Starkes Umsatzwachstum, Rekordgewinn, solide Cloud-Zahlen – und dennoch fällt die Amazon-Aktie nach Bilanzvorlage. Anleger verunsichern die hohen KI-Ausgaben.
Nicht alle Big-Tech-Aktien reagieren positiv auf die Vorlage neuer Zahlenwerke. Nachdem gestern Meta und Microsoft für ihre neuen Quartalsbilanzen von der Börse gefeiert wurden, fiel Amazon zumindest im nchbörslichen Handel nach Bilanzvorlage bei Aktionären durch.
Einen fundamentalen Grund dafür liefert die Geschäftsbilanz für das abgelaufene zweite Quartal zumindest nicht – im Gegenteil. Amazon hat für den Dreimonatszeitraum von Anfang April bis Ende Juni ein starkes Zahlenwerk vorgelegt – fast nach jeder Metrik besser als von Analysten erwartet.
Amazon verbucht beschleunigtes Umsatzwachstum
Mit einem Umsatz von 167,7 Milliarden Dollar im zweiten Quartal hat Amazon nicht nur ein Wachstum von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum erzielt, sondern auch die Erwartungen der Wall Street klar geschlagen. Analysten hatten mit durchschnittlich 162,1 Milliarden Dollar gerechnet – Amazon übertraf diesen Konsens damit um über 5 Milliarden Dollar.
Damit gelingt dem Konzern eine spürbare Beschleunigung: Im Vorjahresquartal lag das Wachstum noch bei 10 Prozent, nun zieht die Wachstumsrate erstmals seit mehreren Quartalen wieder an. Ohne Währungseffekte hätte das Plus immerhin noch bei 12 Prozent gelegen.
Nettogewinn auf Rekordniveau – Gewinn je Aktie übertrifft Erwartungen deutlich
Auch unter dem Strich lieferte Amazon ein beeindruckendes Ergebnis: Der Nettogewinn kletterte im zweiten Quartal 2025 auf 18,2 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 13,5 Milliarden.
Es ist das zehnte Quartal in Folge, in dem der Tech-Riese die Analystenschätzungen beim Gewinn je Aktie übertrifft. Der Gewinn pro Aktie (EPS) lag mit 1,68 Dollar deutlich über dem Marktkonsens von 1,33 Dollar.
Cloud stabil, Werbung stark – aber keine Glanzlichter
Mit einem Umsatz von 30,87 Milliarden Dollar und einem Wachstum von 17,5 Prozent bleibt Amazon Web Services (AWS) weiter der Ertragsanker, konnte die Analystenschätzungen von 30,8 Milliarden Dollar allerdings nur marginal schlagen.
Allerdings reichte das solide Wachstum nicht aus, um gegenüber den deutlich dynamischeren Entwicklungen bei Microsoft Azure (+ 22 Prozent) oder Google Cloud (+27 Prozent) zu glänzen. Das operative Ergebnis des Cloud-Geschäfts kletterte auf über 10,2 Milliarden Dollar.
Die Werbesparte indes überzeugte mit einem Umsatz von 15,7 Milliarden Dollar – deutlich über den Erwartungen der Wall Street, die noch bei 14,9 Milliarden Dollar gelegen hatten.
Massive KI-Investitionen
Doch der Druck der Wall Street ist gestiegen, zumal Amazon wie andere Big-Tech-Unternehmen massiv investiert, wie der starke Rückgang des freien Cashflows dokumentiert. Mit nur noch 18,2 Milliarden Dollar im vergangenen Zwölfmonatszeitraum liegt dieser auf dem tiefsten Niveau seit zwei Jahren – nach 53 Milliarden Dollar im Vorjahr. Die Erklärung: Amazon investiert massiv, besonders in neue Rechenzentren, KI-Infrastruktur und robotergestützte Logistik.
In den vergangenen Monaten hat der US-Konzern nicht nur die KI-Entwicklungsumgebung Kiro vorgestellt und neue Sprachmodelle in Bedrock integriert, sondern auch DeepFleet, ein KI-System zur Optimierung von Robotern, sowie Vulcan, den ersten Roboter mit Seh- und Tastsinn, vorgestellt. Zudem fließt viel Kapital in die weltweite Cloud-Expansion, etwa in Saudi-Arabien, Korea, Australien oder Pennsylvania.
Jassy bleibt KI-optimistisch
In der Kommunikation lässt Amazon keinen Zweifel daran, wohin die Reise geht: KI sei „auf dem Weg, jede Customer Experience zu verändern“, so CEO Jassy. Das Unternehmen setze alles daran, in der Ära der intelligenten Agenten Marktführer zu werden – mit Tools, Plattformen und massiven Investitionen.
Anleger hätten angesichts der milliardenschweren Investitionen in generative KI jedoch offenbar gerne mehr Momentum gesehen. CEO Andy Jassy betonte in der Mitteilung zwar erneut das transformative Potenzial von KI für alle Geschäftsbereiche. Doch auf konkrete monetäre Durchschlagskraft warten Investoren noch.
Guidance schickt Aktie scharf nach unten
So enttäuschte Amazon Anleger mit einem vagen Gewinnausblick. Für das dritte Quartal erwartet Amazon einen operativen Gewinn zwischen 15,5 und 20,5 Milliarden Dollar – im Mittel leicht unter der Analystenerwartung von 19,5 Milliarden Dollar.
Beim Umsatz peilt Amazon 174 bis 179,5 Milliarden Dollar an – liegt damit aber über den Erwartungen von 173,1 Milliarden Dollar. Der Hinweis auf mögliche Risiken durch Trumps neue Zölle und geopolitische Unsicherheiten dämpft zusätzlich die Fantasie.
Die Börse reagierte prompt: Im nachbörslichen Handel verliert die Amazon-Aktie fast 7 Prozent und fällt damit auf 218 Dollar zurück. Amazon ist damit seit dem Jahresstart sogar wieder ins negative Terrain gerutscht.
Lesen Sie dazu auch: Apple gelingt mit Quartalsbilanz Befreiungsschlag – iPhone-Umsatz wächst wieder zweistellig
Übrigens: Wer in die Welt der etablierten Technologie-Aktien in der Breite investieren will, hat dazu mit dem BÖRSE ONLINE-Tech-Giganten-Index die Möglichkeit.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Amazon
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Preis der Finanzinstrumente wird von einem Index als Basiswert abgeleitet. Die Börsenmedien AG hat diesen Index entwickelt und hält die Rechte hieran. Mit dem Emittenten der dargestellten Wertpapiere hat die Börsenmedien AG eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, wonach sie dem Emittenten eine Lizenz zur Verwendung des Index erteilt. Die Börsenmedien AG erhält insoweit von dem Emittenten Vergütungen.