Eine neue Ära bricht auf dem deutschen Automobilmarkt an. Müssen sich BMW, Mercedes, VW und Porsche jetzt warm anziehen?
Auf der Automesse in München zeigen Chinas neue Autoriesen erstmals Flagge – und BMW, Mercedes, VW und Porsche, wie sie Paroli bieten wollen
Zum zweiten Mal nach der Premiere 2021 findet in der kommenden Woche (5. bis 10. September) die IAA Mobility in München statt. Ein Schwerpunkt wird Elektromobilität sein. Auf einer der wichtigsten Leitmessen der Branche wollen sich diesmal erstmals neben US-Pionier Tesla auch aufstrebende chinesische Elektroautobauer wie Xpeng, Nio und BYD präsentieren.
Das dürfte spannend werden. Denn bei Themen wie Digitalisierung, Batterietechnologie und autonomem Fahren setzen die Chinesen neue Maßstäbe. So haben sie sich für deutsche Konzerne wie VW, BMW, Mercedes-Benz und Porsche längst zu ernst zu nehmenden Konkurrenten entwickelt. Sie bieten inzwischen qualitativ hochwertige Fahrzeuge mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis in deutlich kürzeren Modellzyklen an. BYD etwa hat im chinesischen Markt gerade erst VW als Marktführer verdrängt und greift nun in Europa an.
„Die Chinesen sind ähnlich wie Tesla in Europa in einem -Volumenrennen. Der Start zu diesem Volumenrennen ist die IAA“, glaubt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die deutschen Hersteller haben die Zeichen der Zeit erkannt, stecken aber noch mitten in einem Aufholprozess. So haben sie die Zahl der ausgelieferten vollelektrischen Pkw (BEV) zwar deutlich gesteigert, deren Anteil am Gesamtabsatz ist aber noch immer vergleichsweise niedrig. Bei BMW waren es zuletzt 14 Prozent, bei Mercedes und Porsche jeweils elf und bei VW sieben Prozent. Und während die deutschen Autobauer zusammen im ersten Halbjahr 600 000 BEV auslieferten, waren es bei BYD fast 700 000 und bei Tesla 900 000.
BMW, Mercedes, VW und Porsche müssen sich warm anziehen
„Die Chinesen haben deutlich bessere Skalenerträge bei Elektroautos als alle westlichen Autobauer“, warnt Dudenhöffer. „Um diese noch besser zu entfalten, sind Preiskriege ein probates Mittel. Das hat Elon Musk gezeigt. Wir können uns in Europa mit dem Startschuss IAA auf einen harten Preiskampf beim Elektroauto einstellen.“
Doch die deutschen Hersteller bieten auch Paroli. Im deutschen Markt hat beispielsweise VW beim Absatz von BEV den Konkurrenten Tesla im ersten Halbjahr überholt. BMW wiederum sieht den wachsenden Anteil an Elektrofahrzeugen als Wachstumstreiber im weiteren Jahresverlauf, wie Vorstandschef Oliver Zipse Anfang August bei der Vorlage der Quartalszahlen sagte. Bis 2025 soll der BEV-Anteil am Konzernabsatz auf 25 Prozent steigen. Dennoch bleibe der Absatz von Verbrennungsmotoren ein wichtiges Fundament, denn anders als in Europa sei in anderen großen Märkten ein Auslaufen herkömmlicher Modelle nicht geplant. So schraubte BMW seine Jahresprognosen gerade auch mit Blick auf den florierenden US-Markt nach oben.
Für Unruhe sorgt unterdessen der US-Elektroautopionier Tesla, der gerade erst den Preiskampf in China mit einer neuen Preissenkungsrunde verschärft hat. Dort positioniert sich zudem der chinesische Autobauer Li Auto im Premiumsegment und will die etablierten Marken BMW, Mercedes-Benz und Audi schon im kommenden Jahr überholen. Laut Konzernchef Li Xiang soll dies über steigende Produktion und Einführung neuer Modelle geschehen.
Derweil legt der globale Automarkt seit dem Corona-Einbruch 2020 wieder zu. Mit rund 76 Millionen verkauften Fahrzeugen in diesem Jahr bleibt er aber noch immer deutlich unter dem bisherigen Rekordjahr 2017.