Ex-Roche-Manager Bill Anderson löst Werner Baumann ab. Investoren begrüßen externe Besetzung. Die Bayer-Aktie schießt nach oben.
Beim Pharma- und Agrarkonzern Bayer kommt es zu einem Chefwechsel: Der Aufsichtsrat des DAX-Konzerns hat den Ex-Roche-Pharmachef Bill Anderson zum neuen Vorstandschef gekürt. Er löst zum 1. Juni Werner Baumann ab, der seit längerem wegen der 63 Milliarden Euro schweren Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto in der Kritik stand, die dem Konzern eine milliardenschwere Klagewelle eingebracht hat. Aktivistische Aktionäre und Fondsgesellschaften hatten zuletzt vehement auf eine Ablösung Baumanns gedrängt. Bayer betonte, der Auswahlprozess sei unabhängig davon erfolgt. Der Konzern hatte die Nachfolgesuche bereits Mitte 2022 eingeleitet.
An der Börse löste die Nachricht am Mittwoch Abend ein Kursfeuerwerk aus: Die Bayer-Aktie legte als Spitzenreiter im DAX sechs Prozent zu. Investoren begrüßten den Chefwechsel. „Wir trauen ihm zu, bei Bayer den Turnaround zu schaffen“, sagte Union-Investment-Fondsmanager gegenüber €uro am Sonntag (siehe Interview). Die Fondsgesellschaft ist mit einem Anteil von 1,4 Prozent einer der größten Bayer-Aktionäre. Die Fondsgesellschaft Deka, die ebenfalls Baumanns Ablösung gefordert hatte, hofft nun auf „den frischen Blick eines Externen und neue Impulse für die Strategie“.
"Erfolgreiches neues Kapitel für Bayer"
Anderson rückt bereits zum 1. April in den Vorstand ein, um sich einzuarbeiten. Der 56jährige ist gebürtiger US-Amerikaner und studierter Chemieingenieur. Er hat in seiner Managerkarriere in mehreren europäischen Ländern gearbeitet, darunter Niederlande, Belgien und Schweiz bei Unternehmen wie Genentech, Biogen und Raychem. Zuletzt war er Pharmachef beim Schweizer Konzern Roche. Die Sparte beschäftigt 40000 Mitarbeiter.
Anderson sei der „ideale Kandidat, um Bayer in ein erfolgreiches neues Kapitel zu führen“, sagte Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann. „Der Auftrag von Bill Anderson ist klar: Bayer soll sein ganzes Potenzial entfalten und nachhaltigen Wert für unsere Aktionäre, Landwirte, Patienten, Verbraucher, Beschäftigte und alle Stakeholder des Unternehmens schaffen.“ Anderson habe eine hervorragende Erfolgsbilanz bei der Entwicklung starker Produkt-Pipelines und sei sehr erfahren darin, „bahnbrechende Innovationen zur Marktreife zu bringen“. Der Bayer-Aufsichstrat hat Anderson nach Angeben des Konzerns einstimmig gewählt.
Der neue Bayer-Chef ist auch der erste Vorstandsvorsitzende seit Marijn Dekkers, der von außen kommt. Mit der Entscheidung ist Bayer – ob gewollt oder nicht - auch den Forderungen zahlreicher Aktionäre nachgekommen, die einen Neuanfang mit neuem CEO gefordert haben.
Baumann kündigte an, er werde für einen reibungslosen Übergang eng mit Anderson zusammenarbeiten. Er wolle Anderson ihn für den „bestmöglichen Start“ unterstützen.
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Kaufen oder Verkaufen: Einschätzungen zur Aktie
Analysten bewerteten den Chefwechsel beim DAX-Konzern überwiegend positiv. Die britische Investmentbank Barclays hat die Aktie nach der Ankündigung zum Kauf empfohlen bei einem Kursziel von 80 Euro.Für die Aktie sei die Personalie auf den ersten Blick ein kleiner Schritt, aber ein großer Schritt für die Wahrnehmung des Unternehmens am Kapitalmarkt. Auch das Analysehaus Jefferies bewertete den Chefwechsel positiv. Der rein pharmazeutische Hintergrund von Anderson könnte Spekulationen über eine mögliche Aufspaltung des Pharma- und Agrarchemiekonzerns verstärken, glaubt Analyst Charlie Bentley. Etwas vorsichtiger reagierte die US-Bank JPMorgan, die ihre Einschätzung für Bayer bei „Neutral“ mit einem Kursziel von 60 Euro beibehielt. Am Markt dürfte gut aufgenommen werden, dass der Konzern endlich einen Nachfolger für Baumann gefunden habe, schrieb Analyst Richard Vosser. Die Ernennung von Anderson mit seinem starken Profil in der Pharmabranche sei positiv für Bayer, insbesondere angesichts der Herausforderungen im Pharmageschäft.