An der Börse wird die Zukunft gehandelt - obwohl sich diese alte Weisheit immer wieder bewahrheitet, tun sich Anleger schwer, auf die hellseherischen Fähigkeiten der Märkte zu vertrauen. Ein aktuelles Beispiel für diese These liefert der Bergbausektor. Als die Kurse in diesem Wirtschaftszweig vor gut einem Jahr nach oben drehten, waren die Aussichten alles andere als rosig: Die Sorge vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft, niedrige Rohstoffpreise sowie hohe Schuldenberge in dieser Branche beherrschten die Nachrichtenlage.

Die Trendwende war trotzdem nachhaltig. Gerade ist der von Minenunternehmen dominierte Stoxx Europe 600 Basic Resources Index auf ein Fünfjahreshoch geklettert. Nach Ansicht von Rochus Brauneiser, Analyst bei Kepler Cheuvreux, haben viele Investoren die Rally verpasst. Zu groß waren ihre Zweifel an einem Ende des Abschwungs im Rohstoffsektor.

Reger Wohnungsbau in China



Heute ist die vor Jahresfrist gehandelte Zukunft ein Stück weit Realität. Zurück nach China: Im vierten Quartal legte die Wirtschaft im Reich der Mitte um 6,8 Prozent und damit stärker als erwartet zu. Da Peking sich insbesondere mit Investitionen in Wohnungsbau sowie Infrastruktur gegen den Abschwung stemmte, entwickelte sich die Metallnachfrage erstaunlich robust. Diese Entwicklung schlug wiederum voll auf den Preis für Eisenerz durch. Innerhalb von zwölf Monaten verteuerte sich der wichtigste Grundstoff der Stahlproduktion um knapp die Hälfte (siehe "Auf einen Blick", Seite 4).

An dieser Stelle kommt eine Person ins Spiel, die bei der Analyse des Minensektors vor einem Jahr noch niemand auf dem Zettel hatte: Donald Trump. Bekanntlich löste der neue US-Präsident weltweit eine regelrechte Konjunktureuphorie aus. Allein in die marode Infrastruktur der Vereinigten Staaten soll die gigantische Summe von einer Billion US-Dollar fließen. Noch hat Trump nicht erklärt, wie er das Ganze umsetzen und finanzieren will. Gleichwohl reichen diese und weitere vergleichbare Ankündigungen aus, um der an den Börsen bereits laufenden Sektorrotation einen Schub zu verpassen. Zumal sich rund um den Globus schon jetzt ein starker Aufschwung abzeichnet. Laut Kepler Cheuvreux lag die Fertigungsaktivität in allen wichtigen Regionen der Welt Anfang des Jahres über dem Durchschnitt.

Anfang November hat BÖRSE ONLINE vier europäische Bergbauaktien zum Kauf empfohlen. In den seither vergangenen vier Monaten erreichten sämtliche Titel die ausgegebenen Kursziele respektive überschritten sie sogar. Mit einem Plus von aktuell 45 Prozent sticht ArcelorMittal aus dem Quartett hervor. Der in Luxemburg ansässige Konzern ist nicht nur der weltgrößte Stahlkocher. Das Unternehmen verfügt auch über umfangreiche Minenkapazitäten. Die Folge: Mehr als die Hälfte des in den Hütten benötigten Eisenerzes sowie rund ein Zehntel der verfeuerten Kohle kommen aus eigenen Bergwerken. Der aus dieser Rückwärtsintegration resultierende Kostenvorteil zählt laut Kepler-Cheuvreux-Analyst Brauneiser zu den Stärken von ArcelorMittal. Zudem würden dem Konzern steigende Stahlpreise besonders stark in die Hände spielen.

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Stählerne Trendwende



Und dann profitiert das von Lakshmi Mittal gelenkte Unternehmen auch noch von strikten Kosteneinsparungen. Sie trugen maßgeblich dazu bei, dass der Branchenprimus 2016 mit einem Überschuss von knapp 1,8 Milliarden Euro den Turnaround schaffte. Ausgaben- und Kapitaldisziplin haben für den indischen Firmenlenker weiterhin höchste Priorität. Dank dieser Strategie konnte Mittal die Nettoverschuldung 2016 um knapp 30 Prozent auf gut elf Milliarden US-Dollar drücken. Experte Brauneiser hält es für möglich, dass diese Summe im laufenden Jahr um rund eine weitere Milliarde Dollar sinkt. Gleichzeitig geht er davon aus, dass ArcelorMittal nach zwei Nullrunden für 2017 wieder eine Gewinnbeteiligung leistet.

Rio Tinto hat schon jetzt eine Dividendenrendite von mehr als vier Prozent. Mit 3,1 Milliarden US-Dollar gibt der Bergbaukonzern gut zwei Drittel des 2016er-Gewinns an die Anteilseigner weiter. Zusätzlich kehrt das Unternehmen eine halbe Milliarde Dollar über einen Aktienrückkauf aus. Die Analysten von JP Morgan Cazenove sehen darin erst den Anfang. Sie erwarten, dass Rio Tinto das Aktienrückkaufprogramm bereits im Sommer aufstockt. Möglich macht die Spendierfreude eine deutliche reduzierte Verschuldung gepaart mit dem starken operativen Momentum. Als führender Produzent profitiert Rio Tinto in besonderem Maße von den hohen Eisenerzpreisen. Mit der Inbetriebnahme der Silvergrass-Mine in Westaustralien möchte das Unternehmen sein Wachstum in dem besonders margen- und cashträchtigen Segment demnächst weiter forcieren.

In den vergangenen Monaten hat das Gros der Analysten die Gewinnschätzungen für das Sektorschwergewicht deutlich erhöht. Da zudem der Aktienkurs zuletzt etwas korrigiert hat, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis in den einstelligen Bereich abgetaucht. In Kombination mit der hohen Dividendenrendite spricht diese Kennziffer für die Beibehaltung der Kaufempfehlung.



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Zwei besonders heiße Eisen



Als Wachstumstreiber entpuppt sich das Eisenerzgeschäft auch bei BHP Billiton. Im ersten Halbjahr der laufenden Periode erhöhte sich der Gewinn des weltweit größten Minenbetreibers um den Faktor acht. BHP zahlt eine Zwischendividende von 40 US-Cent je Aktie und damit mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Ähnlich wie bei Rio Tinto ist das Eisenerzsegment aber nicht nur ein Segen. Sollte sich Chinas Nachfrage stärker abschwächen und der Preis für den Werkstoff fallen, könnte dies die BHP-Aktie wegen ihrer deutlichen Aufschläge bei Bewertung und Verschuldungsgrad besonders hart treffen. Sie zählt daher in dem prinzipiell nur für Konjunkturoptimisten geeigneten Sektor zu den besonders heißen Eisen.

Gleiches gilt für Anglo American. Die jahrelange Talfahrt an den Rohstoffmärkten zwang das britisch-südafrikanische Unternehmen zu einer harten Restrukturierung. Anfang 2016 verkündete das Management die Fokussierung auf den Abbau von Diamanten, Edelmetallen und Kupfer. Die restlichen Förderstätten sollten abgestoßen werden. Im vergangenen Jahr hat der Konzern daraus bereits 1,8 Milliarden US-Dollar eingenommen. Gleichzeitig wurde die Verschuldung um gut ein Drittel auf 8,5 Milliarden Dollar gekappt. Jetzt hat Konzernchef Mark Cutifani die Schlankheitskur gestoppt. "Zum Zweck der Entschuldung sind Anlagenverkäufe nicht länger notwendig", sagte er bei der jüngsten Zahlenvorlage. Ende 2017, dem Jahr des 100. Firmenjubiläums, möchte der Topmanager wieder imstande sein, eine Dividende zu zahlen. Zuvor sollen die Rating-Wächter die Kreditbonität mit einer Investment-Grad-Note bewerten. Moody’s hat die Fortschritte beim Schuldenabbau und der Cashgenerierung bereits gewürdigt. Anfang März erhöhte die Agentur ihr Rating auf "Ba1". Damit trennt den Konzern nur noch eine Stufe vom angestrebten Bereich.

Norsk Hydro kann den Investment-Grade-Status für sich reklamieren. Ähnlich wie ArcelorMittal zeichnet sich der norwegische Aluminiumproduzent durch die Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette aus. Kürzlich präsentierte das Unternehmen im Rahmen der Erwartungen liegende Zahlen für 2016. Bei den Kosteneinsparungen und der vorgeschlagenen Dividende überraschten die Skandinavier positiv. Das starke Makroumfeld spricht auch im neuen Jahr für gute Geschäfte. Unternehmenschef Svein Richard Brandtzæg geht davon aus, dass der globale Aluminiumbedarf um drei bis fünf Prozent wächst. Gleichzeitig erwartet er ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Auch hier könnte sich die Wette auf eine (noch) bessere Zukunft weiterhin lohnen.



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