Kengeter selbst verteidigte sich (erneut) vehement: "Der Vorwurf hat mich persönlich schwer getroffen. Er widerspricht allem, wofür ich stehe", schwäbelte der gebürtige Heilbronner. Er sei sicher, dass sich der Vorwurf als unhaltbar herausstellen werde. Tatsächlich hängt davon ab, ob er sich an der Spitze der Deutschen Börse halten kann.
Aus Sicht vieler Aktionäre muss der langjährige Investmentbanker nun unter Beweis stellen, dass er auch ohne Fusion der richtige Chef für die Deutsche Börse ist. "An der Spitze unseres Unternehmens braucht es künftig keinen Dealmaker, sondern einen Strategen, der die vorhandenen Stärken erkennt und ausbaut", meinte Lang.
Der Denkzettel machte sich auch in der Entlastung bemerkbar: Nur 83,9 Prozent der Aktionäre sprachen Kengeter ihr Vertrauen aus. Auch Aufsichtsratschef Joachim Faber erhielt einen Denkzettel: Er wurde mit knapp 87 Prozent entlastet. Der Vorwurf an ihn lautet, dass die Fusion unzureichend vorbereitet war. Eingefädelt worden war der Zusammenschluss vor dem Brexit-Votum. Danach gab es nur wenig Spielraum für Nachverhandlungen, etwa, was den Hauptsitz in London angeht. Das stieß nicht nur bei der hessischen Börsenaufsicht auf Kritik. Letztlich sagten die EU-Wettbewerbshüter den Verkauf ab.
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Einschätzung der Redaktion
Die Deutsche Börse hat im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis eingefahren und schüttet eine Dividende von 2,35 Euro je Aktie aus. Mit der Absage der Fusion schwand die Zurückhaltung der Investoren und sie kauften ein, der Kurs stieg um mehr als zwölf Prozent. Noch ist allerdings offen, ob die Deutsche Börse sich in diesem Jahr selbst übertreffen kann, der Jahresanfang war schwach. Kengeter kündigte zwar ein Wachstum von fünf bis zehn Prozent an. Anleger sollten jedoch abwarten, bis sich eine Besserung der Umsätze abzeichnet.
Empfehlung: Halten.
Zielkurs: 97,00 Euro
Stoppkurs: 87,30 Euro