"Die Zeiten einer Kostenlos-Kultur sind da wahrscheinlich schon vorbei", sagte der Hauptgeschäftsführer des Privatbankenverbands BdB, Michael Kemmer, in Anspielung auf Girokonten und Überweisungen, die hierzulande in vielen Fällen bislang nichts kosteten. Nun gehen immer mehr Häuser dazu über, Gebühren wieder einzuführen, neuerdings auch für das Geldabheben am Automaten. Kemmer erwartet, dass dieser Trend auch mit einem - noch nicht absehbaren - Ende der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank weitergehen wird: "Ich glaube, dass das dauerhaft sein wird bei allen Banken."
Früher hätten es sich die Banken dank sprudelnder Zinsüberschüsse leisten können, bestimmte Dienstleistungen querzusubventionieren. "Diese Zeiten sind nun bedauerlicherweise vorbei", sagte Kemmer. "Jedes Institut muss jetzt schon ein bisschen genauer gucken: 'wie kann ich die Kosten decken, die anfallen?'."
Bundesbankpräsident Jens Weidmann appellierte an die Banken, die Digitalisierung zu nutzen, um Kosten zu senken. "Denn sie erlaubt es, Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten." Hier will auch die Commerzbank deutlich zulegen. Im vergangenen Jahr seien rund 30 Prozent aller internen Prozesse voll automatisiert gewesen, sagte Konzernchef Martin Zielke. Dies sei im Vergleich mit anderen Banken weitgehend in Ordnung, aber "ein unfassbar schlechter Wert" im Vergleich mit anderen Branchen. "Wir haben gesagt, wir wollen auf 80 Prozent kommen innerhalb von vier Jahren." Zielke räumte ein, dass dadurch Jobs wegfallen. Die Commerzbank hatte Ende September angekündigt, bis 2020 rund 9600 Stellen abzubauen. Die Gespräche mit den Arbeitnehmern laufen gerade an.
Der Aufsichtsratschef des Vermögensverwalters Blackrock-Deutschland, Friedrich Merz, sieht etwa bei innovativen Produkten und Zahlungssystemen einen klaren Vorsprung der US-Finanzbranche. "Wir sind hier in Europa einfach zu langsam."
IMMER NOCH ZU VIELE BANKEN IN DEUTSCHLAND
Die schwache Ertragslage deutscher Häuser insgesamt führen Fachleute darauf zurück, dass es hierzulande zu viele Banken gibt. Das sieht auch Commerzbank-Chef Zielke so. "Hier wird es Konsolidierung geben müssen." Falls es zu Zusammenschlüssen kommt, dürften sie nach seiner Einschätzung aber nur innerhalb der drei Säulen - Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken - passieren. Die genossenschaftliche DZ Bank hatte es unlängst vorgemacht und das Schwesterinstitut WGZ angedockt. Nach der Bilanzsumme ist die neue DZ Bank nun die zweitgrößte Bank in Deutschland hinter der Deutschen Bank - und hat die Commerzbank vom Thron gestoßen.
Laut Finanzkreisen hatte die Deutsche Bank im vergangenen Sommer kurz mit der Commerzbank geflirtet und ausgelotet, ob beide Institute zusammenpassen würden. Damals waren sich aber alle Beteiligten einig, dass jeder erst seine eigenen Hausaufgaben machen muss, wie Insider berichteten. Deutsche-Bank-Chef John Cryan bekräftigte diese Linie nun und betonte, Fusionen seien derzeit kein Thema, auch nicht im europäischen Rahmen. "Die Deutsche Bank denkt nicht darüber nach." Es gebe viele andere Dinge, die sein Haus abarbeiten müsse. So läuft derzeit - als Begleitung zur neuen Strategie - eine acht Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung, mit der die Deutsche Bank wieder in die Offensive kommen will. Zum Ergebnis hielt sich Cryan noch bedeckt. "Wir sind zufrieden damit", sagte er Reuters lediglich. Die Zeichnungsfrist endete am Donnerstag.
Cryan plädierte auch für einheitliche Kapitalmarktregeln in Europa als Gegengewicht zur Konkurrenz in den USA. Auch BdB-Präsident Hans-Walter Peters warnte vor nationalen Alleingängen - etwa als Konsequenz aus dem Brexit. "Für uns ist wichtig, dass wir weiter international abgestimmte Regulierung betreiben." Die EU-Kommission, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und die Chefin der EU-Abwicklungsbehörde SRB Elke König betrachten die Banken in Europa generell zwar als erheblich sicherer als noch vor wenigen Jahren. Einigkeit herrschte aber auch darüber, dass in etlichen Mitgliedsländern noch weiter Handlungsbedarf bestehe, um den Finanzsektor zu stärken.