Keine Frage: Europa ist in der Corona-Pandemie ein Spätzünder. Die Impfkampagne nimmt gerade erst Fahrt auf, und auch was das Tempo der konjunkturellen Erholung angeht, sieht es im Vergleich zu den Wirtschaftsmächten USA und China eher schwach aus. Während die Wirtschaft der USA in diesem Jahr um mehr als sechs Prozent wachsen dürfte, bleibt Europa als Ganzes mit drei bis vier Prozent Plus deutlich zurück. Immer mehr Volkswirte korrigieren inzwischen ihre auf das Jahr 2021 bezogenen Wachstumserwartungen für die europäischen Volkswirtschaften nach unten und rechnen dafür 2022 mit einem größeren Wachstumsschub.
Dass die Aufbruchstimmung in der US-Wirtschaft euphorischer ausfällt als in Europa, verdeutlicht auch der bisherige Verlauf der Berichtssaison. In den USA haben gut 85 Prozent der Unternehmen die Analystenerwartungen im ersten Quartal 2021 übertroffen und schlagen damit ihre europäischen Pendants um zehn Prozent. Auch wenn man berücksichtigen muss, dass ein größerer Teil der europäischen Firmen noch bis Mitte Mai Zahlen und die ersten Jahresausblicke für 2021 präsentieren wird, kommt die konjunkturelle Erholung später aus den Startblöcken als ursprünglich erwartet.
Ob daraus ein gravierender Nachteil entsteht, beurteilen Finanzexperten unterschiedlich. David Wehner, Portfoliomanager bei der Münchner Vermögensverwaltung Do Investment, macht hier eine analoge Entwicklung aus wie zu Zeiten der Finanzkrise ab 2007: "Auch damals haben die USA die Verwerfungen schneller bewältigt. Dementsprechend früher gingen die Börsen in den Erholungsmodus über. Das neue Jahrzehnt hat jetzt für Europa mit einem neuen Malus hinsichtlich eines nachhaltigen Aufschwungs begonnen."
Demgegenüber steht die Einschätzung, dass die europäischen Märkte mit ihrem breiten Universum an konjunktursensiblen Unternehmen ein lange aufgestautes Erholungspotenzial bergen. Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International, erwartet bei einer Umsetzung der für Europa vorgesehenen konjunkturellen Hilfsprogramme "einen wirtschaftlichen Aufschwung, wie wir ihn lange nicht gesehen haben." Diese Entwicklung, so sein Fazit aus Investorensicht, spiegele sich noch nicht in der Zusammensetzung der meisten Anlegerdepots wider. Einen starken Aufschwung erwartet er vor allem in den Sektoren Energie, Finanzen, Industrie und zyklischer Konsum.
Zykliker im Höhenflug
Stark exportorientierte Unternehmen mit Sitz in Europa profitieren bereits vom Aufschwung in Asien und in den USA. Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei JP Morgan Asset Management, macht dafür einen klaren Grund aus: "Europäische Märkte haben einen stärker ausgeprägten zyklischen Charakter und sind an das wirtschaftliche Momentum der Weltkonjunktur gekoppelt." Damit lasse sich auch kompensieren, dass der fiskalische Schub in der EU nicht so stark ausfalle wie bei den von der US-Regierung aufgelegten Konjunkturhilfsprogrammen. Auf Branchenebene sieht Galler Banken, Automobile, Industriegüter, Transport und Einzelhandel als Profiteure des aktuellen Aufschwungs. Aber auch zuletzt gebeutelte Sektoren wie Rohstoffe oder Energie werden nach Gallers Einschätzung bei ihrem Gewinnwachstum durch die mit der Erholungsphase einhergehende Reflationierung bei den Preisen unterstützt.
Indes stellt sich die Frage, ob die Gewinner der Corona-Pandemie, in erster Linie also die Technologie- und Gesundheitsbranche, weiterhin attraktive Renditechancen bieten - zumal es hier zuletzt teilweise kräftige Korrekturen gab. Fondsmanager Wehner verfolgt bei den Technologietiteln einen differenzierten Ansatz. Die Branche als Ganzes hat er aufgrund der gestiegenen Bewertungen inzwischen untergewichtet. Spannend bleiben für ihn jedoch ausgewählte Firmen, die vom Trend zur Elektromobilität profitieren und dabei im Hinblick auf ihre Geschäftsfelder breit diversifiziert sind. Pharmawerte und Gesundheitsdienstleister bleiben im Portfolio übergewichtet.
Finanztitel gehören zu den weiterhin niedrig bewerteten Sektoren. Guillaume Brisset, Geschäftsführer und Fondsmanager bei Clartan Associés, sieht hier Kaufkurse: "Bankenaktien stehen noch am Beginn ihrer Erholung und sind noch günstig bewertet. Regulatorische Erleichterungen, die in den nächsten Quartalen kommen, werden sich bei den Erträgen positiv auswirken."
Für Tilmann Galler ist das Renditepotenzial vorerst eher kurzfristiger Natur: "Europäische Finanztitel können angesichts der konjunkturellen Erholung einige schönere Quartale vor sich haben. Um hinsichtlich der Ertragsstärke gegenüber der führenden US-Konkurrenz aufzuholen, bedarf es aber erst nachhaltiger Veränderungen auf der Zinsseite, damit sich mit den bisherigen Geschäftsfeldern höhere Margen erzielen lassen."
Qualitätskriterien für Überflieger
Europäische Aktien sind branchenübergreifend tendenziell niedriger bewertet als ihre US-Wettbewerber. Allerdings hat auch hier Qualität ihren Preis. Mit anderen Worten: Für Marktführer mit nachhaltigem Wachstum und hohen Erträgen müssen Anleger eine höhere Bewertung in Kauf nehmen. Erste Wahl sind Firmen, die in ihrer Marktnische eine führende Marktstellung haben und eine langfristig stabile Gewinnentwicklung mitbringen.
Als Qualitätssiegel in der Bilanz herhalten sollten eine hohe und nachhaltige Kapitalrendite sowie ein stabiler Cashflow, der in erster Linie in das Geschäft reinvestiert wird, also in neue Technologien, Produktionsstätten oder gezielte Zukäufe.
Auch wenn einzelne Ländermärkte wie Italien oder Spanien zurzeit günstiger bewertet sind, sollte das Stockpicking nach geografischen Gesichtspunkten niemals eine entscheidende Rolle spielen. Traditionelle und wachstumsschwache Branchen wie Energie, Banken und Telekoms sind in vielen europäischen Leitindizes noch höher gewichtet.
Stattdessen sollte das Geschäftsmodell einem Stresstest unterzogen werden. Eine zentrale Frage sollte hier immer sein, ob das Unternehmen in der Lage ist, in Zukunft weitere Marktanteile zu gewinnen.
Ashtead-Aktie: Allesvermieter wächst mit der US-Konjunktur
Alles, was es an Investitionsgütern zu verleihen gibt, hat Ashtead im Sortiment. Hebebühnen, Baugeräte, Pumpen und Generatoren zählen dazu, aber auch Klimaanlagen, Ausrüstung für Events und Großveranstaltungen oder aktuell mobile Teststationen für Corona-Tests. Auf der Kundenliste stehen Baukonzerne, Büros, Krankenhäuser und Shoppingcenter.
Geografisch ist das Geschäft klar aufgeteilt: Im Heimatmarkt Großbritannien tritt Ashtead unter dem Firmennamen A-Plant auf, in den USA und in Kanada ist der im FTSE 100 gelistete Konzern über die Tochter Sunbelt aktiv.
Mit einem Umsatzanteil von 85 Prozent hat das US-Geschäft auch die Schlüsselrolle. Dort ist Sunbelt auf die Gerätevermietung für die Bauindustrie spezialisiert. Den Marktanteil in den USA will Ashtead von zurzeit zehn auf 15 Prozent ausbauen. Das Geschäft ist alles andere als spektakulär, aber hochprofitabel. In einzelnen Bereichen erzielt Ashtead operative Margen von mehr als 50 Prozent.
Für das am 30. April beendete Geschäftsjahr 2020/21 erwarten die Konsensschätzungen beim operativen Ergebnis einen Rückgang von gut zehn Prozent bei einem minimalen Umsatzminus. Langfristig zeichnet sich Ashtead durch konstante Wachstumsraten aus. So legten die Erlöse im Zeitraum 2013 bis 2019 jährlich im Schnitt um 21 Prozent zu. Der starke Fokus auf die USA wird sich jetzt auszahlen, weil die Konjunkturprogramme der US-Regierung zu einem Boom bei Infrastruktur- und Bauprojekten führen werden. Einziges Hindernis im aktuellen guten Lauf von Geschäft und Aktienkurs ist die sportliche Aktienbewertung. Für den Aufbau neuer Positionen empfiehlt es sich, Rücksetzer abzuwarten.
Ericsson B-Aktie: Herr der 5G-Netze übertrumpft Rivalen
Für den schwedischen Telekomausrüster zahlt sich der 2017 eingeschlagene Weg aus, konsequent in die 5G-Technologie für mobile Kommunikationsnetze zu investieren. Das superschnelle 5G-Netz ermöglicht bei Smartphones völlig neue Anwendungen wie Virtual Reality.In der Industrie kann es Geräte und Komponenten fast ohne Verzögerungen bei der Übertragung miteinander vernetzen. Branchendienste erwarten bis 2026 jährliche Wachstumsraten von über 120 Prozent auf mehr als 600 Milliarden US-Dollar.
Ericsson baut seine Marktanteile kontinuierlich aus und profitiert dabei von zwei Faktoren. Die politischen Spannungen zwischen den USA und China haben dazu geführt, dass die technologisch führenden chinesischen Wettbewerber Huawei und ZTE in den USA und anderen Märkten aus dem Rennen sind. Zugleich kann Nokia aufgrund der anhaltend hohen Kosten für den Konzernumbau bei den Investitionen für 5G nicht mehr mithalten. Nicht nur in Europa, sondern auch in Asien schnappt sich Ericsson Aufträge für die Netzausrüstung mit 5G, beispielsweise von China Mobile oder von KDDI in Japan.
Nach der Umstrukturierung hat Ericsson 2020 die Trendwende auf der Gewinnseite geschafft. Dazu ist das schuldenfreie Unternehmen finanziell stark aufgestellt. Der freie Cashflow verdoppelte sich 2020 auf umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Weil Ericsson auch in den nächsten Jahren von kräftig steigenden Mittelzuflüssen ausgeht, können sich Anleger auf höhere Dividendenausschüttungen freuen. Hält man sich dazu noch vor Augen, dass die Analystenschätzungen für die nächsten zwei Jahre ein Gewinnwachstum im oberen zweistelligen Bereich erwarten, hat die Aktie weiter Luft nach oben.
Infineon-Aktie: Neuer Boom dank E-Autos und Internet
Wie alle Chiphersteller ist Infineon von den knappen Kapazitäten bei den Auftragsfertigern betroffen. Dass die Aktie nach Bekanntgabe des Quartalsergebnisses abtauchte, ist nicht etwa einem enttäuschenden Zahlenwerk geschuldet, sondern Gewinnmitnahmen in einem zunehmend volatilen Marktumfeld. Die Nachfrage in den Endmärkten zieht kräftig an.
Das gilt vor allem für die Autoindustrie, wo in der Leistungselektronik der Elektrofahrzeuge immer mehr Chips und Sensoren verbaut werden. Und mit der neun Milliarden US-Dollar schweren Übernahme von Cypress Semiconductor, einem Hersteller von Mikrocontrollern, Software und Hochleistungs-Speicherelementen, hat Infineon sein Standbein in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen wie Rechenzentren, Elektrofahrzeugen und Energienetzen deutlich verstärkt.
Infineon hat nicht nur überzeugende Quartalszahlen geliefert, sondern auch seine Prognose für das am 30. September endende Geschäftsjahr 2020/21 erneut leicht angehoben. Der Umsatz soll bei elf Milliarden Euro herauskommen, das Ganze bei einer Segmentergebnismarge von 18 statt der bislang erwarteten 16,5 Prozent. Die freien Mittelzuflüsse sollen um 50 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro steigen. Wegen der hohen Nachfrage will Infineon den für Ende 2021 geplanten Produktionsstart der neuen Chipfabrik am Standort Villach vorziehen. Bis zu 2,4 Milliarden Euro sollen in den Ausbau der Chipfabrik Dresden fließen. Wer die aktuelle Kursschwäche der Münchner zum Einstieg nutzt, muss sich im Klaren sein, dass die hohe Bewertung die Erwartungshaltung der Märkte reflektiert. Jede Enttäuschung beim in Aussicht gestellten Wachstum könnte zu Abverkäufen führen.
Linde-Aktie: Grüner Wasserstoff gibt künftig Auftrieb
Die Linde-Aktie zieht seit zwei Monaten unbeirrt auf neue Allzeithochs. Dennoch liefert uns der weltweit größte Gasekonzern weiter Argumente für höhere Ziel- und Stoppkurse. Da wäre zum einen das solide Kerngeschäft mit Industrie- und Medizingasen. Ein großer Pluspunkt des operativen Geschäfts sind die stabilen Endmärkte mit ihrer konstanten Nachfrage. Die Linde-Gase werden in der Chemieindustrie und der Autoproduktion ebenso genutzt wie in der Metallbearbeitung und in der Gesundheitsversorgung. Wie Konkurrent Air Liquide ist Linde hier in oligopolistischen Märkten aktiv, in denen wenige Unternehmen die Preise bestimmen.
Zukunftsfantasie bietet zum anderen das Geschäftsfeld "grüner Wasserstoff". Mit zuletzt zwei Milliarden Euro und damit einem Anteil von weniger als zehn Prozent am Gesamtumsatz ist der Bereich noch eine Randsparte. Sieht man sich die potenziellen Märkte an, ist hier aber noch reichlich Luft nach oben. Vor allem in der Industrie und bei stationären Brennstoffzellen sieht Linde große Absatzmärkte. In der Stahlindustrie könnte Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der drastischen Reduktion der CO2-Emissionen spielen. Bei Fahrzeugen setzt Linde vor allem auf große Transportmittel wie Schiffe, Züge, Busse und Lkw, wo eine schnelle Betankung und Befüllung wichtig ist. Für 2021 gibt das starke Auftaktquartal die Richtung vor. Während der Umsatz begünstigt durch Währungseffekte um sieben Prozent auf 7,2 Milliarden Euro stieg, legte Linde einen um Bilanzierungseffekte bereinigten Gewinnsprung von 30 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro hin. Für das Gesamtjahr rechnet Linde mit einem Gewinnplus von rund 20 Prozent.
Per Nexi-Aktie: Einkaufstour zum Branchenchampion
Den meisten Börsianern hierzulande ist das italienische Unternehmen noch kein Begriff. Italien-Urlauber kommen am ehesten mit Nexi in Kontakt als Kreditkarte von Visa und Mastercard. Der seit 2019 börsennotierte Zahlungsabwickler ist zusammen mit Worldline aus Frankreich mittlerweile der europaweit größte Anbieter in seiner Branche. Auch wenn die Unternehmen längst international aktiv sind, ist der europäische Markt noch vergleichsweise fragmentiert. Weil nur ein Bruchteil der über sie abgewickelten Umsätze in den Kassen der Dienstleister hängen bleibt, sind Größenvorteile erfolgs- entscheidend.
Auf dem Weg in die europäische Champions League hat Nexi 2020 zwei richtungsweisende Coups gelandet. So wurde im März die Ende 2020 verkündete Übernahme des skandinavischen Wettbewerbers Nets A/S kartellrechtlich genehmigt. 7,8 Milliarden Euro inklusive 1,8 Milliarden Euro für Verbindlichkeiten legt Nexi für das Unternehmen aus Kopenhagen auf den Tisch und sichert sich damit den Zugang zu Märkten im deutschsprachigen Raum und in Nordeuropa. Durch die Akquisition entsteht der von Volumen und Kundenzahl her größte Online-Zahlungsdienstleister in Europa. Zuvor war Nexi im Oktober 2020 mit dem heimischen Konkurrenten SIA fusioniert.
Negative Effekte der Corona-Pandemie hat Nexi gut weggesteckt. Der Jahresumsatz schrumpfte 2020 um 8,5 Prozent, während sich der operative Gewinn um acht Prozent verringerte. Gelingt die Integration, sollte Nexi bald durchstarten. Branchenexperten erwarten, dass sich die 160 Millionen Euro Konzerngewinn von 2020 in den nächsten drei Jahren mehr als verdoppeln werden.
Novo Nordisk-Aktie: Neue Indikationen für Diabetesarzneien
Der dänische Pharmakonzern zählt mit einer operativen Marge von 37 Prozent in seiner Branche zu den Spitzenreitern. 85 Prozent der Umsätze generiert Novo Nordisk mit Diabetesmedikamenten und Insulinpräparaten. Um das Umsatzpotenzial seines Diabetesportfolios zu vergrößern, erweitert Novo Nordisk das Einsatzspektrum in andere Krankheitsfelder wie Fettleibigkeit. So wird Victoza unter dem Markennamen Saxenda zur Gewichtsreduktion vor allem bei Diabetespatienten verwendet. Weil der Wirkstoff die Blut-Hirn-Schranke durchdringt, verlangsamt er die Nahrungspassage durch den Magen und erhöht das Sättigungsgefühl.
Nachdem die Saxenda-Erlöse im Corona-Jahr 2020 bei umgerechnet 750 Millionen Euro stagnierten, erwarten Branchenexperten, dass bald die Milliardenmarke übertroffen wird. Für das Diabetesmittel Ozempic, das 2020 fast drei Milliarden Euro erlöste, wird die Zulassungsentscheidung in den USA gegen Fettleibigkeit ab dem Spätsommer erwartet. Der Vorteil des Produkts ist, dass die Patienten es sich nur einmal wöchentlich und nicht täglich wie bei Saxenda subkutan spritzen müssen. Die jüngsten Quartalszahlen lagen im Rahmen der Erwartungen. Umsatz und operativer Gewinn für 2021, so prognostiziert das Management, sollen im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich zulegen. Mögliche Erlöse für Ozempic im Falle einer Zulassung für die neue Indikation sind darin noch nicht berücksichtigt. Der globale demografische Trend mit einer zunehmenden Zahl an diabeteskranken Menschen spielt Novo Nordisk weiter in die Hände. Wegen seines hochprofitablen Geschäfts bleibt das Unternehmen einer unserer Favoriten im Pharmasektor. Wir erhöhen das Kursziel.
Veolia Environnement-Aktie: Neuer Ertragsschub durch Übernahme
Der französische Wasser- und Recyclingkonzern befindet sich nach dem Gewinneinbruch vom Vorjahr wieder in der Erfolgsspur. Der bereinigte Konzerngewinn soll dieses Jahr das Niveau von 2019 übertreffen. Vor allem das Recyclinggeschäft generiert für Veolia Environnement wieder höhere Margen, weil die Preise für Altpapier und Sekundärrohstoffe anziehen. Darüber hinaus steigen die Einnahmen mit dem Kunststoffrecycling in den Niederlanden und in Skandinavien wieder deutlich an. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres erhöhten sich die Erlöse der Abfallsparte um drei Prozent auf über 2,5 Milliarden Euro. Der Gesamtumsatz verbesserte sich um zwei Prozent auf 6,8 Milliarden Euro. Vor allem aber geht es mit den Margen wieder nach oben: Während der operative Gewinn auf Ebitda-Basis um elf Prozent auf fast 1,1 Milliarden Euro kletterte, stieg unterm Strich der Konzerngewinn um 55 Prozent auf 188 Millionen Euro.
Noch wichtiger für die zukünftige Ausrichtung ist, dass die Akquisition von Suez Environnement nach einem langen Verhandlungspoker in trockenen Tüchern ist. Nachdem sich der einheimische Konkurrent gegen eine feindliche Übernahme sträubte, haben sich beide Seiten im April geeinigt. So wird Suez in Zukunft in einer eigenen Geschäftseinheit seine bisherigen Wassergeschäfte sowie die Abfallentsorgung in Frankreich und im Ausland beibehalten. Schafft es der neue Konzern auch noch, seine hohe Nettoverschuldung von zuletzt zwölf Milliarden Euro stetig herunterzufahren, steht die Aktie vor einer Neubewertung. Seit Jahresanfang hat der Titel bereits um 30 Prozent zugelegt, er bleibt in fundamentaler Hinsicht aber weiterhin kaufenswert.