Adidas-Boss Kasper Rorsted ist ein zurückhaltender Mann. Aber am Donnerstag wollte der Däne auf Nummer sicher gehen. Man habe "ein weiteres starkes Quartal" abgeliefert, erklärte Rorsted zu Anfang der Telefon-Konferenz mit Journalisten, während des Calls und am Ende sicherheitshalber gleich noch mal.
Dabei hätten die Zahlen aus dem Frankenland auch ganz ohne Hinweise aus der Chefetage gestrahlt. Von April bis Juni legte der Umsatz währungsbereinigt um zehn Prozent auf 5,26 Milliarden Euro zu, das operative Ergebnis stieg um 17,2 Prozent auf 592 Millionen und der Überschuss aus dem fortgeführten Geschäft zog gar um 20,5 Prozent auf 418 Millionen an. Damit toppten die Franken die Analysten-Erwartungen locker.
Vor allem in den Wachstumsmärkten Nordamerika und in China räumt der Konzern derzeit ordentlich ab. Mit einem Umsatzanstieg von knapp 17 Prozent auf 3,58 Milliarden Euro ist die Region Asien-Pazifik schon jetzt die Nummer 1 im weiten Adidas-Reich. Dazu steigt das margenstarke Geschäft im hauseigenen Web-Shop rasant.
Damit hat der Konzern das schwache Abschneiden der Adidas-Teams bei der Fußball-WM in Russland unerwartet gut weggesteckt. Immerhin zwölf Teams waren in Moskau, St. Petersburg oder Sotschi mit dem Adidas-Logo auf der Brust aufgelaufen, darunter die deutsche Nationalmannschaft, Argentinien und Spanien. Doch im Halbfinale war nur noch Belgien dabei. Das Hauptgeschäft mit Trikots oder Bällen laufe im Vorfeld der WM, sagte Rorsted tiefen-entspannt. Das Abschneiden der Teams in Russland habe sich daher "marginal bis gar nicht" auf den Umsatz ausgewirkt. Insgesamt habe man rund um die WM über acht Millionen Trikots verkauft und damit mehr als je zuvor.
Millionen-Abschreibung auf Reebok
Nur bei der krisengeschüttelten US-Tochter Reebok bleibt die Nachrichtenlage etwas angespannt. Der Umsatz gab um weitere drei Prozent nach. Dazu musste der Konzern nach einer Ermahnung durch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) von Reebok für das Jahr 2016 den Markenwert um 475 Millionen Euro abschreiben.
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Einschätzung der Redaktion
Adidas hat die Prognosen der Analysten fürs zweite Quartal deutlich übertroffen. Beim währungsbereinigten Umsatzplus haben die Auguren dem Konzern ein Plus von acht Prozent zugetraut, Adidas hat zehn Prozent geliefert. Beim operativen Ergebnis lagen die Franken mit 592 Millionen Euro ebenfalls klar über den Konsens-Schätzungen von 542 Millionen.
Vor allem in China profitiert der Konzern von seinem zuletzt deutlich aufgebohrten Image. Aber Rorsted hat der Marke nach seiner Berufung an die Konzernspitze eine ordentliche Verjüngungskur verordnet. Wer daran noch Zweifel hegt, muss am Wochenende nur mal auf den Fußball-Plätzen der Republik vorbeischauen. In der Gunst der Kids hat Adidas gegenüber Nike ganz erheblich Boden gut gemacht und dem Erzrivalen zuletzt sogar den Rang abgelaufen.
Dazu hat Rorsted den Konflikt mit den Einzelhändlern nicht gescheut und den Direkt-Verkauf über eigene Shops sowie das Internet kräftig angekurbelt. Das zahlt sich nun aus. Alleine im zweiten Quartal kletterten die Erlöse um satte 26 Prozent. Zudem widersteht der Konzern der Versuchung, mit Rabatten den Einzelhandel weiter zu reizen und zugleich auf Marge zu verzichten, lobt UBS-Analyst Fred Speirs in einer aktuellen Studie.
Zwar ist die rückwirkende Abschreibung auf den Firmenwert im Volumen von 475 Millionen Euro von Reebok ärgerlich. Zudem bleibt die US-Tochter ein Sanierungsfall. Doch mit der neuen Markenbotschafterin Victoria Beckham hellen sich die Aussichten, dass die Marke wieder trendy wird, weiter auf. Ohnehin spielt die Marke schon wegen ihres Umsatzanteils von rund 8,5 Prozent nur eine sehr untergeordnete Rolle für die Entwicklung des Konzerns.
Adidas hat nach dem ersten Halbjahr eine operative Marge von 12,4 (Vorjahrszeitraum: 10,9) Prozent eingefahren. Der Gewinn im fortgeführten Geschäft legte um 19 Prozent auf 960 Millionen Euro zu. Fürs Gesamtjahr peilt der Konzern bislang eine operative Marge von 10,3 bis 10,5 (Vj. 9,8) Prozent an. Der Umsatz soll um 13 bis 17 Prozent auf 1,615 und 1,675 Milliarden Euro steigen.
Kein Wunder, dass Analysten die Prognosen für konservativ halten. Das tun wir auch. Charttechnisch nimmt das Papier nach den Q2-Zahlen nun wieder Kurs Richtung Allzeithoch bei 215,50. Fällt die Marke, ist der Weg nach oben frei. Wir ziehen den Stopp nach, bleiben aber bei unserer Einschätzung: Kaufen.
Kursziel: 250 Euro
Stopp: 180 Euro