Bund und Länder werden voraussichtlich bereits am Dienstag zusammenkommen und über eine weitere Verschärfung der Coronavirus-Restriktionen beraten. Das verdeutliche den Ernst der Lage, sagte Marktanalyst Timo Emden von Emden Research. "Die Furcht, dass die Wirtschaft angesichts einer Abriegelung heimischer Unternehmen den deutschen Konjunkturmotor erneut zum Herunterfahren zwingt, lässt Investoren Wertpapiere nur mit spitzen Fingern anfassen."
Kopfschmerzen bereitete Investoren außerdem das Wiederaufflammen der Pandemie in China. Die Regierung in Peking verhängte Lockdowns über mehrere Städte. Dies könnte die Nachfrage beim weltgrößten Erdöl-Abnehmer dämpfen, warnten Börsianer. Der Preis für die Sorte Brent aus der Nordsee fiel um 1,4 Prozent auf 55,60 Dollar je Barrel (159 Liter).
KEIN FRISCHER WIND DURCH BIDENS KONJUNKTURPAKET
Auch das geplante knapp zwei Billionen Dollar schwere Konjunkturpaket des künftigen US-Präsidenten Joe Biden hellte die Stimmung der Anleger nicht auf. Es habe in seiner jetzigen Form wenig Chancen auf Erfolg, sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Denn für Teile davon benötige Biden die Zustimmung republikanischer Senatoren, um die notwendige Mehrheit zu erreichen. Außerdem werfe es Fragen zu künftigen Steuern auf, sagte Tim Ghriskey, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters Inverness Counsel. "Geld auszugeben ist einfach, aber wie soll das bezahlt werden?" Anleger ignorierten zwar oft die Politik, selten aber die Steuerpolitik.
Gleichzeitig schüre die geplante Ausweitung der Staatsverschuldung Inflationssorgen, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Schließlich habe US-Notenbankchef Jerome Powell einer baldigen Reduzierung der Wertpapierkäufe eine klare Absage erteilt.
SAP IM AUFWIND - JURISTISCHER ÄRGER FÜR SIEMENS ENERGY
Zum Auftakt der US-Bilanzsaison zeigten sich Anleger wenig beeindruckt vom Zahlenwerk der US-Banken JPMorgan, Citigroup und Wells Fargo, deren Aktien vorbörslich allesamt schwächer notierten.
Bei den deutschen Aktienwerten nahmen Anleger bei SAP Kursgewinne mit, nachdem das Softwarehaus ein Ergebnis über den Erwartungen vorgelegt hatte. Die Titel lagen 0,2 Prozent im Minus.
In London stiegen die Titel von Aveva zeitweise um knapp sieben Prozent auf ein Dreieinhalb-Monats-Hoch von 3797 Pence. Der Anbieter von Industrie-Software steigerte seinen Umsatz überraschend stark um 26 Prozent. Auf dieser Basis werde das Unternehmen seine Ziele für das Geschäftsjahr 2020/2021 voraussichtlich erreichen, lobte Analyst Julian Yates vom Vermögensverwalter Investec.
Siemens Energy verbuchte dagegen den größten Kurssturz seit dem Börsengang im vergangenen September. Die Aktien rutschten um 6,5 Prozent ab. Der US-Konkurrent General Electric (GE) verklagt den Energietechnik-Konzern, weil sich dieser mit gestohlenen GE-Geschäftsgeheimnissen Vorteile bei Geboten für Aufträge verschafft haben soll.
rtr