Das Plus verdankt der Dax-Konzern maßgeblich seinem Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherung. Das operative Ergebnis verbesserte sich mit 4,1 Milliarden Euro um 9,3 Prozent. In dem Geschäftsbereich zahlt sich die Umstellung auf Policen aus, die keine festen Zinsgarantien haben, sondern an die Renditen auf den Finanzmärkten gekoppelt sind. Dank der neuen Produkte ist es gelungen, die Neugeschäftsmarge von 2,2 auf 2,7 Prozent zu steigern. Wichtiger aber ist, ohne feste Zinszusagen kann das eingesammelte Kapital flexibler und damit gewinnbringender am Kapitalmarkt angelegt werden.
Anders sieht es bei den Schadens- und Unfallversicherungen aus. Im zweiten Halbjahr profitierte das Geschäft mit Unwetterschutz zwar von weniger Naturkatastrophen, dennoch sank das operative Ergebnis um 4,2 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro. Grund: angesichts des Null-Zins-Umfelds ist es auf den Kapitalmärkten schwer Gewinne zu machen. Auch die Vermögensverwaltung der Allianz hat mit diesem Problem zu kämpfen. Weil die Erträge aus dem für Dritte angelegte Vermögen sanken, gingen auch die Verwaltungsmargen zurück.
Beide Segmente zeigen wie richtig Bäte liegt, wenn er in Kosteneinsparungen nicht den Heilsbringer für die Allianz sieht. Sowohl bei den Sachversicherungen wie auch in der Vermögensverwaltung wurde weniger ausgegeben als im Vorjahr. Die sinkenden Einnahmen konnten die Sparanstrengungen allerdings nicht kompensieren. Dass es dem Versicherer dennoch gelingt, den Jahresüberschuss um vier Prozent auf 6,9 Milliarden Euro zu steigern, liegt an Unternehmensverkäufen, sinkenden Abschreibungen und einem positiven Steuereffekt aus der Veräußerung des koreanischen Versicherungsgeschäftes. Das Gewinnplus von 263 Millionen Euro stammt damit zu fast zwei Dritteln aus dem Finanzergebnis und nicht dem operativen Geschäft.
Dennoch jubilieren die Aktionäre. Seit dem Vortag stieg die Aktie um fast 3,5 Prozent. Grund: Bäte bringt Geschenke. Die Ausschüttung wird um 4,1 Prozent auf 7,60 Euro angehoben, die Allianz kommt damit aktuell auf eine Dividendenrendite von rund 4,7 Prozent. Weil der Versicherer sein Übernahmebudget in den vergangenen drei Jahren zudem nicht ausgeschöpfte, wird das Geld für einen drei Milliarden Euro schweren Aktienrückkauf verwendet. Weil die Aktien nach dem Kauf eingezogen werden, sinkt die Zahl der Papiere, womit der auf jeden Allianztitel entfallende Gewinn steigt. Dieser Effekt allein soll den Gewinn je Aktie in diesem Jahr um 4 Prozent erhöhen.
Eine Verbesserung im operativen Geschäft sind beide Maßnahmen jedoch nicht. Bäte, der als Freund klarer Worte gilt, bringt das Problem der Versicherer auf den Punkt. "Unsere Branche wächst nicht", so der 51jährige. Um der Börse eine nachhaltige Wachstumsperspektive zu bieten, machte der Rheinländer im vergangenen Jahr deutlich dass der Konzern zukaufen will. Trotz zahlreicher Spekulationen um die Übernahme der australischen QBE oder den Kauf von Teilen der italienischen Generali, kam es bisher zu keiner größeren Akquisition.
Nun nimmt Bäte auch noch Abschied von der Strategie seines Vorgängers jedes Jahr ein Fünftel des Gewinns für Firmenkäufe zu reservieren. In Zukunft soll die Hälfte des Jahresüberschuss als Dividende ausgeschüttet und die andere Hälfte flexibel für Übernahmen, Zusatzausschüttungen oder Aktienrückkäufe verwendet werden. Die Folgen fehlender Übernahmen sind bereits in diesem Jahr abzulesen. Der operative Gewinn wird bestenfalls um 500 Millionen Euro steigen, könnte aber auch um denselben Betrag sinken. In der Mitter seiner Prognose rechnet die Allianz daher, mit einem stagnierenden operativen Gewinn von 10,8 Milliarden Euro. Doch trotz unverändert schwieriger Geschäfte für den Versicherer, kann die Allianz auch positives vermelden.
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Einschätzung der Redaktion
Gleich auf drei Problemfeldern konnte die Allianz 2016 Fortschritte erzielen. Bei dem Vermögensverwalter Pimco fließt kein Geld mehr ab, stattdessen kann die Konzerntochter wieder frisches Anlegergeld anziehen. Auch das Geschäft mit Sachversicherungen sieht auf den zweiten Blick operativ deutlich besser aus. Bereinigt um Wechselkurseffekte legte der Umsatz in der Sparte um 3,1 Prozent zu. Mit dem Verkauf der koreanischen Versicherungstochter hat die Allianz zudem einen großen Verlustbringer aus dem Portfolio der Lebens- und Krankenversicherungen abgestoßen. In 2017 wird das Geschäft die Sparte damit nicht mehr belasten. Bereinigt um die Verkaufskosten für die Asiaten wäre das Gesamtergebnis bereits in diesem Jahr um 454 Millionen Euro besser ausgefallen.
Gleichzeitig sind Übernahmen trotz der Kehrtwende in der Ausschüttungspolitik noch nicht von der Agenda. Letztlich hat sich Bäte nun sogar mehr Spielraum verschafft, da er jetzt mehr als ein Fünftel des Gewinns pro Jahr in die Kriegskasse stecken kann. Ob es in 2017 zu einer Übernahme kommt, ist allerdings keine ausgemachte Sache. Auf der heutigen Bilanzpressekonferenz machte Bäte erneut klar, dass er "nicht krampfhaft" nach Übernahmezielen suche.
Für ihn muss der Preis stimmen und das Kaufziel sich auch übernehmen lassen wollen. Weil das Nullzins-Umfeld das Leben der Versicherer erschwert, wird in der Branche bereits seit längerem mit einer Konsolidierungswelle gerechnet. Das wiederum treibt die Preise möglicher Kaufkandidaten. Kauf um jeden Preis will Bäte daher nicht, wenn das Ziel allerdings zur Markführerschaft in einer Produktgruppe oder einer Region führt, wäre Bäte dennoch bereit eine Prämie für das Objekt der Begierde zu zahlen.
Insgesamt hat der Konzern damit drei Hebel, mit denen er sein Ziel, den Gewinn je Aktie dieses und im kommenden Jahr um fünf Prozent zu steigern, in der Hand. Da wäre zum einen das Versprechen, die Dividende mindestens stabil zu halten und stets die Hälfte des Gewinns auszuschütten. Aktienrückkäufe sind eine weiterer Weg den Ertrag je Anteilsschein zu steigern, während eine größere Übernahme positiv auf den Umsatz wirken würde. Angesichts der guten Kapitalausstattung der Allianz schließen sich die drei Maßnahmen dabei gegenseitig nicht aus.
Gleichzeitig treibt Bäte, der gerne auch mal in Turnschuhen den Hippster der Branche mimt, den Umbau des Konzerns zu einen digitalen Unternehmen voran. Auch wenn das nicht allen im Unternehmen schmeckt und zu Ränkespielen wie der Firmenjet-Affäre führt, angesichts steigender Margen und sinkender Kosten ist das Programm bisher ein Erfolg.
Trotz der hohen Bewertung und operativ schwierigen Aussichten, bleibt der Konzern ein Basisinvestment für langfristige Anleger. Dividende und Ergebnis je Aktie dürften auch bei einem Umsatzrückgang und nur stagnierendem operativen Gewinn steigen. Die Spekulationen um eine Übernahme verleihen zusätzlich Fantasie. Allerdings gerät die Allianz hier zunehmend unter Zeitdruck. Den Beweis, dass der Konzern auch aus eigener Kraft die Umsätze steigern kann, hat Bäte noch nicht geliefert. Angesichts der steigenden regulatorischen Anforderungen und sinkenden Margen, sehen viele Beobachter nur in einem Zukauf die Möglichkeit, dass die Kosten durch Skaleneffekte schneller fallen als die Einnahmen.
Gelingt daher keine Akquisition und bleibt es bei im besten Fall stabilen operativen Erträgen, wird die Substanz für steigende Dividenden und Aktienrückkäufe auf lange Sicht abschmelzen. Können die Einnahmen und Margen bis dahin nicht wieder organisch zulegen, dürften auch Aktionärsgeschenke den Kurs nicht mehr stützen. Bis zu diesem Punkt dürfte es angesichts des Milliardenschweren Cashpolsters allerdings noch ein wenig dauern.
Nach dem Kurssprung scheinen die positiven Effekte aus dem aktuellen Aktienrückkauf und der hohen Dividendenrendite daher weitgehend eingepreist. Auch wenn die Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 10 günstig erscheint, trauen wir dem Kurs daher vorerst nicht mehr viel zu. Neuen Schub dürfte das Papier erst bekommen, wenn die nächsten Übernahmespekulationen aufflammen. Halten
Kursziel: 167,00 Euro
Stoppkurs: 130,00 Euro