Euphorisiert sind auch die deutschen Autobauer: Audi ist schon dabei, für die kommende Saison haben auch Porsche, Mercedes und BMW unterschrieben. Selbst alte Hasen der Formel-1-Szene packt das Batteriefieber: David Coulthard, Nick Heidfeld und Ex-Weltmeister Nico Rosberg lassen sich bei PR-Terminen blicken, fahren selbst mit oder beteiligen sich sogar als Investoren.
Börsengang elektrisiert die Branche
Wie groß der Hype um Elektroautos und nicht zuletzt um die Hersteller der wichtigen Batteriezellen ist, zeigte zuletzt der Börsengang des chinesischen Produzenten Contemporary Amperex Technology (CATL). Vor wenigen Tagen legte der ein fulminantes Börsendebüt aufs Parkett: Allein am ersten Tag kletterte der Kurs um 44 Prozent nach oben. Und es hätte deutlich mehr sein können - wäre dies nicht das Limit in China, um das der Kurs an einem Tag zulegen darf.
Mittlerweile explodierte er förmlich: An jedem der ersten sechs Börsentage stieg er um den höchstmöglichen Prozentsatz - mittlerweile hat er sich annähernd verdreifacht. Das IPO katapultierte den Technologiekonzern an die Spitze des ChiNext, das chinesische Pendant zum US-amerikanischen Technologieindex Nasdaq. Aktuell beträgt der Börsenwert von CATL knapp 20 Milliarden Euro. Vor gerade mal sieben Jahren gegründet, löste das Unternehmen Panasonic als weltweit größten Hersteller von Batteriezellen ab.
Ob in Smartphones, E-Bikes, Haushaltsgeräten und künftig vor allem in Autos: Überall sind aufladbare Batterien als Speichermedium und Energiequelle im Einsatz. 2014 betrug der Anteil an Lithium- Ionen-Akkus für die Autoindustrie noch 25 Prozent. Mittlerweile verschlingt diese mehr Batterien als der gesamte Restmarkt. Experten sind sich einig: Jedes Jahr wird das vorangegangene toppen. Gerade mal 1,2 Prozent aller Fahrzeuge fahren aktuell voll oder teilweise batteriebetrieben. Doch nahezu sämtliche Autobauer haben angekündigt, in wenigen Jahren mehrere Elektromodelle auf den Markt zu bringen. 2025, so schätzt die Boston Consulting Group, sollen bereits sechs Prozent der Autos rein elektrisch fahren, fünf Jahre später 15 Prozent. Allein auf Chinas Straßen werden dann sieben Millionen Elektroautos unterwegs sein.
Auf Seite 2: Asiaten die einzigen Hersteller
Asiaten die einzigen Hersteller
Die Tophersteller für Batteriezellen kommen alle aus Asien. Deutsche Unternehmen wie Daimler und Bosch haben sich gegen eine Zellfertigung entschieden. Zu teuer, zu riskant, so das Argument. Zudem würden die Asiaten deutlich günstiger produzieren und hätten einen großen Vorsprung. Zu frisch sind wohl die Erfahrungen, die deutsche Firmen in der Solarbranche machten. Sämtliche Zellhersteller haben mittlerweile Insolvenz angemeldet, sind vom Börsentableau verschwunden oder haben sich von ihren Sparten getrennt. Beispiel Bosch: Vor zehn Jahren kaufte das Familienunternehmen den Zell- und Modulhersteller Ersol für einen dreistelligen Millionenbetrag, stellte das Geschäft einige Jahre später ein und musste für den Verkauf an die mittlerweile insolvente Solarworld noch eine Mitgift von 130 Millionen Euro überweisen. Allerdings gaben die Schwaben eine klare Zusage zur Batterietechnik - nur eben nicht als Zellproduzent.
Die Früchte ernten jetzt Asiaten, die sich mit riesigen Batteriewerken in Europa ausbreiten. Für die heimischen Autobauer ist das eine Blamage und ein großes Risiko, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu geraten. Auch Kanzlerin Angela Merkel wies darauf hin, dass es einer europäischen Lösung bedarf und man diese Zukunftstechnologie nicht in asiatische Hände legen darf.
Japanischer Spartengewinner
Die Aussichten für die Zellproduzenten sind aktuell rosig: 40 Prozent der Wertschöpfung eines Elektroautos liegt in der Batterie. Die Zelle gilt als das Herzstück. Die gute Nachricht für Anleger: Es gibt investierbare Unternehmen - wenn auch CATL hierzulande noch nicht handelbar ist. Den Elektronikriesen Panasonic etwa: Die Japaner sind exklusiver Zelllieferant für Teslas Model 3, das bald massentauglich sein soll. Zudem laufen Gespräche mit Toyota, Mazda, Suzuki und vielen mehr. Ein Vorteil gegenüber der chinesischen Konkurrenz ist, dass Panasonic eine sehr lange Historie in der Akkuproduktion hat. Dazu kommt, dass die Japaner genau wissen, wie man eine Produktion skaliert, also die Anzahl produzierter Batterien schnell nach oben fährt. Bis zum Jahr 2021 will der Konzern seine Batterieproduktion verdoppeln, ein großer Teil davon soll in die Autoindustrie gehen.
Durch die Verzögerung der Produktion des Model 3 erwirtschaftete Panasonic 2018 im Autobatteriegeschäft zwar noch einen operativen Verlust. In diesem Jahr könnte sich das Blatt jedoch wenden. Die Strategie ist klar: Um weniger von der hart umkämpften Unterhaltungselektronik abhängig zu sein, wollen sich die Japaner künftig noch stärker als Zulieferer für die Autoindustrie positionieren. Bis zum Jahr 2022 soll der Spartenumsatz für Automobil- und Industriesysteme auf 20 Milliarden Euro verdoppelt werden. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 legte der operative Gewinn um 37 Prozent auf umgerechnet 3,2 Milliarden Euro zu. In diesem Jahr will Panasonic etwas mehr als zehn Prozent draufpacken.
Auf Seite 3: Südkoreanische Riesen
Südkoreanische Riesen
Ein Gewinner des geräuschlosen Fahrens ist auch der südkoreanische Konzern Samsung SDI. Im Heimatland wird sich der Anteil an Elektroautos in diesem Jahr auf 30 000 mehr als verdoppeln. Aktuell bestimmt die Herstellerallianz von Hyundai und Kia mit einem Anteil von 80 Prozent den Markt. Bis 2025 wollen sie deutlich mehr Gas geben und 14 neue Elektromodelle einführen. Auch andere Hersteller kündigten an, in den Markt investieren zu wollen. Profitieren werden vor allem lokale Hersteller wie Samsung SDI oder LG Chem. Dieses Unternehmen hat in Polen mehr als 1,4 Milliarden Euro in eine Zellfabrik gesteckt. Bald sollen dort Milliarden an Batterien jährlich gefertigt werden. Die Aktie ist in Deutschland nicht handelbar.
Die von Samsung SDI allerdings schon. Größter Kooperations- und Exklusivpartner ist BMW. Sämtliche Zellen, die in den Modellen i3 und i8 stecken, kommen von den Südkoreanern. Und die Bayern haben Großes vor: Für BMW-Chef Harald Krüger ist die Zukunft elektrisch. Bis 2025 will er 25 elektrifizierte Modelle auf der Straße haben, zwölf davon reine Stromer. Die Zellen dafür könnten bald auch aus Europa kommen: In Ungarn hat Samsung SDI eine Fernseherproduktionshalle in eine Batteriefabrik umgebaut.
Chinesen auf der Überholspur
Mit aller Aggressivität steigern die chinesischen Unternehmen ihre Kapazitäten und gewinnen Anteile. Wie CATL und der Wettbewerber Build Your Dreams (BYD). Zuletzt litt der Aktienkurs des chinesischen Auto- und Batterieherstellers aber kräftig. Im ersten Quartal fiel der operative Gewinn um über 90 Prozent.
Grund war vor allem, dass die Regierung die Subventionen für "grüne" Autos reduzierte. Für Chinas größten Hersteller von Elektroautos sicher ein Problem, auch da immer mehr kleinere Konkurrenten dazukommen. Gemessen am Anteil verkaufter Elektroautos ist BYD jedoch immer noch führend. Dazu kommt der Verkauf etwa von Elektrobussen, auch ins Ausland. Weiterer Pluspunkt: Das Unternehmen ist der einzige Autobauer in China, der seine eigenen Batterien produziert. Die Sparte könnte bald abgespalten und an die Börse gebracht werden. Wie groß das Interesse ist, zeigte zuletzt der Börsengang von CATL. Spekulative Anleger sollten den jüngsten Kursrutsch nutzen und zugreifen.
Auf Seite 4: Deutsche Nebenwerte
Deutsche Nebenwerte: Akkuboom erreicht deutsche Börse
Seit Oktober 2017 ist Varta börsennotiert. Mit Erfolg: Nach einem kurzen Durchhänger legte der Aktienkurs zum Emissionspreis um knapp 35 Prozent zu. Spezialisiert sind die Franken auf Batterien für Hörgeräte. Ein Markt, der stark wächst. Durchstarten will Varta auch mit Lithium-Ionen-Batterien für sogenannte Wearables und Hearables, also kleine, vernetzte Computer, die am Körper getragen werden. Dafür nimmt das Unternehmen viel Geld in die Hand. Zuletzt bestätigte Varta den positiven Ausblick für das Gesamtjahr. Die Aktie ist nicht mehr günstig, dennoch ein Kauf.
Voltaboxx gelang jüngst das IPO. Die Firma bietet Lithium-Ionen-Batteriesysteme für Busse, Gabelstapler und fahrerlose Transportsysteme an. Die Zellen kommen von Samsung SDI, LG Chem oder CATL. Nach dem Börsengang ließ die Aktie Federn. Mittelfristig bleibt der Titel aussichtsreich. Der Wettbewerber Akasol gab in dieser Woche sein Börsendebüt (nach Redaktionsschluss). Batteriesysteme für Nutzfahrzeuge, Schiffe und Züge stehen im Fokus. Der Auftragsbestand ist prall gefüllt. Die geplanten Erlöse von 14,5 Millionen Euro könnten sich bald vervielfachen. Der Batteriehype ist aktuell sehr groß. Anleger warten deshalb erst mal schwächere Tage ab.