Dax und EuroStoxx50 legten am Dienstag jeweils mehr als ein halbes Prozent auf 11.476 beziehungsweise 2990 Punkte zu. Der Londoner Auswahlindex FTSE lag nach einem verlängerten Wochenende in Großbritannien bis zu 2,3 Prozent im Plus. Zuvor hatte Premierminister Boris Johnson die Wiedereröffnung Tausender Läden und Einkaufszentren ab Juni in Aussicht gestellt.
Ein weiterer Stimmungsaufheller seien die jüngsten Aussagen des französischen Notenbankchefs Francois Villeroy de Galhau, sagte Nick Kounis, Chef-Analyst der ABN Amro Bank. Villeroy habe angedeutet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt Anleihen derjenigen Länder aufkaufen werde, die von der aktuellen Krise besonders gebeutelt seien. "Frankreichs Notenbankchef ist ein einflussreiches Mitglied des EZB-Rats. Wir bezweifeln, das er bei diesem Thema allein auf weiter Flur steht."
Vor diesem Hintergrund griffen Investoren verstärkt zu Bonds aus Italien, die besonders stark von den EZB-Käufen profitieren. Dadurch fielen die Risikoaufschläge zu Bundesanleihen auf ein Sieben-Wochen-Tief.
ÖL UND KUPFER IM AUFWIND - DOLLAR UND GOLD UNTER DRUCK
Auch an den Rohstoffmärkten waren die Konjunkturoptimisten in der Überzahl. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,5 Prozent auf 36,06 Dollar je Barrel (159 Liter). Sie profitiere zusätzlich von Spekulationen, dass die großen Exportländer ihre aktuellen Förderbeschränkungen bis ins zweite Halbjahr hinein verlängern werden, sagte Bjarne Schieldorp, Chef-Anlagestratege für Rohstoffe der Bank SEB.
Bei Kupfer treibe die Aussicht auf verstärkte Infrastruktur-Investitionen des weltweit größten Abnehmers China die Preise nach oben, sagte Analyst Kieran Clancy vom Research-Haus Capital Economics. Das Industriemetall gewann 1,7 Prozent auf 5377 Dollar je Tonne.
Gleichzeitig verbilligte sich die "Antikrisen-Währung" Gold um bis zu 0,5 Prozent auf 1720,68 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Auch aus der Weltleitwährung zogen sich Investoren zurück. Dies drückte der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, 0,8 Prozent ins Minus. Im Gegenzug gewann der Euro 0,6 Prozent auf 1,0969 Dollar. Sollten die Spannungen zwischen den USA und China wegen des Streits über neue Sicherheitsgesetze für Hongkong aber wieder eskalieren, könne die Stimmung schnell kippen, warnte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG.
TOURISTIKWERTE IM AUFWIND
Dank der geplanten Lockerung der Reisebeschränkungen rissen sich Investoren um Aktien aus dem Tourismus-Sektor. Die Titel der British Airways-Mutter IAG, des "Holiday Inn"-Betreibers InterContinental Hotels und der "Aida"-Mutter Carnival verbuchten jeweils zweistellige prozentuale Kursgewinne. Spitzenreiter waren die in London notierten Papiere des Reiseveranstalters TUI, die mit einem Plus von mehr als 40 Prozent den größten Kurssprung der Firmengeschichte verzeichneten. "Wenn die Sommer-Reisesaison gerettet werden kann, wäre das ein großes Plus", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Denn die meisten von uns hatten sie schon abgeschrieben."
Mit Erleichterung reagierten Investoren auf das milliardenschwere Rettungspaket des Bundes für die Lufthansa. Analyst Sven Diermeier von Independent Research bezeichnete die damit verbundenen Auflagen als angemessen und tragbar. "Die Staatshilfe verschafft der Lufthansa 'Luft' bis zur erwarteten Erholung des Luftverkehrs." Die Aktien der Fluggesellschaft gewannen knapp sechs Prozent.
rtr