Es bleibt dabei: Die US-Notenbank Fed hat jüngst entschieden, den Leitzins unverändert zu lassen, also in der Spanne von null bis 0,25 Prozent. Auch die milliardenschweren Wertpapierkäufe werden beibehalten. Das war so erwartet worden. Allerdings machte Fed-Chef Jerome Powell erneut und deutlich klar, dass die Notenbank allein es nicht richten könne: Mehr denn je hänge die Entwicklung der Konjunktur vom Verlauf der Pandemie ab. Daher sei jetzt vor allem die Politik gefragt. Schon in den Vormonaten hatte der Fed-Chef mehrfach an die Regierung appelliert, sie möge ein neues Konjunkturpaket auf den Weg bringen. In den kommenden Monaten werde die Unsicherheit weiterhin groß sein - trotz des Beginns der Impfungen.

Dennoch ist Powell guter Dinge. Die Fed hat nämlich die Erwartungen für das Wachstum 2021 leicht erhöht: ein Plus von 4,2 Prozent soll es geben. Auch am Jobmarkt soll es aufwärtsgehen, die Arbeitslosenquote dürfte laut Powell bis Jahresende von aktuell 6,7 auf dann fünf Prozent fallen. An der Börse wird das alles gut aufgenommen. Schon im Vorfeld hatte sowohl der Dow Jones Industrial als auch der Nasdaq Composite ein neues Allzeithoch erreicht.

Transport und Logistik sind gefragt


Außerdem steigt der Dow Jones Transportation. Das ist der älteste Aktienindex der Welt, der die 20 wichtigsten amerikanischen Transport- und Logistikaktien umfasst. Und gemäß der Dow-Theorie - benannt nach dem Begründer der technischen Analyse, Charles Dow - signalisiert dies Aufwärtspotenzial für den breiten Aktienmarkt und den Dow Jones Industrial. Ein Grund für den Anstieg des Transportation- Index liegt zum einen darin, dass die Transport- und Logistiktitel vom starken Wachstum des E-Commerce profitieren, und zum anderen, dass man bei den ebenfalls im Index gelisteten Airlines auf ein Comeback nach dem Ende der Corona- Pandemie hofft. "Zusätzlich unterstützen Spekulationen auf ein Nachlassen des amerikanisch-chinesischen Handelskonflikts unter dem neuen US-Präsidenten den Index", schreibt die Commerzbank in einer Analyse.

Fundamental unterstützt wird das Plus an der US-Börse von der Gewinnentwicklung der Unternehmen gerade im Bereich Technologie. Man bedenke: Derzeit sind 80 der 100 Werte des Technologieindex Nasdaq 100 gleichzeitig Mitglied des S & P 500. Das Hoch der Techwerte stützt also den Markt insgesamt. Da liegt der Schluss nahe, dass auch nach der Krise US-Aktien von dem in diesem Jahr erfolgten Digitalisierungssprung profitieren. Denn auch im internationalen Vergleich passt es: Die Unternehmensgewinne an den US-Börsen entwickeln sich global am besten. Gerade auch wegen des besagten hohen Anteils an Technologieaktien.

Europa hat aufgeholt


Doch, und das ist durchaus interessant, entwickelten sich in der jüngsten Erholung seit Ende Oktober Aktien aus anderen Regionen besser. Der Stoxx Europe 600 legte beispielsweise um knapp 15 Prozent zu, während sich der S & P 500 rund fünf Prozentpunkte schwächer entwickelte. Trotzdem sollte man US-Aktien jetzt nicht abschreiben. Wie stark das absolute Gewinnniveau in den USA steigen wird, hängt im kommenden Jahr auch wesentlich davon ab, ob, wann und in welcher Reihenfolge der neue US-Präsident Joe Biden seine Pläne umsetzen wird: Wiederanhebung der Unternehmenssteuern, Verdopplung der Mindestlöhne, massive Investitionen und Infrastrukturmaßnahmen (Green Agenda) sowie weitere Corona-Hilfspakete.

Ein weiterer Grund für Optimismus ist die hohe Liquidität. Wegen der immensen Hilfspakete durch Staat und Notenbank als Reaktion auf die Corona-Krise entstand Überschussliquidität in noch nie gekanntem Ausmaß. Das floss an die Börse. Und folglich mussten die Kurse steigen - wegen der enorm gestiegenen Nachfrage und einer begrenzten Menge an Anlagemöglichkeiten.

Aber das dürfte sich langsam ändern. Wegen der erwarteten Erholung des Bruttoinlandsprodukts wird die Fed irgendwann die Zügel wieder etwas anziehen. Dann dürfte das Thema Liquidität nicht mehr der große Treiber sein. Vielmehr kommt es dann umso mehr auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen an.

Auch die Aktienbewertungen dürften dann wieder eine wichtigere Rolle spielen. Seit der Finanzkrise legten die Kurs- Gewinn- Verhältnisse der Zwölf-Monats- Forwards tendenziell weiter zu. Die Bewertungsniveaus stiegen weit über die historischen Mediane hinaus an. Der S & P 500 war seither sogar in nur sechs Prozent aller Tage noch teurer als aktuell.

In gewisser Weise erinnern die absoluten KGV derzeit an die Zeit der Dotcomblase zur Jahrtausendwende. Doch werden die steigenden Unternehmensgewinne die Bewertung des S & P 500 bald nicht mehr so weit weg erscheinen lassen wie derzeit.

Mehr Rendite aufs Kapital


Fakt ist: Trotz der alljährlich wiederkehrenden Unkenrufe waren US-Aktien der "place to be" in der vergangenen Dekade. Im Anschluss an die Finanzkrise wiesen US-Titel eine bemerkenswerte Stärke im Vergleich gerade zu europäischen Titeln auf. Diese Outperformance hatte und hat verschiedene Gründe: Schon immer schafften US-Unternehmen höhere Eigenkapitalrenditen - die durch die Trump’sche Steuerreform zusätzlich befeuert wurden. Zudem ist die Sektorzusammensetzung in den USA deutlich offensiver - die favorisierten Wachstumstitel sind weit höher gewichtet. Und so schließt sich der Kreis. US-Aktien sollten auch 2021 in keinem Depot fehlen.