Der Autobauer Volkswagen drückt bei E-Autos aufs Tempo und plant den Einstieg in einen Milliardenmarkt. Eine günstige Einstiegschance?
Es ist mit über 13 Kameras, neun sogenannten Lidar-Sensoren und fünf Radargeräten ausgestattet und kann damit die Umgebung in Echtzeit erfassen. Bis Tempo 120 kann das Auto damit rein autonom fahren. 20 Minuten lang fuhr das Robotaxi vergangene Woche in Hamburgs Stadtverkehr. Eingreifen musste der Sicherheitsfahrer dabei nicht. Mit dem vorgestellten ID Buzz AD steigt VW in das Robotaxi-Rennen mit Pony.AI, Alphabets Waymo und Tesla ein. „Volkswagens Produkt ist technologisch besser als das von Tesla“, sagt Autoexperte Jürgen Pieper im Gespräch mit ntv — allerdings wohl auch teurer. Kommendes Jahr soll der autonome Bulli in Serie gehen und bis Ende 2027 sollen 1000 Fahrzeuge auf die Straße kommen. Mittelfristig rechnet der Konzern mit über 10 000 Fahrzeu- gen. Eine Zulassung für Europa und die USA erwarten die Wolfsburger bis Ende 2026.
Dafür schmiedete VW zuletzt eine Kooperation mit Uber. Demnach wollen die Amerikaner in zehn Jahren rund 10 000 Fahrzeuge abnehmen. Der konzerneigene Sammeltaxi-Anbieter Moia plant mittelfristig, 500 autonom fahrende ID Buzz AD einzusetzen. Weitere Kooperationen mit Verkehrsbehörden sollen folgen. „Damit positioniert sich der Volkswagen-Konzern in der Spitzengruppe eines milliardenschweren globalen Wachstumsmarkts“, erklärte Konzernlenker Oliver Blume bei der Präsentation. Die Experten von Boston Consulting erwarten, dass bis 2035 in weltweit 30 bis 80 Städten Robotaxiflotten betrieben werden.
Fakten statt Fantasie
Positive Schlagzeilen durch die ID-Buzz-AD-Präsentation kann der Autobauer gut gebrauchen. Die Aktie hat seit dem Jahreshoch von 110 Euro deutlich an Boden verloren. Dabei zeigten die Auslieferungszahlen für das erste Quartal ein leichtes Plus an und der Auftragseingang für Fahrzeuge in Westeuropa lag 29 Prozent höher als Ende März 2024. Katalysatoren für den zwischenzeitlichen Rückwärtsgang sind unter anderem der Gewinneinbruch im ersten Quartal sowie die Anfang April verhängten zusätzlichen Strafzölle für importierte Autos in Höhe von 25 Prozent. Zudem belasten schwache Absatzzahlen der Premiumhersteller Audi und Porsche.
Derweil verschlingt die angepeilte Modelloffensive, insbesondere bei E-Auto-Modellen, Milliarden. So plant Volkswagen, bis Ende 2027 in China mehr als 30 neue Modelle auf den Markt zu bringen, darunter mindestens 20 vollelektrische und elektrifizierte Fahrzeuge (NEVs — New Energy Vehicles) wie reine Elektroautos, Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range Extender. Bis 2030 soll die Modellpalette an E-Autos in China auf 30 ausgeweitet werden.
Neue Strategie in den USA
Auch in den USA fährt VW einen neuen Kurs, richtet sich stärker nach den dortigen Bedürfnissen aus. Ab 2027 sollen zwei ganz neue Modellreihen wie der vollelektrische Pick-up und SUV der Marke Scout vom Band laufen.
Anleger blenden die Prognosen derzeit aus. Zu groß erscheinen die Unsicherheiten. Vielmehr achten sie auf die nackten Fakten. Die nächsten Quartalszahlen kommen voraussichtlich am 25. Juli. Möglicherweise gibt der Konzern vorab schon Eckdaten bekannt. Unter Berücksichtigung eines kräftigen Gewinnrückgangs in diesem Jahr und einer leichten Erholung 2026 erscheint die Aktie mit einem KGV von 5,1 und einer Dividendenrendite von 7,1 Prozent moderat bewertet.
Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE, die Sie hier finden.
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Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..