JOCHEN STANZL, ANALYST VOM ONLINE-BROKER CMC MARKETS:



"Auch wenn es politisch und ökologisch eher tragisch ist, der Ausstieg aus dem Klimaabkommen verringert die unmittelbaren Kosten für die US-Wirtschaft. Die Börsen würdigen solche Entwicklungen effizient, aber pietätlos. Der Ölpreis steht unter Druck, weil Trump Bohrungen am amerikanischen Kontinentalschelf erlauben und die Hälfte der strategischen Ölreserven des Landes verkaufen will. Dieser Lagerverkauf entspricht zehn Tagen voller OPEC-Produktion."

DIETER KEMPF, BDI-PRÄSIDENT:



"Die Entscheidung des US-Präsidenten, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen, ist ein schwerer Rückschlag für die internationale Politik. Der isolationistische Kurs von Donald Trump in der Klimapolitik wendet sich gegen die Investitionsstrategien vieler Unternehmen in den USA selbst und weltweit, die das Paris-Abkommen unterstützen.

Die europäische Politik muss hierauf besonnen und vernünftig reagieren. Europa und ganz besonders Deutschland haben sehr ehrgeizige Klimaziele. Zu denen steht die deutsche Industrie auch in Zukunft. Es wäre falsch, nun die eigenen Reduktionsziele weiter zu verschärfen.

Klimaschutz gelingt nur durch weltweite Zusammenarbeit. Fehlende Verlässlichkeit und mangelnde Berechenbarkeit sind Gift für weltweit erforderliche Lösungen. Jetzt müssen die G20-Staaten, die weiterhin zur Pariser Vereinbarung stehen, umso enger zusammenarbeiten. Sie müssen beweisen, dass Klimaschutz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Hand in Hand gehen."

STEFAN GROTHAUS, DZ-BANK-ANALYST:



"Präsident Trump hat gestern eines seiner Wahlversprechen eingelöst. Mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen dürfte er vor allem auf den wachsenden Unmut in seiner Stammwählerschaft reagiert haben. Mit der Strategie Ausstieg bzw. Neuverhandlungen, die er auch beim Freihandelsabkommen NAFTA einsetzt, verschafft er sich zumindest etwas Luft. Langfristig dürfte eine solche Strategie aber der US-Wirtschaft und damit auch dem Dollar nicht helfen."

LUTZ KARPOWITZ, COMMERZBANK-ANALYST:



"Es wird immer deutlicher, dass Europa vor dem Hintergrund der neuen US-Regierung stärker zusammenrückt. Eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich ist für jeden mit etwas politischem Gespür derzeit kaum zu übersehen. So auch gestern Abend durch die gemeinsame Erklärung von Deutschland, Frankreich und Italien, nachdem Herr Trump es wieder mal nicht geschafft hat, über den Tellerrand hinaus zu blicken und selbst vor einer Kündigung des Pariser Klimaschutzvertrages nicht halt gemacht hat. Eine gemeinsame Antwort der Europäer, die früher wochenlange Verhandlungen gebraucht hätte, dauerte nun wenige Stunden."

ACHIM WAMBACH, ZEW-PRÄSIDENT:



"Die Klimapolitik in den USA ist nicht nur von Präsident Trump abhängig. Die Unternehmen, die den Markt für umweltfreundliche Produkte für sich entdeckt haben, wie auch weite Teile der Gesellschaft, die umweltfreundliche Maßnahmen unterstützen, werden sich nicht durch den Ausstieg stoppen lassen. Tesla baut weiterhin Elektroautos, und der US- Bundesstaat Kalifornien plant weiterhin, bis zum Jahr 2030 die Hälfte seines Strombedarfs durch erneuerbare Energien zu decken.

Europa sollte diese Entwicklung verfolgen, auch mit Blick darauf, wie andere Staaten ihre Strategie anpassen werden. Eine erste Zwischenbilanz wird beim sogenannten 'Facilitative dialogue' im Jahr 2018 gezogen, im Jahr 2023 folgt die Bestandsaufnahme, wie erfolgreich die Welt das Pariser Klimaabkommen umgesetzt hat."

OTMAR WIESTLER, PRÄSIDENT DER HELMHOLTZ-GEMEINSCHAFT:



"Für Wissenschaftler in aller Welt gibt es keinen ernsthaften Zweifel mehr daran, dass der vom Menschen verursachte Ausstoß an Treibhausgasen einen entscheidenden Anteil an der Erderwärmung trägt. Die Vereinigten Staaten sind nach China der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen weltweit. Wenn die USA den Ausstoß von Schadstoffen nicht reduzieren, wird das den Klimaschutz maßgeblich erschweren.

Im Dezember 2015 hatten sich im Klimaschutzabkommen von Paris 195 Staaten darauf geeinigt, die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt auf unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Durch den Schritt der US-Regierung sehe ich das Ziel, die Folgen des Klimawandels zumindest einzuschränken, ernsthaft in Gefahr."

SVEN HARMELING, INTERNATIONALE HILFSORGANISATION CARE:



"Es ist ein Schlag in die Magengrube für Millionen von Menschen in bitterer Armut, für die der Klimawandel bereits jetzt traurige Realität ist. Der Klimawandel hat Auswirkungen auf uns alle und verlangt eine globale Lösung. Diejenigen Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, leiden bereits jetzt am meisten unter den Folgen. Amerika kehrt seinen Partnern, seinen moralischen Verpflichtungen und dem Kampf für eine gerechtere Welt den Rücken."

UTZ TILLMANN, HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER DES CHEMIEVERBANDS VCI:



"Der Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen von Paris ist schlecht für den globalen Klimaschutz und für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Das Abkommen stellt die Basis dar, um mehr internationale Zusammenarbeit beim Klimaschutz zu erreichen. Europa hat ambitionierte Klimaschutzziele. Mit dem Emissionshandel verfügt die EU über ein Instrument, mit dem die industriellen Emissionen verlässlich reduziert werden. Ein Emissionshandel auf G20-Ebene wäre daher ein wichtiger Schritt zu mehr Klimaschutz weltweit und mehr fairen Wettbewerb. Ein G19-Emissionshandel ohne die USA hätte dagegen deutlich weniger Wirkung. Hier ist die Politik gefordert."

MATTHIAS WISSMANN, PRÄSIDENT DES AUTOINDUSTRIEVERBANDS VDA:



"Es kommt nun darauf an, die Debatte zu versachlichen und kühlen Kopf zu bewahren. Es geht nicht um Glaubensfragen, sondern um eine Balance zwischen Ökologie und Ökonomie. Kluge Politik zeichnet sich dadurch aus, dass sie gleichrangige Ziele wie Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Klimaschutz miteinander abgleicht. Effizienter Klimaschutz bleibt eine wichtige strategische Aufgabe.

Die bedauerliche Ankündigung der USA macht es unvermeidlich, Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit der Klimapolitik auch in Europa zu gewährleisten, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Der Erhalt unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist die Voraussetzung für erfolgreichen Klimaschutz. Dieser Zusammenhang wird leider zu häufig unterschätzt."

rtr