Das Jahr 2020 ist für viele Anleger trotz Pandemie nicht schlecht gelaufen. Am Aktienmarkt haussierte vor allem die technologielastige Nasdaq und zum Jahresende reichte es sogar beim deutschen Leitindex DAX zu neuen Rekorden.

Als richtig toll hat sich das Vorjahr sogar für die im Kryptowährungsbereich tätigen Investoren erwiesen. Mit Bitcoin schwenkte im Verlauf des Vorjahres insbesondere auch die bekannteste Kryptowährung ein. Wie die DZ Bank vorrechnet, legte Bitcoin allein im Dezember um 80 Prozent zu. Seit März 2020 belaufe sich das Kursplus sogar auf grob gesprochen 1.000 Prozent. Damit erinnert die aktuelle Kursrally laut DZ Bank-Analyst Sören Hettler zwar an die Entwicklung des Jahres 2017. Allerdings sei das relative Ausmaß der momentanen Aufwärtsbewegung (zumindest bislang) immer noch deutlich geringer als vor gut drei Jahren. Damals legte der Bitcoin-Kurs innerhalb desselben Zeitraums von knapp 300 Tagen bis zum Höhepunkt der Rally im Dezember um rund 1.600 Prozent zu.



Das letztlich gute Abschneiden vieler Assets im Vorjahr ist laut den Analysten von Raiffeisen Research angesichts der aktuellen Zinslandschaft aber auch kein Wunder. Anlagenotstand ist hier das Stichwort, heißt es. Und dieser habe Anleger in Scharen an die Märkte getrieben. Während die größte Aufholjagd der Geschichte die Herzen klassischer Aktieninvestoren habe höherschlagen lassen, habe sich der Bitcoin eingangs fast unbemerkt zurück zu alter Stärke gekämpft.

Vor allem in Richtung Jahresende hätten die Kursgewinne des Bitcoin deutlich an Fahrt aufgenommen, wobei spätestens seit Überschreiten des Allzeithochs die Digitalwährung wieder in aller Munde sei. Das sei auch nachvollziehbar, denn eine Jahresperformance von mehr als 300 Prozent lasse sogar so manchen erfolgsverwöhnten US-Aktieninvestor vor Neid erblassen. Und wenn Böller und Raketen zu Silvester schon nur mehr eingeschränkt erlaubt gewesen seien, so habe sich davon unbenommen wenigstes der Bitcoin bei seinen Anhängern mit einem abschließenden Kursfeuerwerk über die Marke von 30.000 Dollar verabschiedet.

Nach den ersten Handelstagen im neuen Jahr sei der Preise in der Spitze sogar schon bis auf fast 42.000 Dollar marschiert (beim Schreiben dieses Beitrags stehen knapp 37.000 Dollar angeschrieben). Damit stellt sich die Frage, wie es vermeintlich weitergeht. Kritiker sehen in diesem Kursniveau eine Blase, Bitcoin-Anhänger erst den Anfang. Gute Argumente gibt es für beide Seiten. BÖRSE ONLINE berichtet nachfolgend, was die Analysten von Raiffeisen Research und bei der DZ Bank laut aktuellen Studien dazu momentan denken.

Expansive Geld- und Fiskalpolitik als Wegbereiter für die Kursrally



Einen wesentlichen Beitrag zum Höhenflug des Bitcoin leisten seit geraumer Zeit die Zentralbanken, die ihre ohnehin sehr expansive Geldpolitik zuletzt zum Teil sogar noch weiter verschärft haben, stellt Hettler fest. Aufgrund ultra-niedriger Zinsen und einer üppigen Liquiditätsausstattung gehen Anleger vermehrt auf die Suche nach ungewöhnlicheren Anlagealternativen und landen dabei offensichtlich auch bei Kryptowährungen, so der DZ Bank-Analyst.

Hinweise darauf, dass sich institutionelle Investoren und dabei vor allem Hedgefonds in den vergangenen Monaten vermehrt in diesem Segment engagiert haben, lieferten Daten des Krypto-Vermögensverwalters Grayscale. Allein im Dezember 2020 seien über zwei Milliarden Dollar in dessen Bitcoin-Fonds geflossen. Insgesamt verwalte das Unternehmen derzeit mehr als 20 Milliarden Dollar in Kryptowährungen, den Großteil davon in Bitcoin.

Verschärft werde diese Entwicklung durch die umfangreichen Fiskalprogramme zahlreicher Regierungen. So würden die Maßnahmen zur Abfederung der negativen konjunkturellen Effekte der Corona-Pandemie bzw. der Lockdowns größtenteils über eine Erhöhung der Staatsverschuldung finanziert. Dies belaste nicht nur die Bonität der Länder, sondern schüre zudem die Sorge, die Staaten könnten versuchen, ihre Schuldenlast auf lange Sicht durch eine höhere Inflationsrate zu drücken. Hierunter leide das Vertrauen in etablierte Währungen wie US-Dollar und Euro.

Dass die zuletzt gestarteten Impfkampagnen dieses Bild ändern könnten, dürfe bezweifelt werden. Zwar bestehe einerseits die Hoffnung, dass zusätzliche Fiskalprogramme in größerem Ausmaß nicht mehr notwendig sein werden. Zugleich nähmen andererseits aber Befürchtungen zu, wonach der zu erwartende wirtschaftliche Aufschwung in Kombination mit der weiterhin vorhandenen ultra-expansiven Geldpolitik zu einem erheblichen Anstieg der Inflationsraten führen könnte.



Einige Bitcoin-Befürworter setzten sogar die Dollar-Schwäche der vergangenen Monate in den Kontext der höheren Bitcoin-Nachfrage. Ihrer Einschätzung zufolge könnte sich die US-Wirtschaft in 2021 dynamisch aus der Corona-Krise erholen, wodurch der Preisdruck spürbar ansteigen würde. Die Federal Reserve dürfte aufgrund ihrer im vergangenen Jahr angepassten Strategie zunächst nicht mit höheren Leitzinsen gegensteuern. Eine deutlich erhöhte Inflationsrate könnte die Folge sein, was Anleger in den zumindest nach Vorstellung von Kryptowährungs-Anhängern inflationssicheren Bitcoin treibt.

Hoffnung auf mehr Akzeptanz von Kryptowährungen treibt Kurse



Während die Corona-Krise und ihre Folgen demnach das Ansehen der etablierten Währungsräume laut Hettler tendenziell belasten, wurde die Offenheit der Bürger gegenüber neuen Technologien und damit auch gegenüber Kryptowährungen nach Ansicht von Bitcoin-Befürwortern in den vergangenen Monaten nachhaltig gestärkt. Mehr Digitalisierung, von Homeoffice über Videokonferenzen bis hin zum Onlineshopping, würde gemäß dieser Einschätzung längerfristig den Weg für eine allgemeine Akzeptanz von Kryptowährungen bereiten. Voraussetzungen für eine weitläufige Verwendung seien hierbei sicherlich ein einfacher Zugang sowie eine komfortable Nutzung von Bitcoin. Fortschritte in dieser Richtung versprächen Ankündigungen des US-Zahlungsdienstleister PayPal. Nicht nur könnten Kunden die Kryptowährung kaufen, halten und verkaufen. Zudem solle es auf absehbare Zeit möglich werden, bei Händlern über PayPal vermehrt mit Kryptowährungen zu bezahlen.

Ebenfalls Fortschritte mit Blick auf die allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung erhofften sich Bitcoin-Befürworter von den (ursprünglich eigentlich ungeliebten) Zentralbanken und Aufsichtsbehörden. In der Europäischen Union habe letztere im Herbst eine Regulierung von Kryptowährungen und -vermögenswerten auf den Weg gebracht. EU-weit einheitliche Regeln sollen bis Ende 2022 gewährleistet und damit der Verbraucher- sowie der Anlagerschutz verbessert werden. So schnell werde es bei der EZB und ihrem im Oktober vorgestellten Vorhaben, einen "digitalen Euro" als neue Form von Zentralbankgeld für Bürgerinnen und Bürger einzuführen, zwar aller Voraussicht nach nicht gehen. Unklar sei auch, ob hier überhaupt die Blockchain-Technologie zum Einsatz komme. Dass sich bedeutende Hüter traditioneller Währungen aber überhaupt mit derartigen Fragen auseinandersetzten, genüge Bitcoin-Enthusiasten offenbar bereits, um goldene Zeiten für das Kryptowährungs-Segment in nicht allzu ferner Zukunft zu prognostizieren.

Stock to Flow -Modell ergibt exorbitant hohe Kursziele



Raiffeisen Research stellt in der hauseigenen Studie fest, dass Bitcoin & Co. dank der zuletzt rasenden Gewinne wieder Einzug in die Medienlandschaft gefunden haben. Dass das Segment nach dem Einbruch 2018 wieder für eine breitere Masse interessant sei, habe dabei auch mit diversen Analystenaussagen bzw. deren Kurszielen zu tun. 50.000 Dollar soll ein Bitcoin bald wert sein. 100.000 Dollar sind angeblich auch in Reichweite. 1.000.000 Dollar gar in ein paar Jahren. Oder wie es in der Krypto-Szene oft so schön heißt: To the moon!, so Raiffeisen-Finanzmarkt-Stratege Manuel Schleifer.

Wie er weiter ausführt, klingen derartige Zahlen beinahe wie aus der Luft gegriffen und fast schon illusorisch. Fairerweise müsse aber auch gesagt werden, dass ein Kursziel von 40.000 Dollar für Anfang 2021 vor einem Jahr als mindestens ebenso sportlich angesehen worden wäre. Was also ist wirklich dran an solch einem bullischen Szenario, fragt Schleifer?

Er räumt dabei ein, dass ein nicht unwesentlicher Teil an den aktuell ambitionierten Kurszielen gar nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, sondern tatsächlich auf Modellen basiert. Das sei eine noch relativ junge Entwicklung. Denn lange Zeit habe es kaum Möglichkeiten einen fundamentalen bzw. inneren Wert von Bitcoin & Co. zu berechnen gegeben.

Viele Schätzungen und Meinungen der Vergangenheit hätten allein auf Chartanalyse, technischen Indikatoren, oder dem Versuch beruht, das Potenzial der Blockchain im Allgemeinen zu quantifizieren. Innerhalb der letzten beiden Jahre hätten sich jedoch diverse Modelle zur Performanceschätzung etabliert, die angelehnt an Verfahren aus der Aktien- und Rohstoffbewertung breite Akzeptanz in der Kryptoszene genießen würden. Eines davon sei das sogenannte "Stock to Flow -Modell", in der Folge kurz SF-Modell genannt.

Dieses komme eigentlich aus dem Rohstoffbereich, wobei das Modell die Knappheit eines Gutes als Preisindikator beschreibe. Im Wesentlichen befasse sich das Modell mit der relativen Schwierigkeit der Produktion eines Gutes. Kurz gesagt: Je aufwändiger es sei ein neues Produkt zu erstellen oder einen Rohstoff zu fördern, desto höher die Knappheit. Gold und Silber seien hier ein gutes Beispiel. Schließlich erachteten wir diese seit Jahrtausenden als wertvoll und begehrenswert. Gold werde weiterhin gefördert, aber der industrielle Nutzen ist eher gering. Das heiße, ein Großteil des jemals geschürften Goldes sei immer noch im Umlauf. Es sei daher nicht deshalb so begehrenswert, weil es ein so seltener und viel benötigter Rohstoff sei, sondern weil in Relation zum Gesamtbestand nur sehr wenig gefördert werde. Das Verhältnis zwischen der Gesamtmenge an existierendem Gold (Stock) und der Menge, die pro Jahr gefördert und in Umlauf gebracht werde (Flow), werde als Stock to Flow-Verhältnis bezeichnet.

Dividiere man den Gesamtbestand an verfügbarem Gold durch dessen jährliche Produktion, so erhalte man ein SF-Verhältnis von rund 60. Dies impliziere, dass es rund 60 Jahre dauern würde, um mit der derzeitigen Produktion den aktuellen Bestand an Gold zu erhalten. Je höher der SF-Wert, desto knapper sei das Gut und desto höher sei die Wahrscheinlichkeit der Wertstabilität. Je niedriger das SF-Verhältnis, desto stärker würden Ausfälle bei der Förderung oder Überproduktion ins Gewicht fallen - mit starken Auswirkungen auf die Preise.

Gold sei daher als sicherer Hafen attraktiv, denn Änderungen in der Förderung fielen aufgrund des hohen Bestandes kaum ins Gewicht. Dieses Prinzip könne man sich auch beim Bitcoin zunutze machen, der nicht umsonst auch gerne digitales Gold genannt werde. Denn wie in der Grafik ersichtlich werde, herrsche ein starker Zusammenhang zwischen dem Bitcoinpreis und dem jeweiligen SF-Verhältnis, welcher in der Modellierung des erwarteten zukünftigen Preises als Grundlage diene.



Im Vergleich zu echtem Gold oder anderen Rohstoffen sei die "Produktion" von BTC (Bitcoin) vorab klar definiert. Das Protokoll der Bitcoin-Blockchain sehe einen maximalen Bestand von 21 Millionen Bitcoins vor. Bisher seien rund 18,5 Millionen Coins erzeugt worden, also knapp unter 90 Prozent. Und die Menge steige weiter von Tag zu Tag. Sie steigs nämlich mit jedem erzeugten Block, also das, was in der Szene als Minen oder Schürfen bezeichnet werde. Für jeden neu geschürften Block bekomme ein Miner eine festgelegte Zahl an neuen Bitcoins, was im Grunde einer Belohnung für die dem Netzwerk zur Verfügung gestellte Rechenkapazität entspreche. Diese liege derzeit bei 6,25 Bitcoin pro Block.

Es ergeben sich somit der Bestand an bisher geschürften Bitcoins (Stock) auf der einen und die Zahl an neu hinzukommenden Bitcoins (Flow) auf der anderen Seite. Das mache ein SF-Verhältnis in Höhe von rund 40. Der Vorteil von Bitcoin sei, dass man im Gegenteil zu Gold genau wisse, wie viel in Zukunft geschürft werde. Man wisse also genau, wie viele neue Bitcoins es in Zukunft geben werde. Denn wie schon erwähnt, sei die Produktion des Bitcoins genauestens festgelegt. Sie reduziere sich nämlich in regelmäßigen Abständen um die Hälfte. Genauer gesagt passiere dies alle 210.000 Blöcke. Das sei im Schnitt alle vier Jahre der Fall. Im Fachjargon spreche man dabei vom sogenannten Bitcoin Halving Event.

2009, als der Bitcoin ins Leben gerufen wurde, habe die Belohnung noch 50 Bitcoin betragen. 2012 nach dem ersten Halving seien es nur noch 25. 2016 nur noch 12,5 gewesen. Und seit Mai 2020 seien es gar nur mehr 6,25. Das Halving reduziere somit die Menge an neu entstehenden Bitcoins, sorge dadurch für Knappheit und reguliere damit einhergehend die Inflationsrate von Bitcoin. Und da man diese Gesetzmäßigkeiten kenne, könne man den Verlauf des SF-Verhältnisses in die Zukunft modellieren.



In der Grafik sei zu sehen, dass mit dem Modell zumindest in der Vergangenheit die Preisabbildung relativ gut funktioniert habe. Vor allem im Zuge der bisherigen drei Halving Events (schwarze Striche im Chart) sei historisch in der Folge mit deutlichen Kursanstiegen zu rechnen gewesen. Dies decke sich auch mit der jüngsten Entwicklung nach dem Halving von 12,5 Bitcoin auf 6,25 Bitcoin im Mai 2020.

Wichtig ist laut Schleifer zu betonen, dass dies natürlich kein Garant für die zukünftige Treffsicherheit sei. Zwar weise das Modell einen guten sogenannten statistischen Fit auf, allerdings zeige es auch, wie stark der tatsächliche Preis zwischenzeitlich vom Modellpreis abweichen könne. Die logarithmierte Skala solle dabei nicht über das immense Verlustrisiko hinwegtäuschen. Des Weiteren vernachlässigte das SF-Modell weitere wichtige Parameter. Politische und juristische Einschränkungen fänden ebenso wenig Einfluss in die Berechnung wie makroökonomische Entwicklungen und andere nachfrageseitige Faktoren. Das Modell stütze sich rein auf das Prinzip der Knappheit. Und da der Flow in den kommenden Jahrzehnten immer weiter abnehmen werde, resultiere der damit einhergehende Anstieg der SF-Ratio in exorbitant hohen Kurszielen.

Stock to Flow-Modell deutet auf faire Bitcoin-Bewertung hin



Auch wenn für den Bitcoin kein tatsächlicher innerer fundamentaler Wert wie bei Aktien bestehe, so sei der durch das Stock to Flow-Modell errechnete Preis jener Wert, der dem fundamentalen am nächsten komme. Während in der Aktienbewertung klassische Fundamentaldaten wie Gewinn, Buchwert oder Cashflow pro Aktie dem aktuellen Preis gegenübergestellt würden, habe sich in der Analyse des Bitcoin die Berechnung von Multiples als Verhältnis zwischen dem aktuellen Preis und dem Kurs laut SF-Modell etabliert. Die SF-Multiple sei sozusagen eine Bewertungskennzahl, die dem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) in der Aktienbewertung ähnelt.



Ein Wert von 1 impliziert, dass der tatsächliche BTC-Kurs exakt dem Modellwert entspreche. Manchen mögen die jüngsten Marktentwicklungen stark übertrieben vorkommen, laut Modell bewegten sich diese jedoch im Rahmen des Erwartbaren und deuteten auf eine faire Bewertung hin. Deutlich ersichtlich hingegen seien die Übertreibungen und Blasenbildungen in den Jahren 2011, 2013 und 2017/18.

Einen alternativen Bewertungsansatz stelle das NVT-Verhältnis (Network Value to Transaction Ratio) dar. Im Zuge dessen werde die aktuelle Marktkapitalisierung des Bitcoin dem täglichen US-Dollar-Handelsvolumen, welches über die Blockchain übermittelt werde, gegenübergestellt. Je höher dieser Wert, desto überbewerteter sei der Bitcoin im Hinblick auf seine Verwendung als Zahlungsmittel. Das NVT-Verhältnis verlaufe seit längerem auf hohem Niveau, liege jedoch noch nicht exorbitant über seinem langfristigen Mittelwert.



Wissend um die stark vereinfachenden Annahmen, die den genannten Modellen zugrunde liegen, könne so gezeigt werden, wie viele "Kryptopropheten" ihre ausufernden Kursziele rechtfertigten. Es lasse sich damit nicht nur die jüngste Kursbewegung erklären, sondern auch das weiterhin hohe Kurspotenzial nachvollziehen. Auch wenn damit der aktuelle Höhenflug gar nicht mehr so überraschend sein möge, sei trotzdem höchste Vorsicht geboten, mahnt Schleifer.

Auf der einen Seite könne die künftige Entwicklung des SF-Verhältnisses selbst nur mit Fehlern modelliert werden, weil zum Beispiel die Anzahl an geschürften Blöcken pro Tag variiert und weil viele Bitcoins im Laufe der Zeit verloren gingen - der tatsächlich verfügbare Stock sei daher nicht genau bekannt. Auf der anderen Seite gelte die größte Kritik dem alleinigen Fokus auf die Angebotsseite. Postulierte explosionsartige Kursziele seien nur möglich, wenn auch die Nachfrage gleich bleibe oder zunehme. Das sei durchaus nicht auszuschließen, bleibe aber ein großer Risikofaktor.

Die letzten Entwicklungen waren jedoch durchaus erfreulich, so Schleifer. Nicht nur, dass vermehrt institutionelle Investoren digitale Währungen für sich entdecken hätten, auch Retailkunden sei in der jüngsten Zeit der Zugang zum Kryptomarkt durch Produkte wie Zertifikate und Fonds vereinfacht worden. Auch die BTC-Infrastruktur sei zuletzt kräftig gewachsen. Laut dem Portal Coin ATM Radar habe die Zahl an Automaten für Kryptowährungen im letzten Jahr die Marke von 10.000 Maschinen weltweit überschritten. Österreich, in absoluten Zahlen hinter Ländern wie USA, Kanada und GB auf Platz 4, nehme hier mit eine Vorreiterrolle ein. Auch das globale Transaktionsvolumen nehme weiter zu. Wobei es nach wie vor fraglich sei, wie hoch die Bereitschaft für den Einsatz als breit akzeptiertes Zahlungsmittel sei. Schließlich erfülle der Bitcoin mit einer durchschnittlichen täglichen Schwankung von über fünf Prozent nicht unbedingt das Kriterium der Wertaufbewahrung.

Digitales Gold oder nur billiger Abklatsch des Edelmetalls



Während mit Blick auf die allgemeine Akzeptanz in der Öffentlichkeit derzeit sicherlich noch das Prinzip Hoffnung die Basis für die steigende Nachfrage darstellt, dreht sich das aktuelle Geschehen laut DZ Bank insbesondere um die Frage, ob Bitcoin als inflationssicherer Vermögensgegenstand, quasi als digitales Gold, angesehen werden kann. Der Vergleich zum Edelmetall sei dabei keineswegs neu. Nicht von ungefähr werde der Prozess, mit dem Transaktionen gebucht und die Blockchain verlängert würden, als "Mining" bezeichnet.

Die Kombination aus begrenzter Geldmenge und großem Aufwand für die Geldschöpfung sei es, die Bitcoin-Befürworter als zentralen Vorteil gegenüber traditionellen Währungen vorbrächten. Schließlich liege die Geldmengensteuerung und -schöpfung hier in den Händen der Zentral- und Geschäftsbanken. Zumindest theoretisch seien einer Geldmengenausweitung im letzteren System keine Grenzen gesetzt.

So einleuchtend diese Einschätzung auf den ersten Blick auch erscheinen möge, Kritiker wendeten zurecht ein, dass die Eignung von Bitcoin, in Krisen als Zahlungsmittel und zum Erhalt von Vermögenswerten zu fungieren, erst noch zu beweisen sei, während Gold einen entsprechenden Status in den vergangenen Jahrhunderten über viele Kriege und Krisen hinweg etabliert habe. Zudem könne das Edelmetall im Gegensatz zur Kryptowährung auch ohne Computer oder Elektrizität eingesetzt werden und lasse sich bei Bedarf immerhin noch als dekorativer Schmuck oder zu Besteck verarbeiten.

Vielleicht das neue Gold - auf keinen Fall aber Grün



Laut Raiffeisen Research ist Bitcoin eventuell das neue Gold, auf keinen Fall aber sei es als Grün zu bezeichnen. Gegen den Bitcoin spreche, dass er abseits des First Mover Effekts nicht unbedingt zu den "besten" Kryptowährungen gehöre. Die technische Unterlegenheit und vor allem der extrem hohe Energieverbrauch könnten künftig zunehmend zum Problem werden.



Die Grafik zeigt den geschätzten jährlichen Stromverbrauch des Bitcoinnetzwerks im Zeitverlauf. Aktuell liegt dieser knapp über 77 Terawattstunden (TWh). Wobei laut Schleifer angemerkt werden muss, dass diese Schätzungen mit großer Unsicherheit behaftet sind. Pessimistischere Annahmen führten zu einem Verbrauch von mehr als 200 TWh. Zum Vergleich, in Österreich werden knapp 70 TWh pro Jahr verbraucht.

Für eine einzige Transaktion falle der Verbrauch von knapp 700 Kilowattstunden (kWh) an. Äquivalent dazu könnten mit dem gleichen Stromaufwand mehr als 400.000 VISA-Transaktionen durchgeführt werden. Auch die CO2-Bilanz spreche nicht für die Digitalwährung. Schließlich verursache eine einzige Transaktion genauso viel CO2 wie das Ansehen von rund 50.000 Stunden an Youtube-Videos. Der Bitcoin möge für manche golden erscheinen - grün sei er aber auf keinen Fall.

Bitcoin zur Risikoreduktion - ein Widerspruch?



Laut Raiffeisen Research gibt es mit Blick auf Bitcoin ein Für und Wider, das jeder Investor mit seinem eigenen Risikoprofil, seinem Anlageziel und seinem Investmenthorizont vereinbaren müsse. Die Aussicht auf hohe Gewinne bei gleichzeitig hoher Schwankungsbreite sollte stets dem Risiko des Totalverlustes gegenübergestellt werden. Trotzdem aber könne ein Investment in Kryptowährungen eine Option für Anleger sein, die sich des Totalverlustrisikos von Kryptowährungen und der hohen Volatilität bewusst seien. Während Aktienmärkte untereinander in der Regel eine relativ hohe Korrelation vorwiesen, werde aufgrund der geringen linearen Abhängigkeit zur Risikostreuung gerne Gold mit ins Depot genommen. Gold solle sozusagen als sicherer Hafen dienen.



Wie im Chart ersichtlich, erfülle auch der Bitcoin diese Eigenschaft. Schleifer merkt dazu an, dass ein Verlauf rund um den Wert Null auf eine niedrige Korrelation hinweist. Je näher der Korrelationskoeffizient im Zeitverlauf bei eins steht, desto gleicher die Kursentwicklung zweier Assets. Seit 2019 sei gar zu beobachten, dass die Korrelation mit Gold deutlich zunehme. Das stütze die zuletzt oft verbreitete Hypothese, dass der Bitcoin vermehrt ebenfalls als Safe Haven betrachtet werde und den Begriff "digitales Gold" unterstreiche.



Raiffeisen Research-Fazit: Kleine Portfolio-Beimischung ja, blind dem Markt nachlaufen nein



Am Ende der hauseigenen Ausarbeitung konstatiert Raiffeisen Research, dass der Bitcoin weiterhin die Geister scheidet. Rund um die Anhänger, welche die Digitalwährung mittel- bis langfristig bei null sähen, sei es zuletzt ruhiger geworden. Kryptobullen seien im Aufwind.

Mit Hilfe der Studie habe man aber gezeigt, dass die Kursziele jenseits von 100.000 oder gar eine Million Dollar auf sehr optimistischen und stark vereinfachenden Annahmen in den Modellen beruhten. Diese allein stellten keine zuverlässige Entscheidungsgrundlage dar.

Tatsache sei, nachdem sich der Wert 2020 mehr als verdreifacht habe und das Momentum weiterhin stark sei, wären künftige weitere Zugewinne nicht überraschend. Gleichzeitig steige aber auch die Wahrscheinlichkeit für Gewinnmitnahmen - und diese seien historisch meist heftig ausgefallen. Rücksetzer im zweistelligen Prozentbereich seien ebenso möglich wie ein Totalverlust. Diverse Indikatoren, welche die Stimmung an den Märkten messen, deuteten darauf hin, dass der Kryptomarkt derzeit stark überhitzt sei - das sei eigentlich kein gutes Zeichen.

Klar sei aber auch, dass es in der Vergangenheit immer wieder negative Expertenmeinungen gegeben habe. Auch in den Jahren 2011, 2013 und 2018. Damals hätten sich die Preise wohlgemerkt bei 10, 100 und 19.000 Dollar bewegt. Dementsprechend seien viele eines Besseren belehrt worden. Zum Mond werde der Kurs vermutlich nicht gehen. Und der Traum vom schnellen Reichtum sollte nicht auf Kosten zu hoher Risiken erfolgen. Als kleine Beimischung in einem breit gestreuten Portfolio mit unterschiedlichen Anlageklassen hätten Bitcoin & Co. im aktuellen Umfeld jedoch durchaus eine Daseinsberechtigung. Wichtig sei, nicht blind dem Markt nachzulaufen. Denn nicht alles sei digitales Gold was glänze.

DZ Bank-Fazit: Nur so viel Geld investieren, wie man bereit ist, als Totalverlust in Kauf zu nehmen



Für die DZ Bank ergibt sich aufgrund der angestellten Überlegungen folgende Erkenntnis: Weder lasse sich mit der Theorie vom digitalen Gold der momentane Kurs von 40.000 Dollar als angemessen rechtfertigen oder gar weiteres Aufwärtspotenzial mit Sicherheit ableiten, noch spreche die hieran geäußerte Kritik für einen bevorstehenden Kurseinbruch. Bitcoin sei das wert, was andere bereit seien dafür zu bezahlen. Damit lasse sich eine Schwankungsbreite für den "richtigen Preis" zwischen "Null und sehr viel mehr" ableiten.

Jegliche Form einer genaueren Prognose sei lediglich Ausdruck eines Bauchgefühls. Schließlich verfügten Bitcoin nicht über einen intrinsischen Wert. Auch seien keine nachvollziehbaren, fundierten Theorien bekannt, wie es sie für traditionelle Währungen beispielsweise in Form der Kaufkraftparität gebe.

Dabei gebe es sogar nachvollziehbare Ansätze, die für eine weitere Aufwärtsbewegung sprechen würden. Sollte Bitcoin beispielsweise die Kursdynamik des Jahres 2017 wiederholen wollen, stünde die Rally erst im Bereich von 65.000 Dollar vor ihrem Ende (und einem darauffolgenden Kurseinbruch). Würde es der Kryptowährung gelingen, genügend Anleger davon zu überzeugen, dass der Vergleich mit Gold gerechtfertigt sei, könnte die Marktkapitalisierung des Edelmetalls als Orientierungsgröße dienen.

Würden hierbei nur die zurechenbaren, privaten Investitionen berücksichtigt, belaufe sich der weltweit vorhandene Goldbestand auf gut 3.000 Milliarden Dollar. Übertragen auf die Kryptowährung müsste der Kurs demnach bei fast 175.000 Dollar stehen, um auf eine vergleichbare Größenordnung zu kommen.

Eine Garantie, dass derartige Kursniveaus jemals erreicht werden, gebe es nicht. Sehr wahrscheinlich sei hingegen, dass erhebliche Kursschwankungen auch künftig an der Tagesordnung bleiben werden. Dies liege nicht zuletzt daran, dass Markttiefe und -breite bei Kryptowährungen weiterhin zu wünschen übrigließen. Größere Kauf- oder Verkaufsorders könnten daher signifikanten Einfluss auf das Preisniveau nehmen. Ein Vergleich der Marktkapitalisierung verschiedener Finanzmarktsegmente unterstreiche diese Einschätzung. Das gesamte Kryptowährungssegment habe derzeit ein Volumen von 1.000 Milliarden Dollar. Allein der durchschnittliche tägliche Umsatz am Devisenmarkt habe im April 2019 laut BIZ bereits über 6.500 Milliarden Dollar erreicht. Sowohl die Aktien- als auch die Anleihemärkte hätten ein weltweites Volumen von deutlich über 100.000 Milliarden Dollar.

Erschwerend hinzukomme, dass sich der Großteil der existierenden Bitcoin-Einheiten im Besitz einiger weniger Marktteilnehmer befinden dürfte. So sollen laut Medienberichten rund 95 Prozent der Kryptowährung auf zwei Prozent der bestehenden, anonymen Konten in der Blockchain liegen. Den Löwenanteil hiervon besäßen sogenannte "Bitcoin-Wale", die den Kurs über größere Orders mühelos in die eine oder andere Richtung verschieben könnten.

Bitcoin-Enthusiasten würden derartige Details wenig interessieren. Ähnlich irrelevant verhalte es sich mit kritischen Verweisen auf den immensen Stromverbrauch, den das Bitcoin-Netzwerk erzeuge. Berechnungen zufolge könnte mit der für eine einzige Transaktion notwendigen Energie ein Elektroauto rund 3.000 km weit fahren oder ein durchschnittlicher Kühlschrank mehr als acht Jahre mit Strom versorgt werden. Die hiermit verbundenen Kosten spielten nur so lange keine Rolle, wie Miner für ihre Arbeit durch neue Bitcoin-Einheiten ausreichend entlohnt werden. Andernfalls würden sie entweder ihre Arbeit einstellen oder eine Gebühr für Transaktionen einfordern - so oder so wäre damit zu rechnen, dass die Attraktivität der Kryptowährung leide.

Sowohl Bitcoin-Kritiker, die dessen Niedergang nicht erst seit dem jüngsten Kursanstieg prognostizierten, als auch Anhänger, für die Bitcoin zum Teil das künftige weltweite Geld und Gold zugleich darstelle, hätten demnach durchaus nachvollziehbare Argumente auf ihrer Seite. Interessierte Anleger würden nicht darum herumkommen, sich selbst ein Bild von der Materie zu machen, um dann zumindest ihrem eigenen Bauchgefühl folgen zu können - vergleichbar mit dem Einsatz beim Roulette. Während hierbei eine Beimischung in ein Portfolio für den einen oder anderen Sinn ergeben möge, sollte bei der Altersvorsorge sicherlich nicht gänzlich auf Bitcoin & Co. gesetzt werden. Als Faustregel gilt laut DZ Bank, dass nur so viel Geld investiert werden sollte, wie man bereit ist, als Totalverlust in Kauf zu nehmen. Andernfalls könne jederzeit auch ein böses Erwachen drohen.