommen, so wären die Marktteilnehmer enttäuscht", mahnte Maik Bolsmann, geschäftsführender Gesellschafter des unabhängigen Vermögensverwalters B&K Vermögen.

Trotz des jüngsten Rücksetzers bewegen sich die Aktienmärkte aber immer noch auf hohen Kurs- und Bewertungsniveaus. Ob diese gerechtfertigt sind, dürften die Anleger aber wohl erst anhand der nun anstehenden Berichtssaison der Unternehmen zum ersten Quartal beurteilen, hieß es von der Landesbank Baden-Württemberg. Den inoffiziellen Startschuss hierfür liefern demnach die Zahlen der US-Großbanken ab Ende der neuen Woche.

Vor diesem Hintergrund sind die Experten der DZ Bank weiter zuversichtlich: "Wir stufen die anstehende Berichtssaison für das erste Quartal 2024 als positiven Treiber für die zurückliegende und weitere Aktienmarktentwicklung ein." Damit hoffen sie, dass die Unternehmen die rasant gestiegenen Zinsen insgesamt gut verkraftet haben. Hierzulande präsentiert der Spezialverpackungshersteller Gerresheimer bereits am Donnerstag seine Geschäftszahlen./la/ajx/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx