Nachdem es auch am Mittwoch am deutschen Aktienmarkt nach oben ging, hat der DAX die ersten drei Handelstage im neuen Jahr jeweils in der Pluszone beendet. Der Jahresauftakt ist somit geglückt und zur Wochenmitte notierte der deutsche Leitindex bei ein im Verlauf erreichten Tageshoch von 16.285 Zählern nur noch fünf Zähler unter dem bisherigen Rekordhoch.

Seit dem jüngsten Zwischentief des Dax am 20. Dezember bei 15.060 Zählern ist der Index inzwischen um acht Prozent gestiegen. Was den Kursen hilft, ist vor allem die Hoffnung, dass sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Weltwirtschaft in Grenzen halten wird. Die grassierende Omikron-Variante des Virus könnte Studien zufolge zwar ansteckender, aber insgesamt weniger gefährlich sein als zunächst befürchtet., heißt es dazu in einem Marktbericht der Nachrichtenagentur dpa-AFX.

Geht es nach der Bank Julius Bär, dann ist in 2022 aber nicht unbedingt mit einer Outperformance der Aktien aus der Eurozone zu rechnen, da es an strukturellen Wachstumsfaktoren mangele. Unter den wichtigsten Länderindizes der Eurozone empfiehlt die Schweizer Privatbank eine Übergewichtung von Frankreich und Italien.

Der deutschen Börse gegenüber ist man neutral eingestellt. Deutsche Aktien sind gegenüber der globalen Wachstumsabschwächung, die insbesondere China betrifft, übermäßig exponiert, heißt es. Dennoch seien die Unternehmen im DAX-Index zunehmend in strukturellen Wachstumsmärkten engagiert und sollten daher in der Lage sein, das schwierige makroökonomische Umfeld zu meistern.

Die im deutschen Leitindex vertretenen Gesellschaften seien aufgrund ihres überdurchschnittlichen Engagements in zyklischen Sektoren stark auf globales Wachstum ausgerichtet. Obwohl die relativen Bewertungen des deutschen Aktienmarktes attraktiv erschienen, werde die Gewinndynamik von den hohen Niveaus aus wahrscheinlich weiter abnehmen.

In der Liste mit den Topempfehlungen, mit denen Julius Bär in das neue Jahr geht, befinden sich aber dennoch auch einige deutsche Aktien. Dabei handelt es sich um Titel, von denen die jeweiligen Sektor-Analysten am meisten überzeugt sind. Zusammen kommen sie auf eine Erfahrung von mehr als 150 Jahre und bei den Topfavoriten geht man davon aus, dass diese ihre jeweilige regionale Branchengruppe in Sachen Wertentwicklung voraussichtlich übertreffen können.

Zu den Kauftipps zählen unter anderem Daimler, Allianz und RWE. Das sind drei Aktien, die auch bei den BÖRSE-ONLINE-LeserInnen auf großes Interesse stoßen. Nachfolgend verraten wir, was Julius Bär diesem Trio in Sachen Kursperformance zutraut und was die Gründe für die positive Anlagehaltung gegenüber diesen Werten sind.

Daimler-Aktie



Einer der deutschen Top-Picks von Julius Bär heißt wie bereits erwähnt Daimler. Man baut somit auf einen global operierenden Automobilhersteller, der zu den international führenden Autoproduzenten zählt und dessen Kerngeschäft Personenkraftwagen sowie Finanzdienstleistungen zählen.

Als Kursziel nennen die zuständigen Analysten hier 90,00 Euro. Das bedeutet, dass das Aufwärtspotenzial gemessen an dem Schlusskurs von 75,00 Euro vom Mittwoch glatte 20 Prozent beträgt.

Die Kaufargumente von Julius Bär: Daimler und die gesamte Automobilindustrie könnten nun für vier bis sechs Quartale in eine Phase starken zyklischen Rückenwinds eintreten, wenn sich die Wirtschaft nicht unerwartet verschlechtert, lautet die Hoffnung von Julius Bär. Die Engpässe bei den Zulieferern dürften sich in den kommenden Monaten abschwächen, aber frühestens im zweiten Halbjahr 2022 zur Normalität zurückkehren.

Ein solches Szenario würde es den Automobilherstellern ermöglichen, die Auslieferungen im Jahr 2022 deutlich zu steigern. Gleichzeitig würde die Kombination aus starker Nachfrage, rekordverdächtig niedrigen Lagerbeständen bei den Autohändlern und einem begrenzten Fahrzeugangebot die Preissetzungsmacht/Margen während des gesamten Jahres 2022 hoch halten.

Daimler gewinne mit seiner Strategie für Elektrofahrzeuge (EV) an Zugkraft. Für seine Großserienmodelle werde eine eigene EV-Plattform frühestens 2024 zur Verfügung stehen. Mit dem kürzlich eingeführten EV-Flaggschiff EQS und dem kommenden EQE sowie den SUV-Versionen beider Modelle mache Daimler deutliche Fortschritte auf seinem Weg zur Elektrifizierung. Die Premium-Modelle, die auf einer neuen, speziellen EV-Plattform basierten, seien wahrscheinlich die besten EVs, die derzeit auf dem Markt seien, und sollten das Image des Unternehmens in Sachen Elektrifizierung deutlich verbessern.

Daimler sollte auch weiterhin von seinem erfolgreichen neuen Modellportfolio profitieren, mit soliden Ergebnisbeiträgen aus der kürzlich eingeführten, hochprofitablen neuen S-Klasse. Man ist zuversichtlich, dass Daimler seinen Produktmix weiter in Richtung Premium-/Luxusmodelle verschieben und die höchsten Margen unter den etablierten Automobilherstellern erzielen wird.

Mit der Ausgliederung des Lkw- und Busgeschäfts sei Daimler nun ein reiner Premium-Pkw-Hersteller und sollte aufgrund seiner Preissetzungsmacht und höheren Margen mit einem Aufschlag bewertet werden. Im Zuge der Abspaltung des Lkw-Geschäfts hat man das Kursziel von 100,00 Euro auf 90,00 Euro nach unten hin angepasst. Das wiederum basiert auf einem achtfachen KGV gemessen an der als konservativ bezeichneten Gewinnschätzung für 2022.

Stärken- und Schwächen-Analyse: Stärken sehen die Analysten gemessen an den verkauften Stückzahlen mit der Marke Mercedes in der Stellung als weltweit führender Premium-Automobilhersteller. Hinzu komme die Fokussierung auf das Premiumsegment nach der Abspaltung der Lkw sowie eine beeindruckende Erfolgsbilanz bei Kostensenkungen in den letzten Quartalen.

Chancen wittert man in einer schneller als erwarteten wirtschaftlichen Erholung, in der Verschiebung des Produktmix hin zu Fahrzeugen mit höheren Margen sowie in Rückenwind durch Produkteinführungen.

Schwachstellen seien erhebliche Pensionsverpflichtungen, zudem gebe es eine dedizierte EV-Plattform für Kompakt- und Mittelklassewagen erst in 2024 oder 2025 und hinzu komme ein Größennachteil im Vergleich zu den größten Wettbewerbern.

Als Bedrohungen bezeichnet man ungünstige Währungsschwankungen, einen möglichen Verlust des Markenwerts und des technischen Images durch den Übergang zu Elektroautos sowie im Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer auf dem EV-Markt.

Charttechnik: Der Aktienkurs von Daimler hat einen guten Start in das neue Jahr erwischt. Die Notiz hat in nur drei Handelstagen bereits rund elf Prozent zugelegt. Dadurch ist der Kurs jetzt wieder dicht dran am Vorjahreshoch von 76,37 Euro. Ein Sprung darüber wäre ein prozyklisches charttechnisches Kaufsignal und würde die Tür öffnen für einen Vorstoß in Richtung Schlussrekordhoch von 80,42 Euro vom 16. März 2015.



Allianz-Aktie



Ebenfalls zu den Top-Favoriten von Julius Bär am deutschen Aktienmarkt gehören die Anteilsscheine von Allianz. Die Schweizer Privatbank ist folglich positiv gestimmt für einen der größten Nichtlebensversicherer der Welt, der mit einer führenden Position in Kontinentaleuropa und bedeutenden Aktivitäten in den USA und im pazifischen Raum aufwarten kann.

Die Gruppe hat auch eine führende Marktposition in der Lebensversicherung in Deutschland und Italien sowie bedeutende Aktivitäten in einer Reihe anderer Länder, darunter die USA. Über die Pacific Investment Management Company (PIMCO) verfügt die Allianz über eine starke Vermögensverwaltungssparte für Anleihen. Das Kursziel ist auf 240,00 Euro festgezurrt. Gegenüber der Schlussnotiz von 216,75 Euro vom Mittwoch bedeutet das 10,7 Prozent Luft nach oben.

Die Kaufargumente von Julius Bär: Die Allianz-Aktien haben nach Einschätzung von Julius Bär ein defensives Profil. Zwei Drittel der Gewinne stammen aus dem vergleichsweise stabilen Nichtlebensversicherungs- und Vermögensverwaltungsgeschäft. Der Konzern profitiere auch von einer breiten geografischen Präsenz und verfüge über eine starke Bilanz.

Eine starke Präsenz auf dem Heimatmarkt führe zu Größenvorteilen, die zusammen mit einer starken Bilanz dazu beitrage, weitere Marktanteile zu gewinnen. Die Allianz habe im 3. Quartal 2021 ein gutes operatives Ergebnis erzielt und die Prognose für das Gesamtjahr angehoben. Die Analysten glauben, dass die Gruppe die potenziellen Kosten einer laufenden US-Untersuchung des Department of Justice auffangen kann. Bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von etwas mehr als eins sei die Bewertung attraktiv.

Die selbst gesteckten Pläne strebten ein jährliches Wachstum des Gewinns je Aktie von fünf bis sieben Prozent und eine Eigenkapitalrendite von mindestens 13 Prozent an. Darüber hinaus habe das Unternehmen seine Dividendenpolitik überarbeitet. Sie basiere künftig auf drei Elementen: erstens, einem Mindestwachstum der Dividende pro Aktie von fünf Prozent pro Jahr (vorher: mindestens gleichbleibend); zweitens, einem Mindest-Solvabilitätskoeffizienten von 150 Prozent (vorher 160 Prozent, derzeit 207 Prozent), drittens, einer Ausschüttungsquote von mindestens 50 Prozent (unverändert).

Stärken- und Schwächen-Analyse: Als Stärken stuft Julius Bär ein gut diversifiziertes Geschäftsportfolio mit hohem Anteil an Nichtlebensgeschäft (rund 45 Prozent) und dem Rest in Vermögensverwaltung und Lebensversicherung ein. Positiv sieht man auch die starke Bilanz und die Cashflow-Generierung, die eine Erhöhung der Dividendenausschüttung ermöglichen. Der Nichtleben-Bereich sei einem sich verbessernden Preisumfeld ausgesetzt.

Chancen wittert man in einer Umstrukturierung des Nichtlebensgeschäfts in den USA, Russland und Brasilien, welche die Performance verbessern dürfte. Auch gebe es erhebliche Wachstumschancen im asiatisch-pazifischen Markt.

Schwächen sehen die Analysten darin, dass seit dem Ausscheiden von Fondsmanager Bill Groß das verwaltete Vermögen bei PIMCO immer noch deutlich rückläufig sei. Auch sei die Solvabilitätsquote empfindlicher als bei einigen Wettbewerbern. Darüber hinaus könnte die versicherungstechnische Marge im Nichtlebensgeschäft angesichts der hohen Niveaus in Deutschland und Italien nahe dem Höchststand liegen.

Als Gefahren bezeichnet man eine anhaltende Niedrigzinsphase in den wichtigsten Märkten der Allianz, die den Kapitalbedarf für das garantierte Lebensversicherungsgeschäft der Allianz erhöhen und damit die Wahrscheinlichkeit von Sonderausschüttungen an die Aktionäre einschränken könnte. Es gebe auch eine etwas höhere Empfindlichkeit gegenüber der Volatilität der Aktienmärkte als bei den Wettbewerbern und ein Risiko stelle auch eine Ausweitung der Kreditspreads für südeuropäische Staatsanleihen (insbesondere in Italien) dar.

Charttechnik: Auch die Aktien von Allianz erwischten einen guten Start in das Jahr 2022. Das belegt ein Plus von 4,4 Prozent nach drei Handelstagen. Vom jüngsten Zwischentief von 183,92 Euro vom 20. September 2021 hat sich der Titel somit weiter abgesetzt. Das kurzfristige Chartbild hat sich folglich verbessert. Als nächste Zielmarke wartet nun das Schlusskurshoch aus dem Vorjahr von 222,65 Euro und darüber dann bei 232,00 Euro das Jahreshoch aus 2020.



RWE-Aktie



Als dritten Wert unter den Top-Favoriten von Julius Bär stellen wir RWE vor. Dabei handelt es sich um eines der größten integrierten Strom- und Gasversorgungsunternehmen in Europa, das in der Erzeugung, Übertragung, Verteilung und im Handel von Strom und Gas tätig ist.

Das Unternehmen ist hauptsächlich in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Mittelosteuropa und Südosteuropa aktiv. Das Kursziel bewegt sich bei 44,00 Euro. Das ist eine Vorgabe, die bei einem Schlusskurs am Mittwoch von 34,56 Euro theoretisch die Chance auf einen Anstieg von gut 27 Prozent verspricht.

Die Kaufargumente von Julius Bär: Die Analysten bei Julius Bär räumen ein, dass 2021 für RWE ein schwieriges Jahr gewesen sei. Aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen und der Unsicherheit über die Renditen erneuerbarer Projekte sei der Kurs der Aktie hinter den globalen Märkten zurückgeblieben.

Doch 2022 könnte nun ein viel besseres Jahr werden, in dem sich die politische Unterstützung in Deutschland als ein wichtiger positiver Treiber erweisen könnte. Gegenwärtig entfielen 20 Prozent der Erzeugungskapazität von RWE auf Kohlekraftwerke. Bis 2030 dürfte dieser Anteil auf weniger als acht Prozent und spätestens 2038 auf null Prozent sinken.

Die neue Regierung habe eine ehrgeizige grüne Agenda angekündigt, solle doch der Kohleausstieg von 2038 auf 2030 beschleunigt werden. Darüber hinaus prüfe die Regierung die Gründung einer Stiftung, die verbleibende Kohleanlagen übernehmen und sich um die Stilllegung von Minen und Kraftwerken kümmern soll.

Eine solche Abspaltung wäre ein wichtiger positiver Katalysator, da so RWE-Aktien für einen großen Teil der umweltorientierten Anlegerbasis investierbar würde, was zu einer deutlich höheren Bewertung führen könnte, so das Urteil.

Der Konzern plane Nettoinvestitionen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro, welche die Nettokapazität der grünen Stromerzeugung bis 2030 auf 50 GW (derzeit 25 GW) erhöhen würden. Dadurch strebe RWE bis 2030 ein angepasstes EBITDA von fünf Milliarden Euro an, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von neun Prozent entspreche.

RWE plane außerdem, seine Offshore-Windkapazität von 2,4 GW auf acht GW zu verdreifachen und seine installierte Onshore-Wind- und Solarkapazität von sieben GW auf 20 GW zu erhöhen, beides bis 2030. Darüber hinaus sei geplant, die installierte Batteriekapazität auf drei GW zu erhöhen (gegenüber mehr als 0,6 GW bis 2030). Für 2021 erwartet das Unternehmen weiterhin ein angepasste EBITDA von 3,0 bis 3,4 Milliarden Euro und eine Dividende je Aktie von 0,90 Euro.

Stärken- und Schwächen-Analyse: Als Stärken von RWE sei ein detaillierter langfristiger Wachstumsplan für das Kerngeschäft zu werten sowie ein vollständig abgesichertes CO2-Engagement bis 2030 und teilweise darüber hinaus. Die Gesellschaft sei zudem auf dem Weg ein führender Akteur bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu werden.

Chancen gebe es durch politische Maßnahmen, die eine Beschleunigung der Energiewende unterstützten, durch längerfristig höhere Strompreise sowie einen schneller als erwarteten Kohleausstieg.

Schwächen machen die Analysten in sinkenden Renditen für Projekte im Bereich erneuerbare Energien aus sowie in der Abhängigkeit von der deutschen Braunkohleverstromung. Erwähnung finden hier auch allgemein politische Unsicherheiten.

Als Gefahren streicht man einen schwachen EU-Taxonomiescore aufgrund der Abhängigkeit von Kohle heraus, niedrigere Strompreise sowie politische und regulatorische Risiken.

Charttechnik: Die schwache Performance von Januar 2008 bis September 2015, als der Kurs von 100,64 Euro bis auf 9,20 Euro zurückfiel, hat RWE längst hinter sich gelassen. Seit dem letztgenannten Rekordtief reichte es bis zum Januar 2021 in der Spitze zu einem Anstieg bis auf 38,65 Euro. Daran schloss sich eine Zwischenkorrektur bis auf 28,64 Euro, doch seit dem 20. Juli scheint dieser Rückschlag beendet zu sein. Trotz einer zuletzt bereits wieder verbesserten Ausgangslage wäre es für ein neues nachhaltiges charttechnisches Kaufsignal aber wichtig, das zuvor erwähnte Vorjahreshoch von 38,65 Euro zu toppen.