Die Welthandelsorganisation WTO warnte unterdessen, das System des internationalen Handels stecke in einer Krise. Handel und der Wohlstand könnten nicht aufrechterhalten werden, wenn große Länder einseitige Maßnahmen ergriffen, die von gemeinsamen Regeln und Prinzipien abwichen, warnte Karl Brauner, stellvertretender WTO-Generaldirektor, auf dem Auto-Gipfel des "Handelsblatt" in Wolfsburg. "Sie brauchen Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit, und wenn jeder einfach tut, was er will, ist es vorbei", fügte er hinzu. Der Besuch der Autobosse in Washington könne dazu beitragen, die Auswirkungen der Zölle auf den Welthandel zu verstehen.
"Die deutschen Autobosse werden nicht versuchen, über die internationale Handelspolitik zu verhandeln, aber sie werden sicherstellen, dass die Leute in Washington das gleiche Verständnis über die Auswirkungen ihrer Politik haben wie der Bürgermeister von Chattanooga", sagte Brauner weiter. Rund 10.000 Arbeitsplätze hingen von jedem in Chattanooga gebauten Auto ab, sagte der Bürgermeister der Stadt, Andy Berke, in einem via Webcast während der Konferenz übertragenen Interview. Volkswagen unterhält in Chattanooga ein großes Pkw-Werk.
Bei ihren Beratungen im Weißen Haus wollen die drei Autokonzerne ihre Investitionspläne und ihre Bedeutung als Arbeitgeber in den USA in den Vordergrund stellen. Im Vorfeld hatten sie bereits versucht, die US-Regierung milde zu stimmen. So erwägt etwa BMW den Bau eines zweiten Werks in den USA, Volkswagen sucht dort einen Standort für Elektroautos, wofür auch Chattanooga infrage käme. Formal liegt die Verhandlungshoheit über Handelsgespräche bei der EU-Kommission. Konkrete Verabredungen müssten auf dieser Ebene getroffen werden.
WIDERSPRÜCHLICHE SIGNALE
> Aus dem Weißen Haus kamen unterdessen widersprüchliche Signale. Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow bestätigte zwar, dass ein Treffen mit deutschen Autobauern angekündigt sei. Dabei solle der Fokus aber nicht auf möglichen Zöllen liegen. Allerdings habe Trump diese immer noch "im Köcher".Auch was die staatliche Förderung von Elektroautos angeht, sorgte die US-Regierung für Irritationen: Kudlow kündigte an, die Subventionen sollten abgeschafft werden. Handelsminister Wilbur Ross wiederum sagte dem Sender CNBC wenige Stunden später, für die Regierung sei es "sehr wichtig", dass möglichst viele E-Autos in den USA gebaut würden. Trump selbst hatte zuletzt recht unverhohlen damit gedroht, das Thema als Druckmittel gegen General Motors einzusetzen. Der US-Konzern will bis zu 15.000 Stellen abbauen und mehrere Werke schließen, der Heimatmarkt wird von den Sparplänen massiv getroffen. GM will so Geld freischaufeln, um die hohen Investitionen in die Elektromobilität und selbstfahrende Autos zu stemmen. Trump sind die Pläne auch deshalb ein Dorn im Auge, weil sie seine Wiederwahl 2020 gefährden könnten.
Kudlow und Ross nehmen an dem Treffen mit den Konzernchefs von Daimler und Volkswagen, Dieter Zetsche und Herbert Diess, am Vormittag (Ortszeit) in Washington teil. Für BMW reist Finanzvorstand Nicolas Peter an. Einer der Insider sagte, es seien sowohl Einzelgespräche als auch ein gemeinsamer Austausch der Spitzenmanager mit den Regierungsvertretern geplant. Auf US-Seite soll auch der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer dabei sein. Im Anschluss wollen die Unternehmen die Presse informieren.