"Die entscheidenden Variablen derzeit sind die Erholung der wirtschaftlichen Aktivität und die Auswirkungen der gelockerten Restriktionen auf die Ausbreitung des Virus", sagte Toby Gibb, Manager beim Vermögensverwalter Fidelity. Bei einer neuen Infektionswelle müsse mit erneuten Kursrückschlägen gerechnet werden, warnte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Schließlich wäre dann klar, dass der sowieso schon lange Weg zurück zur Normalität noch um einiges länger werden dürfte."

Vor diesem Hintergrund nahmen einige Anleger Kurs auf "sichere Häfen" wie Gold. Die "Antikrisen-Währung" verteuerte sich um 0,25 Prozent auf 1700 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Zusätzlichen Rückenwind erhalte das Edelmetall von den Überlegungen Chinas, das Handelsabkommen mit den USA nachzuverhandeln, sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. "Offensichtlich sieht man US-Präsident Donald Trump durch den aktuellen Wirtschaftseinbruch und die bevorstehenden Wahlen bei Verhandlungen in einer schwächeren Position."

ÖLPREIS ZIEHT AN - BITCOIN NACH "HALVING" STABILISIERT


Auch mit Rohöl deckten sich Investoren ein. Die Sorte Brent aus der Nordsee gewann zwei Prozent auf 30,23 Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuweit zusätzliche Förderkürzungen von insgesamt etwa 1,2 Millionen Barrel pro Tag angekündigt hatten. Die Kursreaktion falle aber moderat aus, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Die Sorge ist, dass es noch keine wirkliche Nachfrage gibt."

Nach dem dritten "Halving" seiner Geschichte stabilisierte sich Bitcoin bei 8756 Dollar. Damit bezeichnen Experten die automatische Halbierung der Bitcoin-Menge, die in einem bestimmten Zeitraum durch "Schürfen" neu geschaffen werden kann und Inflation verhindern soll. Die älteste und wichtigste Cyber-Devise hatte ihren Kurs zwischen Mitte März und Anfang Mai auf gut 10.000 Dollar fast verdreifacht, bevor in den vergangenen Tagen Gewinnmitnahmen einsetzten. Längerfristig würden die Kurse aber wieder steigen, prognostizierte Analyst Edward Moya vom Brokerhaus Oanda. Wegen der billionenschweren Konjunkturpakete von Notenbanken und Regierungen suchten institutionelle Investoren nach Alternativen zu klassischen Währungen.

DEUTSCHE POST UND VODAFONE NACH ZAHLEN IM AUFWIND


Am deutschen Aktienmarkt gehörten die Titel der Deutschen Post mit einem Kursplus von knapp fünf Prozent zu den Favoriten. Analyst Christian Obst von der Baader Helvea Bank lobte das Quartalsergebnis des Brief- und Paketzustellers als solide. "Das unterstreicht unsere Einschätzung, dass Deutsche Post selbst in dieser Krisenzeit über ein robustes Geschäftsmodell verfügt."

In London legten die Titel von Vodafone sogar 7,6 Prozent zu, nachdem der weltweit zweitgrößte Mobilfunker eine stabile Dividende in Aussicht gestellt hatte. Vodafone könne sich das erlauben, weil der freie Cash Flow kräftig gestiegen sei, sagte Markets.com-Experte Wilson.

rtr