"Die Gefahr ist, dass der Konflikt auf beiden Seiten aggressiver wird", sagte Portfoliomanager Colin Harte von der Vermögensverwaltung der Bank BNP Paribas. Gleichzeitig stelle sich erneut die Frage, ob der italienische Vizeregierungschef Matteo Salvini sein Land in der Währungsunion halten wolle.

Italien droht wegen der steigenden Staatsverschuldung ein Strafverfahren der EU. Salvini kündigte nach dem Erfolg seiner rechtspopulistischen Lega bei der Europawahl an, mit "aller Kraft" gegen die EU-Haushaltsregeln zu kämpfen. Der Streit werde zwar wohl erst im Herbst akut, wenn der italienische Haushalt für 2020 verhandelt werde, sagte Anlagestratege Daniel Lenz von der DZ Bank. "Die Nervosität steigt aber bereits jetzt."

Vor diesem Hintergrund gab der Leitindex der Mailänder Börse 1,3 Prozent nach. Die Verkäufe italienischer Bonds trieben die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Zwei-Wochen-Hoch von 2,731 Prozent. Einige Investoren schichteten ihr Geld in die als sicher geltenden Bundesanleihen um und drückten die Rendite der zehnjährigen Papiere auf ein Drei-Jahres-Tief von minus 0,163 Prozent.

DAUERBRENNER-THEMA HANDELSSTREIT


Außerdem machte der weiter ungelöste Zollstreit zwischen den USA und China den Börsen zu schaffen. Investoren setzten ihre Hoffnungen weiter auf das geplante Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping am Rande des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der 20 größten Industriestaaten und Schwellenländer (G20) Ende Juni, sagte BNP-Experte Harte. "Aber ich bin nicht überzeugt, dass Trump einen Deal will."

Am Devisenmarkt verbilligte sich das das Pfund Sterling auf 1,2662 Dollar. "Die große Zahl der Stimmen für die Brexit Party bei der Europawahl ist ein Signal an die Politiker, dass die Leute vor einem 'No Deal'-Szenario weniger Angst haben als die meisten Abgeordneten", sagte Anlagestratege Morten Lund von der Nordea Bank. Daher sei das Risiko eines chaotischen EU-Ausstiegs Großbritanniens etwas gestiegen. Es liege insgesamt aber immer noch bei nur etwa 15 bis 20 Prozent, da jeder Premierminister, der diesen Weg einschlage, mit einem Misstrauensvotum des Parlamentes rechnen müsse.

Stark gefragt waren Bergbaufirmen. Die Aktien von Anglo American, Antofagasta, BHP Billiton, Fresnillo, Glencore und Rio Tinto stiegen in London um bis zu 3,8 Prozent. Letztere markierten mit 4818,5 Pence ein Elf-Jahres-Hoch. Die Firmen profitierten Börsianern zufolge vom Rekordhoch des Eisenerz-Preises in China, dem größten Abnehmer dieses Rohstoffs. Dort kostete eine Tonne Eisenerz zeitweise 774,5 Yuan (112 Dollar) je Tonne.

Am Tag nach ihrer Verlobung bauten Fiat Chrysler und Renault ihre jüngsten Kursgewinne aus und gewannen bis zu 1,7 Prozent. Die beiden Autobauer wollen durch einen Zusammenschluss zur weltweiten Nummer drei der Branche aufsteigen. Der französische Staat, der 15 Prozent an Renault hält, macht seine Zustimmung allerdings von Arbeitsplatz-Garantien abhängig.

rtr