Mit der Ankündigung, europaweit drei Millionen Diesel-Fahrzeuge nachzurüsten, um den Ausstoß an gesundheitschädlichem Stickoxid zu verringern, sei Daimler zudem mitten in die Vorbereitungen für den Diesel-Gipfel geplatzt. Auf Initiative der Bundesregierung beraten Regierungs- und Branchenvertreter am 2. August über gemeinsame Vorschläge, um Fahrverbote mit einer Nachrüstung von Dieselautos zu vermeiden.
Das Bundesverkehrsministerium begrüßte den Daimler-Vorstoß. "Es zeigt, dass die Gespräche, die wir am 2. August führen, zu deutlicher Bewegung führen", sagte ein Sprecher auf der Regierungs-Pressekonferenz. Der Stuttgarter Konzern nimmt für den Rückruf, den er selbst als "freiwillige Servicemaßnahme" bezeichnet, 220 Millionen Euro in die Hand. Für die Kunden ist die Nachrüstung kostenlos.
Daimler will nahezu alle Fahrzeuge mit der älteren Norm Euro 5 und der neuesten Norm Euro 6 per Software-Update sauberer machen. Der Konzern geht damit einen Schritt weiter als die Konkurrenten BMW und Audi, die sich gegenüber der bayerischen Landesregierung zur Nachrüstung etwa der Hälfte ihrer Dieselautos mit der älteren Norm Euro 5 bereiterklärten.
ALLEINGANG
Daimler machte klar, dass die Service-Maßnahme mit keinem Konkurrenten abgestimmt worden sei. "Das ist eine Entscheidung des Vorstands der Daimler AG gewesen", sagte ein Sprecher. Im Anschluss seien Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und das Kraftfahrt-Bundesamt informiert worden. Der Anfang August geplante Diesel-Gipfel sei damit aber nicht überflüssig geworden. "Sie werden sehen, dass es noch umfassenden Gesprächsbedarf gibt."
Auch das Bundesverkehrsministerium sieht in dem Vorstoß von Daimler keine Vorwegnahme des Gipfels. Ziel sei es dort, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und alles unter einem Dach zu regeln. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums, das bei dem Diesel-Gipfel ebenfalls am Tisch sitzt, sagte, es dürfe keine Scheinlösung geben. "Die Software-Updates sind die erste wichtige Grundlage dafür."
Umweltexperten sind aber skeptisch, dass ein recht kostengünstiger Software-Update ausreicht, dass die Motoren die Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxid einhalten. "Wir möchten, dass funktionierende Abgasreinigungsanlagen verbaut werden", sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Das würde eine Nachrüstung deutlich verteuern. "Dafür werden wir vor Gericht kämpfen", sagte Resch. Das Verwaltungsgericht Stuttgart, vor dem die DUH auch um Fahrverbote kämpft, ließ am Mittwoch ebenfalls durchblicken, dass es die Nachrüstpläne der Autobauer für zu unsicher hält.
"Zumindest hat sich ein Hersteller jetzt mal hingestellt und gesagt: Wir tun was und übernehmen auch die Kosten", fand der Umweltexperte Axel Friedrich auch Positives. Er bemängelte, dass sich noch keine weiteren Hersteller geäußert hätten. Auch damit wäre es aber nicht getan: "Es müssten vor allem alle Kunden mitmachen, was bei einer freiwilligen Maßnahme lange nicht gewährleistet ist."
Die Gespräche zwischen Politik und Autobauern zur Lösung der Diesel-Krise liefen Branchenvertretern zufolge bereits jetzt auf Hochtouren. Die Kontakte würden zumeist auf Arbeitsebene geführt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt war am Dienstag zu Besuch bei BMW - offiziell, um sich ein Pilotprojekt "Rettungsgasse" vorstellen zu lassen. Über welche Rettungsgasse für den Diesel er bei der Gelegenheit womöglich noch mit dem BMW-Vorstand sprach, wurde nicht bekannt.
rtr