Zwar konnte Daimler den Umsatz mit 172,7 Milliarden Euro noch leicht ausbauen - auch weil die Kernmarke Mercedes-Benz das Jahr erneut mit einem Absatzrekord abschloss. Ein riesiger Kostenberg frisst aber einen Großteil gleich wieder auf.
So muss Daimler nicht nur die Investitionen in den Anlauf der Elektroauto-Produktion und in die Entwicklung teurer Zukunftstechnologien schultern. Auch die Rechnung für die Altlasten aus der Dieselaffäre ist im vergangenen Jahr immer länger geworden. "Während unsere Ergebnisse im Jahr 2019 die weiterhin starke Nachfrage nach unseren attraktiven Produkten widerspiegeln, können wir mit dem Gewinn nicht zufrieden sein", räumte Vorstandschef Ola Källenius ein.
Auch für die Mitarbeiter des Auto- und Lastwagenbauers sowie für die Aktionäre hat der Gewinneinbruch Folgen: Für die rund 130 000 Tarifbeschäftigten gibt es 2020 nur noch 597 Euro Ergebnisbeteiligung und eine einmalige Anerkennungsprämie von bis zu 500 Euro. Im Vorjahr hatte die Prämie noch bei 4965 Euro gelegen.
Außerdem kürzte Daimler seine Dividende drastischer als erwartet. Die Aktionäre sollen je Aktie für das abgelaufene Geschäftsjahr nur noch 90 Cent erhalten - nach 3,25 Euro das Jahr zuvor. Damit bleibt Daimler bei der Linie, rund 40 Prozent des auf die Aktionäre entfallenden Gewinns auszuschütten. Analysten hatten aber im Schnitt mit einer großzügigeren Ausschüttung von deutlich mehr als einem Euro gerechnet.
Die Aktie lag vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate gut 0,5 Prozent im Minus. Ein Großteil der Zahlen war schon bekannt, weil Källenius bereits im Januar Eckdaten bekannt gemacht hatte, nachdem erneut Milliardenbelastungen angefallen waren.
"Vor allem erhebliche Sonderbelastungen beeinträchtigten unsere Finanzergebnisse im vergangenen Jahr", betonte Källenius. Seit seinem Amtsantritt im Mai hatte der Schwede deshalb die Erwartungen schon mehrfach nach unten korrigiert und zudem im November ein Sparpaket auf den Weg gebracht, das unter anderem die Streichung Tausender Arbeitsplätze vorsieht und 2020 erste Effekte zeigen soll.
So erwartet Daimler zwar kaum Veränderungen beim Umsatz, dafür aber eine deutliche Steigerung des operativen Ergebnisses, was bei den Stuttgartern ein Plus von mindestens 15 Prozent bedeutet. Allerdings war das Ergebnis vor Zinsen und Steuern im vergangenen Jahr auch um 61 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro abgesackt. In diesem Jahr sollen sich erste Einspareffekte zeigen, im Gegenzug fallen allerdings Kosten für den Konzernumbau und Stellenstreichungen an.
Von seinen langfristigen Renditezielen bleibt der Konzern voraussichtlich auch in den Einzelsparten im laufenden Jahr weit entfernt. Die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern dürfte um Sondereffekte bereinigt in der Kernsparte mit Pkw und Vans zwischen 4 und 5 Prozent liegen, bei den zuletzt schwächelnden Geschäften mit Trucks und Bussen bei rund 5 Prozent. Beim Kapitalmarkttag im November hatte Daimler für die wichtige Sparte mit schweren Nutzfahrzeugen noch mindestens 5 Prozent angegeben.
Einem Absatzrekord im Pkw-Geschäft bei Mercedes-Benz mit rund 2,34 Millionen verkauften Autos im vergangenen Jahr steht bei Daimler nicht nur eine nachlassende Konjunktur im Lastwagengeschäft gegenüber. Der Konzern muss Milliarden investieren, um seine Elektroflotte auf die Straße zu bringen - vor allem, um die verschärften CO2-Grenzwerte einhalten und Strafzahlungen vermeiden zu können. Gleich beim ersten Modell EQC sorgten Probleme mit einem Bauteil aber dafür, dass zum Start nicht so viele Fahrzeuge ausgeliefert werden konnten wie geplant.
Auch die Entwicklung von Zukunftstechnologien wie dem automatisierten Fahren kostet trotz Partnerschaften mit anderen Branchenriesen wie BMW und Bosch Milliarden. Källenius hält an den Projekten fest. Die hohen Vorleistungen sollen im Jahr 2019 ihren Höhepunkt erreicht haben. Besonders teure Visionen wie das "Robotaxi", die seiner Ansicht nach auf absehbare Zeit deutlich mehr Geld verschlingen werden als sie einbringen können, hat der Schwede auf der Prioritätenliste aber weit nach hinten geschoben.
Und dann sind da noch die Altlasten aus der Dieselaffäre. Für Rückrufe und Verfahren weltweit hatte Daimler schon im vergangenen Sommer rund 1,6 Milliarden Euro auf die Seite gelegt. Erst vor knapp drei Wochen hatte der Konzern dann einräumen müssen, dass die Rechnung nochmal um über eine Milliarde Euro länger wird. Betroffen sind vor allem die Autosparte und die Van-Abteilung. Insgesamt kosteten den Konzern die Dieselverfahren und fehlerhafte Takata-Airbags 5,4 Milliarden Euro. Bei Mercedes-Benz Pkw brach das operative Ergebnis um die Hälfte ein, die Vans häuften gar drei Milliarden Euro Verlust an.
Die Behörden werfen Daimler vor, in diversen Diesel-Modellen eine unzulässige Abschalteinrichtung in die Steuerung der Abgasreinigung eingebaut zu haben. Der Konzern bestreitet das, hält sich aber an die Rückrufe und hat schon bei Hunderttausenden Fahrzeugen Software-Updates installiert.
Außer den Personalkosten will Källenius auch die Materialkosten deutlich senken und zudem die Investitionen deckeln, die teure Modellpalette ausdünnen und sich in den einzelnen Segmenten stärker auf die Fahrzeuge mit den höchsten Gewinnspannen konzentrieren. Das Aus der X-Klasse etwa, eines erst 2017 auf den Markt gebrachten, aber hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Pick-up-Modells, ist schon beschlossen.
dpa-AFX