Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte ist damit endlich der erhoffte größere Zukauf gelungen. "Akquisitionen sind extrem schwierig, weil die Märkte auf der Aktienseite überbewertet sind", sagte er. "Einfach mal Geld auf den Tisch legen, um Umsatz zu kaufen, das wird die Allianz nicht tun. Wir haben nicht die Notwendigkeit, unbedingt Geld ausgeben zu müssen." Im laufenden Umbruch in der Versicherungswirtschaft gehe es darum, führende Positionen in einzelnen Märkten zu erreichen, um Größenvorteile zu nutzen, sagte Bäte.
Aus der Direktversicherung in Großbritannien hatte sich die Allianz erst im vergangenen Jahr zurückgezogen, weil sie dort nicht auf genügend Marktanteil kam. Seither ist sie nur noch im Makler- und Großkundengeschäft aktiv.
LV= braucht frisches Kapital, weil der 174 Jahre alte Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) seinen Kunden gehört und diese nicht einfach anzapfen kann. Bäte sagte, der Einstieg bei LV= könne zum Muster für andere Übernahmen werden. Auch in Deutschland gibt es viele VVaGs. "Ich glaube, dass sich die Welt sehr verändern wird. Wir freuen uns sehr, sie zu unterstützen."
Die Allianz übernimmt zunächst für 500 Millionen Pfund 49 Prozent an einem gemeinsamen Unternehmen, in das LV= seine Sach-Sparte einbringt. Ende 2019 gehen weitere 20,9 Prozent für 213 Millionen Pfund an die Allianz. Geführt wird das Geschäft aber unter der eingeführten Marke LV=. In der Lebensversicherung bleibt LV= eigenständig, stützt sich in der Kapitalanlage und der Rückversicherung aber künftig auf die Allianz.
Bei Experten stieß die Transaktion auf gemischte Resonanz. Die Analysten von Bernstein schrieben, die Allianz sei damit in Großbritannien immer noch weit davon entfernt, Bätes Ziel eines Gewinns von einer Milliarde Euro im Jahr zu erreichen. Laut Keefe, Bruyette & Woods könne die Allianz durch den Zukauf zusätzlich mit rund 125 Millionen Euro Gewinn im Jahr rechnen.
STELLENABBAU IST DAUERTHEMA
Konzernweit hat die Allianz im ersten Halbjahr den Gewinn um 18 Prozent auf 3,81 Milliarden Euro ausgebaut. "Alle Segmente sind in den ersten sechs Monaten wirklich hervorragend gelaufen", zog er eine positive Zwischenbilanz seines Umbauprogramms. Um die angepeilte Steigerung der Produktivität um eine Milliarde Euro zu erreichen, will er im nächsten Jahr die Zügel anziehen. "Wir müssen die Mitarbeiter stärker motivieren, Veränderungen voranzutreiben. Da geht viel Energie in dieses Programm." Groß angelegte Abbauprogramme seien out, Stellenabbau sei vielmehr ein Dauerthema. "Wir werden permanent optimieren, das geht nicht mehr weg. Das wird die nächsten Jahre so weitergehen."
Die US-Vermögensverwaltungs-Tochter Pimco hat den Umbruch schon hinter sich. Drei Jahre lang hatten die Kunden dort mehr Geld abgezogen als neu angelegt, dauernder Führungsstreit und der turbulente Abgang von Firmengründer Bill Gross hatten Pimco gelähmt. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Kalifornier mehr als 70 Milliarden Euro Nettomittelzuflüsse, im zweiten Quartal kam so viel frisches Geld herein wie nie. Zugleich wurden die Kosten gesenkt. "Wir sind der Meinung, Pimco ist genesen", sagte Bäte. Pimco und die kleinere Schwester Allianz Global Investors verwalten nun zusammen 1,91 Billionen Euro, 500 Milliarden davon für die Allianz selbst.
rtr