Die ganze Welt ist auf der Jagd nach Atemschutzmasken. Vor allem sogenannte FFP2- und FFP3-Produkte sind Mangelware. Die Kürzel stehen für "Filtering Face Piece". Bei der Behandlung von Corona-Patienten ist das Tragen dieser Art von Masken vorgeschrieben. Die Aktienkurse von Herstellern wie Drägerwerk explodierten an der Börse förmlich. Jetzt drängen neue Spieler auf den Markt. Für die einen ist es ein ernst zu nehmender Geschäftszweig, für andere erfüllt die Produktion einen gesellschaftlichen Zweck - oder dient lediglich als Marketinggag.

Primus bei der Produktion ist wieder einmal das Reich der Mitte: Zum einen liegt das daran, dass das neuartige Virus in China zum ersten Mal auftrat, zum anderen daran, dass das Tragen von Mundschutz dort alltäglich ist. Viele ausländische Unternehmen haben ihre Produktion nach China ausgelagert. Die Firmen sind flexibler, auch weil die Politik mit Garantien und Zuschüssen lockt.

Beispiel BYD: Eigentlich produziert das Unternehmen vornehmlich Elektroautos. Bei batteriebetriebenen Vehikeln ist es die Nummer 1 im Land. 2019 verkaufte BYD rund 230 000 Elektrofahrzeuge - mehr als der US-amerikanische Wettbewerber Tesla. Allerdings stagnierte der Umsatz bei 15 Milliarden Euro, der Gewinn sank sogar um 42 Prozent auf umgerechnet rund 220 Millionen Euro. Grund waren vor allem gekürzte Subventionen für Elektroautos.

Seit Mitte März hat das Unternehmen ein weiteres Standbein, stieg es doch binnen Kurzem zu einem der weltweit größten Hersteller von Atemschutzmasken auf. Mehr als fünf Millionen Stück produziert BYD - täglich. Ein lohnendes Geschäft: Ein chinesischer Makler sagte der "FAZ", die Masken aus China würden lediglich noch gegen Vorkasse und zu hohen Preisen verkauft.

Die BYD-Aktie hat zuletzt einen Boden gefunden und könnte mittelfristig zu den Gewinnern der Krise gehören. Im Segment mit batteriebetriebenen Autos sind die Chinesen gut aufgestellt. Anders als Tesla verkaufen sie diese zu niedrigeren Preisen. Sollten die Konsumenten zurückkommen, könnte das ein Vorteil sein.

Unverhoffte Aufträge

Einer der großen Hersteller für Atemschutzmasken und Beatmungsgeräte in Deutschland ist Drägerwerk. In wenigen Tagen verdoppelte sich der Kurs der Aktie, Grund waren zwei Großaufträge. Die Bundesregierung bestellte 10 000 Beatmungs- geräte bei den Norddeutschen, zudem liefern sie Schutzausrüstung für Krankenhauspersonal. Auch in den USA läuft es (zumindest in der Medizintechniksparte) rund: Vom dortigen Gesundheitsministerium flatterte ein Auftrag für Atemschutzmasken im höheren zweistelligen Millionenbereich ins Haus. Eigens dafür errichtet Dräger eine Produktionsstätte in den USA.

Allein in der Medizintechnik lagen die Aufträge für das erste Quartal 2020 bei 1,043 Milliarden Euro - ein Plus von 179 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Al- lerdings ist der Kurs schon weit nach oben gelaufen. Genussscheine der Serie D will das Familienunternehmen, wie es kürzlich bekannt gab, kündigen. Der Kurs sprang daraufhin um 85 Prozent nach oben. Aktuell hat Dräger zwei weitere ungekündigte Genüsse: die der Serie A (WKN: 555 065) und die der Serie K (WKN: 555 067). Gut möglich, dass auch diese gekündigt werden und der Kurs noch mal anzieht. Achtung: Die Scheine sind illiquide.

Vom US-amerikanischen Konzern 3M kennt man vor allem die gelben Post-it-Klebezettel. Daneben ist der Mischkonzern einer der weltweit größten Hersteller von Atemschutzmasken. Mit der Produktion hinken die Vereinigten Staaten weit hinterher. Anfang des Jahres stellten sie fest, dass lediglich 35 Millionen Atemmasken vorrätig sind, im Falle einer Pandemie wie Covid-19 jedoch 3,5 Milliarden Stück benötigt werden.

Auch deswegen steigerte 3M drastisch die weltweite Produktion sogenannter N95-Masken, die dem FFP2-Standard entsprechen. Zu Beginn des Jahres wurde die Produktion von 400 Millionen auf 1,1 Mil- liarden Exemplare erhöht. Ende März steigerte der Konzern die Kapazität dann noch einmal auf zwei Milliarden Stück pro Jahr. Analysten gehen davon aus, dass die Ausweitung 2020 für einen kleinen Umsatzschub sorgen könnte. Durch die starke Nachfrage könnten die Maskenerlöse um 300 Millionen Dollar steigen und sich damit mehr als verdoppeln.

Im Vergleich zum Gesamtumsatz von 35 Milliarden Dollar ist der Anteil jedoch immer noch gering. Allerdings hat die Krise dem Konzern einen hohen Imagegewinn gebracht. Das könnte sich auf andere Produkte positiv auswirken. Auf Anordnung von US-Präsident Donald Trump ist der Konzern bereit, mehr Masken und Atemgeräte für die USA zu produzieren, stellte jedoch auch klar, dass es wirtschaftlich nicht sinnvoll sei, andere Länder nicht mehr zu beliefern, wie von Trump gefordert. Schließlich stellt 3M die Produkte nicht nur in den USA, sondern weltweit her. Sanktionen dieser Art könnten zu Vergeltungsmaßnahmen führen, zudem könnte man aus humanitären Gründen nicht lediglich an das eigene Land liefern. Kräftig ist der Aktienkurs unter die Räder gekommen, mehrmals verpasste 3M die Gewinnerwartungen. Ein Boden könnte jetzt erreicht sein, Anleger bauen erste Positionen auf.

Selbst der deutsche Autobauer BMW stellte die Produktion von Schutzmasken über einen Zulieferer in Aussicht. Anders als BYD in China wollen die Bayern klein anfangen. Ab April könnten im Werk in Wackersdorf 300 000 Masken pro Tag hergestellt werden, zunächst für eigenes Personal und die Zulieferer.

Einen Schritt weiter geht Apple: Aus seiner Lieferkette besorgte der Technologiekonzern 20 Millionen Masken, besser gesagt Gesichtsschilder, und spendet diese für medizinisches Personal. Auf das Ergebnis des Technologieriesen wird das keine größere Auswirkung haben, wichtig ist aber, dass Apple vor der Einführung neuer iPhone-Modelle stark auf die Corona-Krise reagiert. Wir bleiben bei unserer positiven Einschätzung.