Zunächst hatte noch die Eskalation im Konflikt zwischen den USA und dem Iran das Geschehen bestimmt. "Der Markt scheint überzeugt, dass die Probleme in der Golf-Region geklärt sind - zumindest vorerst." Die anstehende Unterzeichnung des Teil-Handelsabkommens zwischen den USA und China nährte die Hoffnung auf Rückenwind für den Welthandel. Der Streit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften hatte den Börsen in den vergangenen Monaten zugesetzt.

Der Dax stieg am Freitag um bis zu 0,4 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 13.548,20 Punkten und näherte sich damit seinem Rekordhoch auf etwa 50 Zähler an. Unterdessen markierte der MSCI-Weltindex eine neue Bestmarke. Der EuroStoxx50 notierte kaum verändert bei 3796 Stellen. Die Terminkontrakte auf die US-Leitindizes signalisierten eine Wall Street-Eröffnung nahe den jüngsten Höchstständen.

US-ARBEITSMARKTDATEN SCHWÄCHER ALS ERWARTET


Einen Dämpfer erhielt die Kauflaune der Investoren von den schwächer als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der US-Landwirtschaft stieg den Angaben zufolge um 145.000. Analysten hatten im Schnitt mit einem Plus von 164.000 Stellen gerechnet. Der viel beachtete Anstieg der Löhne fiel mit 0,1 Prozent im Monatsvergleich ebenfalls niedriger aus als gedacht.

"Während der Dienstleistungssektor einstellt, baut das verarbeitende Gewerbe Stellen ab", sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Dies könnte die US-Notenbank Fed dazu bewegen, mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung der Konjunktur unter die Arme zu greifen. "Da der Lohnauftrieb zuletzt merklich abebbte und Inflationsgefahren damit überschaubar sind, bestünde aus diesem Blickwinkel auch grünes Licht." Vor diesem Hintergrund geriet der Dollar unter Druck. Im Gegenzug verteuerte sich der Euro auf 1,1107 von zuvor 1,1092 Dollar.

ENTSPANNUNG BEIM ÖLPREIS - RYANAIR IM AUFWIND


Am Rohölmarkt hielt sich die Sorte Brent aus der Nordsee nach ihrem jüngsten Kursrutsch weiter stabil bei 65,42 Dollar je Barrel (159 Liter). Derzeit rechneten Anleger nicht mehr mit einer Eskalation der Spannungen am Golf und einer Unterbrechung der Energieversorgung, schrieb Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. "Dies ist möglicherweise etwas voreilig, sollten sich Berichte bestätigen, dass der Absturz eines ukrainischen Passagierflugzeugs nahe Teheran ein (versehentlicher) Abschuss war."

Der niedrigere Ölpreis - wichtigster Kostenfaktor der Fluggesellschaften und starke Geschäftszahlen von Ryanair hievten den europäischen Index für die Tourismus-Branche auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. Börsianer bezeichneten die Anhebung des Gewinnziels durch Ryanair auf 950 Millionen bis 1,05 Milliarden Euro als respektabel. Ryanair-Aktien stiegen zeitweise um gut elf Prozent und steuerten auf den größten Tagesgewinn seit mehr als elf Jahren zu. Die Titel der Erzrivalen EasyJet und Wizz gewannen bis zu 6,4 Prozent. Die Papiere der British Airways-Mutter IAG und von Air France rückten bis zu 4,7 Prozent vor.

Im Dax stachen die Aktien von RWE hervor, die sich um bis zu 5,9 Prozent verteuerten und mit 29,13 Euro den höchsten Stand seit mehr als fünf Jahren markierten. Regierungs- und Branchen-Insidern zufolge kann der Versorger im Rahmen des Kohle-Ausstiegs mit rund zwei Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen rechnen. Das wäre ein positives Ergebnis für RWE, sagte ein Händler, auch wenn sich das Unternehmen selbst mehr erhofft habe. "Aber es ist ein Pokerspiel."

rtr