Anleger setzten Börsianern zufolge darauf, dass andere Regierungen dem Beispiel Frankreichs folgen und ihren jeweiligen Volkswirtschaften mit zusätzlichem Geld unter die Arme greifen. "Da sich der Markt bereits auf eine dauerhaft ultra-lockere Geldpolitik eingestellt hat, ist die Fiskalpolitik der einzig effektive Hebel", sagte Andrea Cicione, Chef-Anlagestratege des Research-Hauses TS Lombard.

Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG mahnte allerdings zur Besonnenheit. "Die Pandemie ist noch nicht beendet, wie die jüngste Reisewarnung für die Kanaren zeigt. Hierzulande steht im Herbst die nächste Grippesaison vor der Tür." Allerdings meldeten die Pharmakonzerne Sanofi und GlaxoSmithKline Fortschritte bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Außerdem bereiten sich die USA auf die Verteilung eines potenziellen Mittels ab Oktober vor. "Das ist zwar keine Garantie, dass der Impfstoff bis dahin fertig ist", sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. Aber es liefere Hinweise über das Tempo der Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund griffen Investoren bei den von der Pandemie besonders hart getroffenen Reise- und Touristikwerten zu. Der europäische Branchenindex stieg um 3,4 Prozent. Die Aktien von Sanofi und Glaxo gewannen jeweils etwa ein halbes Prozent.

EURO GIBT ERNEUT NACH - ANLEIHEN GEFRAGT


Die Abwertung des Euro schürte die Kauflaune der Aktienanleger zusätzlich, weil sie Waren heimischer Firmen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger macht. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich auf 1,1811 Dollar, nachdem sie am Dienstag erstmals seit zweieinhalb Jahren die Marke von 1,20 Dollar übersprungen hatte. Experten zufolge steigt wegen der geringen Inflation in der Euro-Zone der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), bei ihrer Ratssitzung in der kommenden Woche die Geldschleusen weiter zu öffnen. "Vorerst wird sie sich aber auf verbale Interventionen beschränken, um den Kurs des Euro zu drücken", prognostizierte Analyst Lee Hardman von der Bank Mitsubishi UFJ.

Dem Konjunkturoptimismus zum Trotz griffen Investoren auch bei den als sicher geltenden Bundesanleihen zu. Dies drückte die Rendite der zweijährigen Bonds auf ein Vier-Wochen-Tief von minus 0,718 Prozent. Neben der Furcht vor den Folgen der Pandemie seien die Käufe der Notenbanken die Treiber dieser Entwicklung, sagte Anlagestratege Christian Lenk von der DZ Bank.

ÖL UND GOLD AUF TALFAHRT


Aus den Rohstoffmärkten zogen sich Investoren dagegen zurück. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um knapp zwei Prozent auf 43,57 Dollar je Barrel (159 Liter). Hier überschatte weiterhin der rückläufige US-Benzinbedarf das überraschend starke Minus bei den Rohöl-Lagerbeständen, sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg. "Noch belastender ist, dass die Kerosinnachfrage erneut unter eine Millionen Barrel täglich gefallen ist und damit fast 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag."

Parallel dazu ging der Goldpreis um 0,6 Prozent auf 1930,09 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zurück. "Die steigenden Corona-Fallzahlen in den USA, die teilweise negativen Anleiherenditen und die beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Konjunkturprogramme begrenzen aber die Kursverluste von Gold", sagte Analyst Lukman Otunuga vom Online-Broker FXTM.

rtr