"Auf dem aktuellen Kursniveau wird jede Verzögerung beim Hochfahren der Wirtschaft zu Enttäuschung und Kursverlusten führen", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

Im Tagesverlauf wollen Bundesregierung und Länder über das weitere Vorgehen beraten. Aus einer Reuters vorliegenden Beschlussvorlage der Regierung geht hervor, dass die Kontaktbeschränkungen mindestens bis zum 3. Mai verlängert werden, zugleich aber kleinere Geschäfte schon in der kommenden Woche wieder öffnen dürfen. "Die Fantasie der Anleger wird derzeit durch die Möglichkeit einer baldigen schrittweisen Normalisierung des täglichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens geweckt", sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. "Und dabei überwiegt die Hoffnung, dass es keine zweite Infektionswelle gibt."

Schon jetzt hinterlässt die Pandemie tiefe Spuren in der Wirtschaft, der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet mit der schlimmsten Rezession seit der Großen Depression in den 1930er Jahren. Kernfrage ist, wie schnell sich die Wirtschaft nach dem Ende der drastischen Eindämmungsmaßnahmen in den Ländern wieder erholt. Han Tan, Marktanalyst beim Brokerhaus FXTM, sagte, die anhaltende Furcht vor dem Coronavirus könnte den privaten Verbrauch bremsen und die Konsumgewohnheiten verändern, was die Gewinne der Firmen für lange Zeit beeinträchtigen dürfte.

Bruce Kasman, Chef-Volkswirt der Bank JPMorgan, prophezeit für 2020 einen weltweiten Gewinnrückgang um 70 Prozent. "Selbst nach der erwarteten anschließenden Erholung werden die Überschüsse 2021 etwa 20 Prozent hinter dem Niveau von 2019 zurückbleiben."

Vor diesem Hintergrund prognostizierte TomTom nach einem Umsatz-Einbruch um knapp ein Viertel im ersten Quartal für das Gesamtjahr einen negativen Cash Flow. Die Aktien des Navigationsgeräte-Anbieters rutschten in Amsterdam um mehr als acht Prozent ab. In den USA halbierte sich der Gewinn der Banken Citigroup, Bank of America und Goldman Sachs wegen drohender Kreditausfälle und gestiegener Kosten. Die Aktien notierten im vorbörslichen Handel tiefer.

In den USA signalisierten die Futures einen schwächeren Handelsauftakt. Bei den anstehenden US-Einzelhandelsumsätzen für März erwarteten Experten einen Einbruch um acht Prozent. Da die dortigen Corona-Beschränkungen aber erst im Laufe des Monats eingeführt worden seien, spiegelten sie die Folgen der Pandemie nur teilweise wider. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.

ÖLPREIS FÄLLT ERNEUT


Der Ölpreis geriet weiter unter Druck und näherte sich seinem 18-Jahres-Tief von Ende März. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um bis zu 5,5 Prozent auf 27,96 Dollar je Barrel. In ihrem Sog rutschte der Index für die europäischen Öl- und Gasfirmen um fünf Prozent ab. Die Aktien von Unternehmen wie Shell, BP oder Total verloren bis zu sechs Prozent. Die Internationale Energieagentur rechnet wegen der Virus-Krise für April mit einem Nachfrage-Einbruch um 29 Millionen Barrel pro Tag. Dies könne durch keine Förderbremse aufgefangen werden. Die jüngste Einigung der "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, auf eine Drosselung um etwa zehn Millionen Barrel pro Tag sei aber ein guter Anfang.

Auf den Verkaufslisten standen auch italienische Anleihen. Dies trieb die Rendite der zweijährigen Titel auf ein Vier-Wochen-Hoch von 1,1047 Prozent. Die Enttäuschung über den Verzicht der EU auf die Ausgabe gemeinsamer 'Coronabonds' laste weiter auf der Stimmung, sagte Anlagestratege Sebastian Fellechner von der DZ Bank.

rtr