"Noch sind die Anleger an den Finanzmärkten bemüht, die Puzzleteilchen zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Dabei ist allerdings nicht so ganz klar, welches Bild am Ende rauskommen wird", sagt Volkswirtin Claudia Windt von der Helaba.

In den vergangenen Tagen rückte der Dax um rund ein Prozent auf 12.573 Zähler vor und steuerte auf den vierten Wochengewinn in Folge zu. Das ist die längste Serie seit einem halben Jahr. Dennoch blieb der Zuwachs hinter der Entwicklung der vergangenen Wochen zurück - Ende März lag der Index noch bei rund 11.700 Zähler. "Entweder gelingt dem Index bald der Sprung über 12.600 Punkte oder es folgt die nächste Etappe nach unten", warnt Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader.

Ins Stocken geriet die jüngste Rally vor allem durch die höheren Ölpreise. Zuletzt kostete die ÖlSorte Brent aus der Nordsee mit 74,75 Dollar so viel wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr. "Durch die gestiegenen Ölpreise nehmen die Inflationserwartungen an den Märkten zu", sagt Marktstratege Tobias Basse von der NordLB. Einige Anleger rechneten daher damit, dass der US-Notenbank die noch für dieses Jahr erwarteten zwei Zinsanhebungen nicht ausreichen könnten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird dagegen an dem bei 0,0 Prozent liegenden Leitzins der Euro-Zone bei ihrer Sitzung am Donnerstag eher nicht rütteln. EZB-Chef Mario Draghi werde wohl nur seine bisherigen Positionen wiederholen, prognostiziert Carsten Brzeski, Chef-Volkswirt für Deutschland und Österreich bei der ING-Bank. Die Entscheidung über das endgültige Ende der EZB-Anleihekäufe werde wohl erst im Juni fallen. Dennoch dürften die sich unerwartet deutlich abschwächende Wirtschaft im Euro-Raum und der US-Handelsstreits mit China genügend Gesprächsstoff liefern für die Ratssitzung der europäischen Währungshüter.

SAP MACHT AUFTAKT UNTER DEN DAX-FIRMEN DEN AUFTAKT



Auf die Bilanzsaison blicken Experten dagegen optimistisch. "Wir erwarten solide Ergebnisse und einen weiter sehr konstruktiven Ausblick seitens der Unternehmen", sagt Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. In den USA nimmt die Bilanzsaison richtig Fahrt auf. So legen etwa Coca-Cola (Dienstag), der Airbus-Rivale Boeing, Facebook (jeweils Mittwoch), Amazon und Microsoft (jeweils Donnerstag) Zahlen vor.

Auch ein knappes halbes Dutzend Dax-Firmen öffnet seine Bücher. Den Anfang macht SAP am Dienstag, Deutsche Börse am Mittwoch und am Donnerstag folgen Dax-Neuling Covestro, Lufthansa, Volkswagen und die Deutsche Bank. Analysten trauen den Frankfurtern im ersten Quartal gerade einmal 330 Millionen Euro Gewinn zu bei Erträgen von rund 7,3 Milliarden Euro. Dabei ist das Auftaktquartal traditionell das stärkste im Jahresverlauf.

VOR ALLEM STIMMUNGSINDIKATOREN AUF DER AGENDA



Auch konjunkturseitig stehen einige Termine auf der Agenda. Am Dienstag wird der Ifo-Index veröffentlicht, der die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen widerspiegelt. Die Analysten der DZ Bank erwarten einen erneuten Rückgang. "Die deutsche Wirtschaft steht nicht am Rande der Rezession", betont Ökonom Michael Holstein. "Aber die geo- und handelspolitischen Belastungen der letzten Monate fordern zweifellos ihren Tribut." Dies dürfte sich nach Meinung von Volkswirten auch im Wirtschaftswachstum der USA widerspiegeln, wie aktuelle Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt am Freitag zeigen dürften.

rtr