Das Werben um das Vertrauen der Investoren dürfte für viele der 75 000 Anleger, die insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Form von Genussrechten in Prokon investierten, heute wie blanker Hohn klingen. Seit feststeht, dass das Unternehmen mit Sitz im norddeutschen Itzehoe pleite ist, müssen die Investoren um ihr Kapital bangen. Was ihnen einst als "grünes Sparbuch" und als perfekte Symbiose aus Ökologie und Rendite verkauft wurde, hat sich als Falle des Grauen Kapitalmarkts entpuppt.
Dieser unreglementierte Markt unterliegt keiner staatlichen Aufsicht - im Gegensatz zum organisierten Kapitalmarkt wie dem Börsenhandel. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) prüft Prospekte wie den von Prokon nur formell, nicht aber das zugrunde liegende Geschäftsmodell. Prokon hat sich fast nur über Genussrechte finanziert. Mit dem Kredit sollte der Bau von Windkrafträdern ermöglicht werden. Das Problem für die Anleger: Im Insolvenzfall werden Inhaber von Genussrechten erst nach allen anderen Gläubigern bedient.
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Hoher Zins, höheres Risiko
Auch bei Genussrechten gilt: Wie vor jedem Investment sollte Anlegern klar sein, worauf sie sich einlassen. Zahlt ein Emittent höhere Zinsen als ein anderer, liegt dies sehr wahrscheinlich an der schlechteren Bonität des Emittenten. Neben "Genussrechten" gibt es noch die artverwandten "Genussscheine". Dies sind verbriefte Wertpapiere, die im Gegensatz zu den Genussrechten den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes unterliegen. Dennoch gilt auch für Genussscheine, dass Anleger im Falle der Insolvenz des Emittenten ihren kompletten Kapitaleinsatz verlieren können. Bei diesen Anlageprodukten gibt es keine vom Gesetzgeber oder von den Börsen festgelegten Standards. Jedes einzelne Detail kann vom Emittenten individuell nach seinen Finanzierungsbedürfnissen gestaltet werden.
Nach der Prokon-Pleite könnte der Eindruck entstehen, dass der Genussscheinmarkt überwiegend aus schwarzen Schafen besteht. Natürlich gibt es die - andererseits wird bei genauerem Hinsehen klar, dass an der Börse auch vertrauenswürdigere Emittenten Genussscheine offerieren. "Genussscheine sollten stärker dem Grauen Kapitalmarkt entzogen werden", sagt Rechtsanwalt Thorsten Kuthe. Der Kölner Jurist plädiert schon länger dafür, diese Investments - jedenfalls bei größeren Emissionen - über die Börse abzuwickeln und hierfür eigene Qualitätssegmente zu schaffen. "Dadurch erhöhen sich die Transparenzanforderungen sowie die Überwachung durch den Markt und die Handelsaufsicht", so Experte Kuthe.
Wer sich für Genussscheine interessiert, sollte also darauf achten, dass die Papiere börsennotiert sind. "Nur dann lässt sich das Papier jederzeit verkaufen", sagt Frank Lötterle, der für die Baader Bank den Handel mit Genussscheinen an der Börse Stuttgart leitet. Doch auch dem Emittenten kommt der Börsenhandel zugute: "Der Genussschein wechselt den Besitzer, ohne dass die Liquidität des Unternehmens wie etwa bei einer Rückzahlung belastet wird."
Die Börsennotiz schützt zwar nicht vor der Insolvenz eines Emittenten. Sie bietet aber mehr Transparenz und eine größere Handelsflexibilität als der graue Kapitalmarkt. "In der Vergangenheit gab es auch hier Ausfälle. Jedoch kann ein stark fallender Börsenkurs als frühzeitiges Warnsignal dienen, da alle Risiken und Informationen eingepreist sind", erläutert Lötterle.
Klar ist: Das Unternehmen, das Genussscheine emittiert, sollte ein plausibles Geschäftsmodell haben. Es empfiehlt sich zudem, die Bedingungen der Papiere genauer unter die Lupe zu nehmen: Wann werden Zinsen gezahlt und wann nicht? In welchem Fall wird das Kapital reduziert und wieder nachgezahlt? Zudem ist es von Vorteil, wenn die Papiere mit einem hohen Volumen platziert werden, da sie sich dann bei Bedarf leichter verkaufen lassen.
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Größtes Angebot an der Börse Stuttgart
Der deutsche Genussscheinmarkt wird von Kreditinstituten dominiert. Das größte Emissionsvolumen entfällt anteilig nach Auskunft der Börse Stuttgart traditionell auf deutsche Banken und Sparkassen. Weitere Emissionen stammen von Versicherungen, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. An der Börse Stuttgart sind derzeit mehr als 40 Genussscheine gelistet. Ein Manko bei vielen dieser Papiere ist jedoch die geringe Liquidität. Daher werden die Scheine zum Teil mit hohen Spreads - Differenz zwischen Ankaufsund Verkaufskurs - angeboten, oder es werden erst gar keine Briefkurse gestellt.
So hat der von der Commerzbank emittierte Genussschein (WKN: A0D4TQ) einen Spread von 3,5 Prozentpunkten. Der Zinskupon beträgt 4,7 Prozent. Bei einem aktuellen Verkaufskurs von 94,50 Prozent wirft das Papier eine Rendite von 5,7 Prozent pro Jahr ab. Da die Papiere in Prozent notieren, sollten sich Anleger via Prospekt informieren, auf welchen Nennbetrag sich das bezieht. Beim Commerzbank-Papier beträgt der Nennwert 50 000 Euro. Der Schein kostet derzeit also 47 750 Euro - viel Geld.
Wer lieber weniger investieren möchte, für den eignen sich Scheine mit geringerem Nennwert. Beispielsweise der Genussschein der Landesbank Baden-Württemberg (WKN: LB0 ALR), dessen Nennbetrag 1000 Euro beträgt. Bei einem Briefkurs von 113,75 Prozent kostet der Schein also derzeit 1137,50 Euro. Bei einem Zinssatz von 6,75 Prozent erzielen Anleger bis zum Laufzeitende eine jährliche Rendite von rund 4,4 Prozent.
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