Unter anderem will das Reich der Mitte die Zölle auf US-Automobile senken. US-Präsident Donald Trump wiederum hat Unterstützung für das durch US-Strafmaßnahmen in die Krise geratene Unternehmen ZTE (Zhongxing Telecommunications Equipment) angekündigt.
"Wird ein Handelskrieg vermieden, gehen an Chinas Börsen die Kurse nach oben", sagt Jan Boudewijns. Der Manager des Candriam Equities Emerging Markets hat in chinesische Aktien aktuell 37 Prozent der Mittel investiert. Doch die Aussicht auf eine Erleichterungsrally ist nicht der entscheidende Grund für die Übergewichtung von China-Titeln.
"Wir suchen in erster Linie nach Unternehmen, die nachhaltiges Wachstum zu einem vernünftigen Preis versprechen", sagt Boudewijns. Aktien, die der Investmentstrategie "sustainable GARP" (growth at a reasonable price) entsprechen, findet das fünfköpfige Fondsmanagementteam in China derzeit viele. "Volkswirtschaftliche oder politische Entwicklungen können die Kurse der ausgewählten Werte unterstützen, diese sind aber nur Teile mehrerer Kriterien für die Aktienauswahl", erklärt Boudewijns.
Das gelte nicht nur für China. Attraktive Werte ließen sich auch in Ländern mit erhöhtem politischen Risiko oder schlechten wirtschaftlichen Fundamentaldaten finden. "Wir sind Bottom-up-Investoren. Der entscheidende Faktor bei uns für einen Kauf ist die überdurchschnittliche Wachstumsdynamik eines Unternehmens", sagt Boudewijns. Der Manager favorisiert daher auch Firmen, die ihre Erlöse weniger an die Aktionäre ausschütten, sondern sie in neue, gewinnbringende Investitionen stecken.
Beste Investmentideen
Zu den Unternehmen, die den Anlagebedingungen entsprechen, zählt neben den chinesischen Internetgiganten Tencent oder Weibo beispielsweise auch Tal Education. Das Unternehmen bietet Schülern Online-Lernprogramme an. Obwohl die Aktie in den vergangenen fünf Jahren bereits um 400 Prozent zugelegt hat und inzwischen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 70 aufweist, spreche der Lernhunger junger Chinesen für eine weiterhin gute Geschäftsentwicklung. Etwaige Handelssanktionen der USA trübten die guten Aussichten des Unternehmens nicht, meint Boudewijns.
Um aus dem riesigen Aktienuniversum Emerging Markets die vielversprechendsten GARP-Werte herauszufischen, gehen Boudewijns und sein Team akribisch vor. Von rund 1000 Unternehmen kommen nach einem ersten Selektionsverfahren 250 in die engere Wahl. Bilanzzahlen, Bewertungen und Management werden auf Herz und Nieren geprüft. Zudem müssen die Unternehmen den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Letztendlich schaffen es 100 bis 120 Unternehmen ins Portfolio des 1,5 Milliarden Euro schweren Fonds. "Von diesen Werten sind wir aber voll und ganz überzeugt", sagt der Experte.
Die Aufnahmeprüfung bestanden hatte auch Raia Drogasil. Die brasilianische Pharmakette ist dank einer klugen Marketingstrategie trotz der ökonomischen Krise des Landes stark gewachsen. Obwohl der Manager auch in den kommenden Jahren hohe Zuwäche erwartet, hat er sich jüngst dennoch von dem Titel getrennt. Die Bewertungen erschienen ihm zu hoch: "Durch eine strikt angewandete Verkaufsdisziplin wollen wir die Risiken reduzieren."