Trotz Freigabe durch die EZB wendet sich Angreifer Unicredit erst einmal einem anderen Deal zu. Die erste Runde im Übernahmekampf geht klar an Commerzbank-CEO Bettina Orlopp. Sind jetzt über 50 Prozent Kurschance bei der Aktie drin?

And the winner is? Bei der Übernahmeschlacht um die Commerzbank geht zumindest die erste Runde klar an die gelbe Bank und deren Chefin Bettina Orlopp, die erst seit Oktober 2024 im Amt ist. Und auch die Aktionäre der Bank mit Hauptsitz in Frankfurt haben von Orlopps Einsatz profitiert. Die Aktie ist gestiegen und der Angreifer, die italienische Großbank Unicredit, hat die Ambitionen erst einmal auf Eis gelegt, und zwar just in dem Moment, in dem die Europäische Zentralbank (EZB) eigentlich grünes Licht für eine Aufstockung der Beteiligung auf über zehn Prozent gegeben hatte.

Gerüchten zufolge schielte Unicredit schon lange auf die Commerzbank. Durch den Kauf einer Beteiligung des Bundes bauten die Italiener im September 2024 relativ schnell einen Anteil von knapp unter zehn Prozent auf, die Grenze, die ohne EZB-Zustimmung nicht überschritten werden durfte. Aber hinter den Kulissen baute Unicredit die Beteiligung über Derivate weiter aus. Inklusive dieser Finanzvehikel kontrollierten die Italiener um 28 Prozent der Anteile und dürften ohne Übernahmeangebot auf 30 Prozent aufstocken. Weil ein fusionierter Konzern wohl keine marktbeherrschende Stellung in Deutschland haben würde, war hier nicht mit Gegenwind zu rechnen.

Commerzbank (WKN: CBK100)

Commerzbank-Aktie: Kursziel 30 Euro

Dass sich Unicredit-Firmenchef Andrea Orcel zunächst dem heimischen Deal mit Banco BPM zuwendet, liegt maßgeblich am Engagement von Orlopp und ihrem Verteidigungsteam. Sie haben sich darauf konzentriert, womit Unicredit bei einer erfolgreichen Übernahme punkten wollte. Die Aktie von Commerzbank notierte beim Einstieg von Unicredit meilenweit unter ihrem Buchwert von geschätzt rund 26 Euro pro Aktie. Wären die Italiener zu so tiefen Notierungen zum Zug gekommen, wäre ein riesiger bilanzieller sogenannter Badwill entstanden: Unicredit hätte einen Milliardengewinn verbuchen können. Dass die Commerzbank so stark unter Buchwert notierte, lag vor allem an der gemessen am Eigenkapital geringen Profitabilität, an einer zu hohen Kostenquote. Diese Punkte hat Orlopp mit dem Strategieprogramm 2028 adressiert. Die Kosten sollen runter, die Eigenkapitalrendite auf 15 Prozent steigen. Eine weitere Maßnahme ist, dass die Bank eigene Aktien im nennenswerten Umfang zurückkauft, was den Buchwertabschlag verringert und Werte schafft.

Für Bank-Analysten ist nun klar: Sollte die Commerzbank deutlich zweistellige Eigenkapitalrenditen schaffen, muss die Aktie auch weit über Buchwert notieren. Zuletzt hat der Wert trotz des jüngsten marktbedingten Rückschlags den Buchwertabschlag verringert. Und sie ist damit für Unicredit erst einmal kein Schnäppchen mehr. Weil Orlopps Renditeplan aber Kurse von mehr als 30 Euro erreichbar macht, bleibt die Aktie für Privatanleger langfristig attraktiv.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Die finden Sie hier

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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.