"Anleger sind derzeit hin- und hergerissen zwischen Wachstumszweifeln inklusive der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne und Zinssenkungshoffnungen", sagte Helaba-Stratege Markus Reinwand.

Letztere befeuerte ein hochrangiges Mitglied der US-Notenbank Fed. Es sei besser vorsorglich zu handeln, statt zu warten bis es zu wirtschaftlichen Problemen komme, sagte der Chef des Fed-Bezirks New York, John Williams. Das schürte Spekulationen, die US-Notenbank Fed könnte bei ihrem Entscheid Ende Juli den Leitzins gleich um einen halben Prozentpunkt senken.

Auch in Europa wird zunehmend damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche entsprechend handelt. Anleger erwarten zu 50 Prozent eine Leitzinssenkung der EZB. Die Hoffnung auf niedrigere Zinsen hatte die jüngste Aktienrally angeheizt. "Sollten die Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft weniger offensiv ausfallen als erwartet, ist in allen Märkten mit erheblichen Kursrücksetzern zu rechnen", sagte Jan Nießen von der Weberbank.

Zudem reichten Stratege Reinwand zufolge geldpolitische Lockerungen allein nicht aus, damit die Börsen ihren Erholungskurs fortsetzen können. "Auch die konjunkturellen Frühindikatoren müssen zeitnah ihr Tief ausloten und in den kommenden Monaten wieder ansteigen."


ITALIENISCHE BÖRSE HINKT HINTERHER

Der Regierungsstreit in Italien setzte die Mailänder Börse unter Druck. Der Leitindex gab 2,3 Prozent nach. Nach harschen gegenseitigen Vorwürfen bemüht sich Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio um Entspannung im Verhältnis zu seinem Koalitionspartner Matteo Salvini. Er wollte Lega-Chef Salvini, der ebenfalls Vize-Regierungschef ist, am Freitag zu einem Gespräch treffen.

An den übrigen Börsen ging es überwiegend nach oben, wobei die Aussicht auf anhaltende Niedrig-Zinsen Bankentiteln zusetzte. Der Branchenindex war der größte Verlierer in Europa. Deutsche Bank hielten mit einem Minus von 1,7 Prozent die rote Laterne im Dax. Am Devisenmarkt fiel der Euro um 0,5 Prozent auf 1,1223 Dollar. Zum Schweizer Franken markierte er ein Zwei-Jahres-Tief.


ALDI-DEAL ZIEHT WIRECARD

Kräftig aufwärts ging es für die Aktien von Wirecard mit einem Plus von bis zu sechs Prozent: Der Zahlungsdienstleister arbeitet künftig mit dem Discounter Aldi bei der bargeldlosen Zahlung zusammen. Bisher wickelt das Unternehmen hauptsächlich Transaktionen im Internet ab, nur wenige Kunden kommen auf ein Milliarden-Transaktionsvolumen. Zu den Gewinnern gehörten auch die Aktien von Bayer mit einem Plus von bis zu 2,2 Prozent. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern kann in einem milliardenschweren Gerichtsverfahren um den Unkrautvernichter Glyphosat auf einen deutlich reduzierten Schadenersatz hoffen.

Unter Druck gerieten dagegen die Aktien der Software AG, die bis zu 13,8 Prozent nachgaben und auf den tiefsten Stand seit Ende 2015 fielen. Deutschlands zweitgrößter Software-Konzern rechnet mit weniger Wachstum in einem wichtigen Geschäftsbereich. Zudem ging der Gewinn im zweiten Quartal zurück.

Die Papiere der weltgrößten Brauerei AB Inbev legten um mehr als fünf Prozent zu. Das Unternehmen verkauft sein Australien-Geschäft an den japanischen Rivalen Asahi für 16 Milliarden australische Dollar (9,9 Milliarden Euro).

rtr