Die Infineon-Aktie ist volljährig. Am 13. März jährte sich der Börsengang des Halbleiterkonzerns zum 18. Mal. Obwohl das Unternehmen zu den Jungspunden im DAX zählt, liegt eine bewegte Geschichte hinter der früheren Siemens-Tochter. Nach einem euphorischen Debüt brachte die platzende Dotcom-Blase die Investoren schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Zur Zeit der Finanzkrise 2008/09 verkam der Techtitel zum Penny-Stock. Damals schrieb der Konzern tiefrote Zahlen, heute strotzt er vor Kraft und läuft dem DAX seit Jahren davon.

Infineon hat sich neu erfunden. Nach der Abkehr vom Speicherchip-Massengeschäft spezialisierte sich das Unternehmen auf Hightech-Lösungen und steht damit exemplarisch für die globale Halbleiterindustrie: Der klassische PC (und die darin verbauten Halbleiter) hat ausgedient. Das war eine Art Brot-und-Butter-Geschäft für den Sektor. Heute sind die Unternehmen in der Herzkammer mehrerer Zukunftstrends positioniert. Egal, ob E-Mobilität, autonomes Fahren, künstliche Intelligenz oder Cloud: Ohne die kleinen Bauteile aus der Halbleiterindustrie ist der technologische Fortschritt nicht denkbar.

Zusammen mit dem starken Konjunkturumfeld schiebt diese Entwicklung den Halbleitermarkt an. Ein Wachstumstreiber ist die Automobilindustrie. Bis 2021 sollen die Umsätze in diesem Segment im Schnitt pro Jahr um mehr als sieben Prozent zulegen (siehe "Auf einen Blick"). Dabei macht sich vor allem das Thema E-Mobilität bemerkbar. In einem modernen Hybrid-, Plug-in-Hybrid- oder Elektrofahrzeug stecken im Schnitt Halbleiter im Wert von umgerechnet rund 560 Euro. "Das ist rund doppelt so viel wie in Autos mit reinem Verbrennungsmotor", schreibt Infineon im aktuellen Geschäftsbericht.

Mehr als 40 Prozent steuert das Automotive-Segment mittlerweile zum Umsatz bei. Halbleiter, Sensoren und Microcontroller der Münchner werden beispielsweise für das Batteriemanagement, die Abstandskontrolle oder in der Auto-zu-Auto-Kommunikation eingesetzt. Das Unternehmen kann aber noch viel mehr: Neben dem Automobilsektor beliefert es zahlreiche weitere Industriezweige und ist zudem in der Chipkartentechnologie führend. Dadurch ist die "neue" Infineon immuner gegen konjunkturelle Zyklen.



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Konsolidierungswelle im Halbleitersektor



Immer wieder tauchen rund um den DAX-Titel Übernahmespekulationen auf, was angesichts der im Halbleitersektor zu beobachtenden Konsolidierungswelle nicht verwundert. Zuletzt ließ Donald Trump den vermeintlich größten Deal aller Zeiten platzen. Der US-Präsident untersagte dem Halbleiterkonzern Broadcom die 117 Milliarden US-Dollar schwere Akquisition des Konkurrenten Qualcomm.

Just an dem Tag, als Trump den entsprechenden Erlass unterzeichnete, kletterte die Intel-Aktie auf den höchsten Stand seit fast 18 Jahren. Der US-Konzern gilt als Nutznießer der geplatzten Transaktion: Zum einen wäre Broadcom durch die Übernahme am Chipmarkt zur globalen Nummer 3 hinter Samsung und Intel aufgestiegen. Zum anderen wird Intel selbst ein Interesse an dem in Singapur ansässigen Rivalen nachgesagt. Da es bei den US-Amerikanern auch operativ läuft, raten wir zum Kauf.

Gleiches gilt für Micron. Im zweiten Quartal des Geschäftsjahrs 2017/18 (per 1. September) hat der Hersteller von Speicherchips den Gewinn bei einem Umsatzwachstum von 58 Prozent vervierfacht. Zudem erhöhte das Management die Pro-gnose für das laufende Vierteljahr. Kurz vor dem Zahlentermin hatte die Micron-Aktie unser im Januar ausgegebenes Kursziel bereits erreicht. Da der US-Branchenvertreter anschließend in den Sog der allgemeinen Marktkorrektur geriet, bietet sich nun eine neue Einstiegschance für Anleger.

Aussichtsreiche Chipzulieferer



Bei ASML ändern die jüngsten Gewinnmitnahmen ebenfalls nichts am positiven Ausblick. 2017 dehnte sich der Auftragsbestand des weltgrößten Herstellers von Lithografiemaschinen zur Halbleiterproduktion um mehr als zwei Drittel auf 6,7 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig verbuchte das Unternehmen, zu dessen Kunden Industriegrößen wie Samsung oder Intel zählen, einen Rekordgewinn. "Für 2018 erwarten wir weiter ein solides Wachstum von Umsatz und Ertragskraft", sagte Konzernchef Peter Wennink im Rahmen der Zahlenvorlage. Am 18. April präsentiert der Topmanager die Ergebnisse des ersten Quartals.

Während die Niederländer längst ein treuer Dividendenzahler sind, kehrt Siltronic in diesem Jahr erstmals einen Teil des Gewinns aus. Möglich macht die Premiere das starke Wachstum des Produzenten von Siliziumscheiben. Dank einer starken Nachfrage und begrenzten Kapazitäten kann Siltronic höhere Preise durchsetzen. Vorstandschef Christoph von Plotho peilt daher für 2018 bei einem zweistelligen Umsatzwachstum eine Verbesserung der operativen Marge von 30 auf annähernd 40 Prozent an. Obwohl sich der Kurs von Siltronic seit dem Börsengang im Juni 2015 mehr als verfünffacht hat, trauen wir dem TecDAX-Junior noch einiges zu.



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