Seit Wochenanfang haben beide Indizes etwa 7,5 Prozent verloren und steuern damit auf den größten Wochenverlust seit Januar 2016 zu. "Das, was wir an der Börse im Moment erleben, ist irgendwo zwischen Angst und Panik", kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners.

US-Präsident Donald Trumps Versuch, die Menschen zu beruhigen, sei ins Leere gelaufen. "Stattdessen hat er alle noch einmal wachgerüttelt, ergänzte Altmann." Trump sagte, er selbst gehe nicht davon aus, dass eine Pandemie unausweichlich sei. Das Risiko für das amerikanische Volk "bleibt sehr gering" und es "gibt keinen Grund zur Panik".

Allein seit Wochenanfang wurden weltweit Börsenwerte von rund drei Billionen Euro vernichtet. Das neuartige Coronavirus breitet sich immer stärker aus. Inzwischen werden mehr Neuinfektionen aus Ländern außerhalb Chinas gemeldet als aus der Volksrepublik selbst. Das schürt Sorgen vor einer Konjunkturabkühlung, zahlreiche Firmen schrauben wegen der Erkrankung ihre Prognosen herunter. Mit Microsoft erwartet nach Apple das zweite Unternehmen mit einem Marktwert über einer Billion Dollar Belastungen durch die Krankheit.

"KURSVERLUSTE NICHT ÜBERRASCHEND"


Die wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitskrise blieben alles andere als einschätzbar, konstatierte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader. Die Korrektur scheine drastisch. "Zieht man aber in Betracht, dass die Aktienmärkte das Risiko des Coronavirus zuvor deutlich unterschätzt hatten und die Konsequenzen für die Weltwirtschaft ungewiss sind, kommen die Kursverluste nicht überraschend."

Auch am Rohstoffmarkt fürchten die Investoren einen Einbruch der Wirtschaft. Der Ölpreis fiel auf den niedrigsten Stand seit Anfang Januar 2019. Rohstoffexperten gehen davon aus, dass die Nachfrage nur noch stagniert. "Spekulationen, dass sich das Coronavirus in den USA ausbreitet, haben neue Verkäufe ausgelöst", sagte Kazuhiko Saito, Chefanalyst beim Finanzdienstleister Fujitomi. Sollte es tatsächlich zu einer Epidemie in den USA kommen, dürfte sich Öl weiter verbilligen.

Nun steigt der Druck auf die Notenbanken, die Wirtschaft weiter anzukurbeln. Vor allem in den USA werde auf eine Zinssenkung spekuliert, sagte Commerzbank-Devisenexpertin Thu Lan Nguyen. "Dies unterstützt auch unsere Sicht, dass der Dollar eben kein klassischer sicherer Hafen ist." Bis zum Jahresende habe der Markt mehr als zwei Lockerungsschritte der US-Notenbank (Fed) eingepreist, konstatierten die Devisenexperten der DZ Bank. Zu einem Währungskorb gab der Greenback 0,2 Prozent nach, der Euro stieg in der Spitze um 0,6 Prozent auf 1,0947 Dollar und damit den höchsten Stand seit zweieinhalb Wochen.

Gefragt waren zudem sichere Häfen wie Gold und Anleihen. Das Edelmetall verteuerte sich um 0,8 Prozent auf 1652,34 Dollar. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel auf minus 0,522 Prozent. Zehnjährige US-Papiere rentierten erstmals in ihrer Geschichte unter 1,3 Prozent. "Es ist eine Flucht in Qualität", sagte Stuart Oakley, Devisenexperte bei der Investmentbank Nomura. "Die Nachrichten lösen überall eine Massenhysterie aus, es herrscht Endzeitstimmung, und deswegen ziehen sich die Leute aus dem Risiko zurück und flüchten in sichere Häfen, der größte von ihnen sind die zehnjährigen US-Papiere."

QIAGEN UND DRÄGERWERK PROFITIEREN VON CORONAVIRUS


Den sechsten Tag in Folge abwärts ging es für die Aktien von Fluggesellschaften, Hotels und Reiseanbietern. Der entsprechende europäische Index verlor 3,8 Prozent. Die Ausbreitung des Virus sorgt bei Airlines für spürbare Ausfälle. Mit einem Minus von 5,8 Prozent waren die Aktien der Lufthansa größter Verlierer im Dax. Auch die Kreuzfahrtbranche mit Anbietern wie Tui dürfte Gegenwind spüren, weil einige Schiffe zuletzt unter Quarantäne lagen. Die Tui-Papiere sackten um 6,2 Prozent ab.

Zu den Gewinnern gehörten dagegen die Aktien des Biotechnologie-Unternehmens Qiagen, die in der Spitze 4,4 Prozent zulegten. Das Unternehmen hat ein neu entwickeltes Coronavirus-Testkit an mehrere Krankenhäuser in China ausgeliefert. Auch die Papiere des Medizintechnikanbieters Drägerwerk stiegen um bis zu 4,7 Prozent. Das Unternehmen berichtete über eine steigende Nachfrage nach Atemschutzmasken.

rtr